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Beständeübersicht

Bestand

20011 Amt Lützen

Datierung1620 - 1833
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)5,50
Geschichte der Ämterorganisation


Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.

Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der Amtmann wurde nunmehr als Amtshauptmann bezeichnet, besaß dadurch jedoch keine größeren Befugnisse, sondern übte lediglich die lockere Aufsicht über mehrere Ämter aus. Um 1600 hatte sich selbst diese praktische Funktion erübrigt und der adlige Amtshauptmann wurde endgültig durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war. [01]

Die Tätigkeit der Ämter erstreckte sich nicht auf ein geschlossenes, einheitlich organisiertes Verwaltungsgebiet. Neben den amtssässigen Ortschaften, die landesherrliche Anweisungen durch den Amtmann erhielten und auch ihre Steuern im Amt entrichteten, gab es außerdem zahlreiche schriftsässige Orte und Rittergüter. Diese gehörten nicht in das Amt, sondern empfingen die Anordnungen des Landesherrn direkt aus dessen Kanzlei und waren so dem Einflussbereich des Amtmanns entzogen. Eine weitere Besonderheit stellten die Amtsdörfer und –städte dar, in ihnen war der Landesherr selbst der Grundherr. [02]

Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neu gegründeten fünf Kreise (Thüringischer, Meißnischer, Kur-, Leipziger und Gebirgskreis), denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die "Älteren" Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.

Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.

Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn. Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.

Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf. Oberste vorgesetzte Behörde blieb für beide Bereiche das Geheime Finanzkollegium.

Am 7. November 1831 erging die "Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements und die darauf Bezug habenden provisorischen Vorkehrungen betreffend", die eine Unterstellung der Justizämter unter das Justizministerium festlegte, während die Rentämter in der Zuständigkeit des Finanzministeriums verblieben. [03] Durch diese Regelung wurden die Geschäftsbereiche endgültig voneinander abgegrenzt.

Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. [04] Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter. Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über. [05]



Geschichte des Amtes Lützen


Das Gebiet des späteren kursächsischen Amtes Lützen gehörte ursprünglich in den Besitz des Hochstiftes Merseburg. Nach dessen Säkularisation gelangte das Territorium 1561 in den Besitz Kursachsens. 1655 erfolgte die Zusammenlegung der Ämter Lützen und Zwenkau. Das kombinierte Amt wurde 1657 dem neu gebildeten Sekundogenitur-Herzogtum Sachsen-Merseburg zugeordnet. Nach Aussterben der sächsischen Nebenlinie 1738 fiel das Amt an Kursachsen zurück.

Das Amtsterritorium grenzte im Norden an das Amt Schkeuditz, im Osten an das Amt Leipzig, im Süden an das Amt Pegau, im Süden und Westen an das Amt Weißenfels und ebenfalls im Westen an das Amt Merseburg. Amtssitz war Lützen. Im Amt lebten 1802 13169 Menschen in Lützen, Zwenkau, Markranstädt und 80 Dörfern. [06] Durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses wurde der größte Teil des Amtsterritoriums 1815 dem Königreich Preußen zugesprochen. Folgende Städte und Dörfer wurden dagegen dem Amt Leipzig zugeordnet: Markranstädt, Zwenkau, Bösdorf, Eythra, Frankenheim, Großmiltitz, Kleinzschocher, Knautnaundorf, Kulkwitz, Lindenau, Lindennaundorf, Plagwitz, Priesteblich, Quesitz, Rehbach, Seebenisch, Zeschwitz.



Bestandsgeschichte und -bearbeitung


Nach Auflösung der Ämter 1856 gelangten ihre jahrhundertealten Dokumente an die Nachfolgeinstitutionen: die Gerichtsämter, Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte. Die Abgabe der Unterlagen durch die genannten Behörden an das Hauptstaatsarchiv Dresden als Endarchiv kam seit etwa 1900 zögerlich und vermischt mit dem Archivgut der genannten Institutionen zustande. Die Akten der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften wurden im Hauptstaatsarchiv nicht von den Unterlagen der Vorgängerbehörden getrennt, sondern verblieben in Lagerungsgemeinschaften unter der Bezeichnung des entsprechenden Amtsgerichts bzw. der entsprechenden Amtshauptmannschaft.

Die Gerichtsbücher der Ämter gelangten gesondert in das Hauptstaatsarchiv. 1923 erging ein Erlass des Sächsischen Justizministeriums an die Amtsgerichte, der eine Abgabe der Gerichtsbücher an das Hauptstaatsarchiv Dresden empfahl. [07] Die Abgaben durch die Amtsgerichte erstreckten sich von 1923 bis Ende der dreißiger Jahre. Die Gerichtsbücher des Amtes Lützen wurden mit den Gerichtsbüchern aus den anderen sächsischen Amtsgerichten zu einem Bestand (12613 Gerichtsbücher) zusammengefasst.

1958 - 1966 wurden die Unterlagen der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften des Leipziger Kreises provenienzgerecht an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben. Hier wurden umfangreiche Provenienzprüfungen an den Beständen vorgenommen und die Akten der Ämter aus dem Schriftgut der Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte herausgelöst und als autarke Bestände verzeichnet. Die bei der Erschließung entstandene Findkartei blieb damals ohne innere Ordnung, was eine effektive Benutzung erschwerte. 1980 wurde die Bearbeitung der Bestandsgruppe Ämter wieder aufgenommen, eine innere Ordnung erstellt und die Karteien in Findbücher umgesetzt.

In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die Verzeichnungseinheiten sachlich nach einer an den durchgehenden Aufgaben und charakteristischen Archivgutkategorien der Ämter orientierten, aber auch der Auswertung entgegenkommenden Klassifikation gegliedert und gereiht. Die Grundlage für die Gliederung des Bestandes Amt Lützen bildete das Schema für den Bestand Amt Leipzig. Wo es sich anbot, wurde zusätzlich nach Orten gegliedert. Die Signaturen der Verzeichnungseinheiten wurden beibehalten. Das 1991 fertig gestellte maschinengeschriebene Findbuch umfasste die Signaturen 1 – 272. Bei der Übertragung in das Findbuch erfolgten notwendige Ergänzungen im Aktentitel sowie Neuverzeichnungen von noch nicht in den Bestand eingeordneten Akteneinheiten. Dabei wurde häufig ein und dieselbe Akte in verschiedene Sachgruppen aufgenommen, um dem Benutzer das Auffinden zu erleichtern

Nach 2001 wurde eine weitere Akteneinheit (Nr. 273) provenienzgerecht in den Bestand eingeordnet und in die Datenbank Augias eingegeben.

2012 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1991 in das Verzeichnungsprogramm Augias 8.3. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die vorliegenden Angaben wenn möglich präzisiert, dem heutigen Sprachgebrauch angepasst und bei offensichtlichen Fehlern berichtigt. Jede Akte wurde nur einer Sachgruppe der leicht überarbeiteten Klassifikation zugeordnet. Weiterhin wurden Orts- und Personennamen indiziert. Eine Überprüfung der Inhalte anhand der Akten konnte nur im Ausnahmefall, z. B. bei fehlenden Datumsangaben, vorgenommen werden. Das vorliegende Findbuch ist also nur begrenzt Resultat einer neuen Bearbeitung; es spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand von 1963 bzw. 1991 wider.

Eine – fachlich wünschenswerte – inhaltliche und tief schürfende Überarbeitung kann derzeit aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen.

Im Nachgang der Retrokonversion erfolgte die Eingabe der im Bestand 12613 des Hauptstaatsarchivs Dresden befindlichen 15 Gerichtsbücher des Amtes Lützen in das Augias-Verzeichnungsprogramm. Diese waren nach Auflösung der Ämter in die 1879 gebildeten Amtsgerichte Markranstädt und Zwenkau gelangt. Sie wurden nunmehr virtuell in den Bestand Amt Lützen eingefügt, dessen Überlieferung dadurch 1620 einsetzt. Das Ende der Bestandslaufzeit liegt im Jahr 1815. Neun Akteneinheiten laufen über diesen Zeitraum hinaus. Sie sind zum großen Teil dem Stift-Merseburgischen Domkapitelgericht Lindennaundorf zuzuordnen und wurden mit Angabe der Provenienz im Bestand belassen.



Überlieferungsschwerpunkte


Die schriftliche Dokumentation der Amtstätigkeit setzt mit den Gerichtshandelsbüchern und den Kauf-, Handels- und Konsensbüchern ein, die im Bestand 12613 Gerichtsbücher überliefert sind. Einen Schwerpunkt bildet v. a. die direkt im Bestand befindliche Gerichtshandelsbuchreihe von 43 Bänden.



Verweise auf korrespondierende Bestände


Sächsisches Staatsarchiv Leipzig:



20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises

20005 Ältere Amtshauptmannschaften

20009 Amt Leipzig

Rittergüter des Amtsbezirkes

20097 Gerichtsamt Leipzig II

20099 Gerichtsamt Markranstädt

20113 Gerichtsamt Zwenkau


Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden:


10118 Sekundogeniturherzogtum Sachsen-Merseburg


Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt:


D 25 Amt Lützen




C. Rothe
Januar 1991


K. Heil
April 2013





[01] Blaschke, Karlheinz, Sächsische Verwaltungsgeschichte, Lehrbrief 3, Fachschule für Archivwesen Potsdam, 1959, S. 36 f.
[02] Ebenda, S. 37 ff.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1831, S. 323 ff.
[04] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1855, S. 144 ff.
[05] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1865, S. 84 ff.
[06] Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, 1819, Bd. 6, S. 69
[07] Groß, Reiner, Gerichtsbücher und Protokolle der sächsischen Lokalbehörden bis 1856 im Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. In: Archivmitteilungen, Hrsg. Staatliche Archivverwaltung der DDR, Heft 5, 1963.


Amtsverwaltung.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lokalverwaltung.
Im 13. Jahrhundert befand sich Lützen im Besitz des Merseburger Domstifts, nach dessen Säkularisation wurde es 1547 Kursachsen angegliedert und zum Amt ausgebaut. 1655 wurde das Amt Lützen mit dem Amt Zwenkau vereinigt und gehörte der wettinischen Sekundogeniturlinie Sachsen-Merseburg bis zu deren Aussterben 1738. Im Zuge des Wiener Kongresses 1815 fiel der größte Teil des Amts an Preußen. Die in Kursachsen verbliebenen Gebiete wurden dem Amt Leipzig zugeordnet, lediglich Teile der Stadt Zwenkau kamen in die Zuständigkeit des Amts Pegau.
  • 2013 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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