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Beständeübersicht

Bestand

20205 Wirtschaftskammer Leipzig

Datierung1848 - 1949
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)4,40

Bestand enthält auch 12 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Zur Geschichte der Wirtschaftskammer Leipzig[01]

Das sächsische Gewerbegesetz vom 15. Oktober 1861 war die Grundlage für die Bildung der Handels- und Gewerbekammer Leipzig am 2. August 1862. Ihr Zuständigkeitsbereich umfasste zunächst den nordwestsächsischen Regierungsbezirk Leipzig, die Kreisdirektion Leipzig mit Ausnahme der Gerichtsamtsbezirke Burgstädt, Mittweida, Penig und Rochlitz, aber einschließlich des Gerichtsamtsbezirkes Großenhain.
Mit dem Gesetz über die Handels- und Gewerbekammern des Königreichs Sachsen vom 23. Juni 1868 wurden die Kammern von einander unabhängige Körperschaften. Am 3. Oktober 1868 trat zum ersten Mal die Handelskammer Leipzig zusammen.
Die Zuordnung eines Unternehmens zur Handelskammer Leipzig oder zur Gewerbekammer Leipzig erfolgte nicht nach dem Unternehmensprofil oder der erzeugten Produkten, sondern nach der Höhe der zu entrichtenden Steuern. Der Gesetzgeber regelte u. a. auch die weitere Zusammenarbeit beider Kammern. Als Aufgaben wurden ihnen die Erstellung von Gutachten für die Fragen des Handels und des Gewerbes sowie die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder gegenüber den Behörden übertragen. In Leipzig nahmen sie auch die Aufsicht und die Verwaltung der Handelsschulen, der Börse und des Maklerwesens wahr. 1868 wurde der Geschäftsbereich beider Kammern auf das Gebiet der Stadt Leipzig und der Gerichtsamtsbezirke Leipzig I und II Leipzig eingeschränkt.
Die lange bestehende Vertretung des Leipziger Handels, die Handelsgenossenschaft (Großhandel), wurde 1868/69 der Handelskammer Leipzig zugeordnet. Damit verbunden war die Übertragung der Verwaltung der Börse. 1886 löste sich die Kramerinnung auf. Ihr Vermögen sowie die Unterhaltung der Höheren Handelslehranstalt Leipzig[02] wurden der Handelskammer übertragen.
1929 erfolgte die Umbenennung der Handelskammer Leipzig in Industrie- und Handelskammer Leipzig (IHK Leipzig). Ihr Zuständigkeitsbereich umfasste ab diesem Zeitpunkt auch die Gebiete der Amtshauptmannschaften Borna und Grimma.
Auf der Grundlage des Gesetzes über die Auflösung und Neubildung der Industrie- und Handelskammern und der Gewerbekammern im Freistaat Sachsen vom 3. Juli 1933 erfolgte am 10. Juli 1933 die Neukonstituierung der IHK Leipzig. Damit verbunden war eine Mitgliederbereinigung im Sinne der nationalsozialistischen Politik.
Mit der Verordnung des Reichswirtschaftsministers über die Industrie- und Handelskammern vom 20. August 1938 wurden die Kammern der Aufsicht des Reichswirtschaftsministeriums unterstellt. 1942 erfolgte die Umbildung zur Wirtschaftskammer Leipzig. Ihr war eine Außenstelle Handwerk der Gauhandwerkskammer zugeordnet. Im Dezember 1943 wurden durch einen angloamerikanischen Bombenangriff die Dienstgebäude mit nahezu allen Unterlagen, einschließlich umfangreicher Firmenakten sowie Teilen der wertvollen Bibliothek vernichtet.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war die Wirtschaftskammer Leipzig eine der ersten Dienststellen, die auf Befehl der amerikanischen Besatzungsbehörden am 20. April 1945 ihre Tätigkeit wieder aufnahm. Bereits am 27. April konstituierte sich ein neuer vorläufiger Beirat.
Eine konsequente Entnazifizierung erfolgte jedoch erst Ende 1945. Übergeordnetes Organ war die Wirtschaftskammer Sachsen mit Sitz in Dresden.
Die Wirtschaftskammer Leipzig arbeitete bis zur ihrer Auflösung am 31. Januar 1946. Auf der Grundlage der Verordnung der Landesverwaltung Sachsen über die Bildung von Industrie- und Handelskammern im Bundesland Sachsen vom 29. Oktober 1945 wurden mit Wirkung vom 1. Februar 1946 Kreis-Industrie- und Handelskammern gebildet. Im nordwestsächsischen Raum waren es die IHK Leipzig, Borna, Döbeln, Grimma, Oschatz und Rochlitz


Bestandsgeschichte und -inhalt

In den Jahren von 1964 bis 1970 wurden aus dem Verwaltungsarchiv der Industrie- und Handelskammer Leipzig und dem Kreisarchiv Borna Schriftgut mit einem Umfang von ca. 220 lfm übernommen. Es handelte sich um Unterlagen verschiedener Provenienzen, u. a. Vorgängern der IHK des Bezirkes Leipzig, Unternehmerorganisationen und berufständigen Vertretungen sowie Handelsorganen. Da die einzelnen Registraturbildner nach- und nebeneinander bestanden, wurden zusammengefasste Bestände gebildet. Der Teilbestand Firmenakten von 1925 - 1955 wurde komplett dem Bestand 20242 Kreis-Industrie- und Handelskammern Nordwestsachsens zugeordnet. Außerdem wurde der Bestand 20240 Industrie- und Handelskammer des Bezirkes Leipzig gebildet. Nach der Bewertung verblieben in den drei Beständen Unterlagen mit einem Umfang von 35 lfm.

Der Überlieferungsschwerpunkt der Wirtschaftskammer Leipzig liegt in der Zeit von 1943 bis 1946. Für die Kammerdienststellen in Döbeln und Rochlitz ist keine eigene Dokumentation vorhanden. Einzelne Unterlagen sind im Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 11500 Industrie- und Handelskammer Sachsen, überliefert.

Zur Leitung und Organisation sowie zur Verwaltung der Wirtschaftskammer Leipzig vor 1943 sind nur vereinzelt Unterlagen, u. a. zu Grundstücksangelegenheiten, zum Vermögen der Kramerstiftung in Leipzig und anderer Stiftungen vorhanden. Die Überlieferung umfasst außerdem zentrale und regionale Rundschreiben und Informationen des Handels und einzelner Industriezweige.
Von den der Wirtschaftskammer Leipzig zugeordneten Schulen sind Unterlagen der Wirtschaftsoberschule Leipzig (früher Öffentliche Höhere Lehranstalt), der Höheren Handelsschule Wurzen von 1938-1946 und eine Akte der Städtischen Handels- und Gewerbeschule Colditz von 1941-1945 vorhanden. Im Zusammenhang mit der Umbenennung in "Ferdinand-Lassalle-Schule" im Januar 1946 sind Nachweise des Schulbesuches von Ferdinand Lassalle, Kopien aus dem Hauptzeugnisbuch von 1840-1850 und aus der Aktensammlung der Lehrerkonferenz 1841, überliefert.
Interessant sind vor allem die Unterlagen zu den Lagern für ausländische Arbeitskräfte während des Zweiten Weltkrieges, Lageberichte über den Wiederaufbau der Wirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung nach dem Ende des Krieges 1945 in der Stadt Leipzig und die statistischen Berichte zur Produktion bekannter Unternehmen von 1941 bis 1945.
Die Dokumentation über die Rauchwarenindustrie beinhaltet die Abwicklung der Unternehmerorganisation und Entnazifizierung (Provenienzen: Gemeinschaftswerk des deutschen Pelzveredelungsgewerbes, Fachgruppe Rauchwaren und Pelze, Fachgruppe Pelzindustrie in der Wirtschaftsgruppe Bekleidungsindustrie). Erwähnenswert sind auch die Unterlagen der Wirtschaftsgruppe Brauereien und Mälzereien mit Beiträgen zur Sächsischen Brauereichronik, u. a. auch zur Geschichte der Sternburg-Brauerei Lützschena.
Die größtenteils erst Ende 1943 wieder neu angelegten Personalakten dokumentieren den Arbeitskräftemangel gegen Ende des Krieges und die Entnazifizierung


Verweise auf korrespondierende Bestände

20201 Gewerbekammer Leipzig
20242 Kreis-Industrie- und Handelskammern Nordwestsachsens
20240 Industrie- und Handelskammer des Bezirkes Leipzig


Hinweise für die Benutzung

Bei der Bestellung von Archivgut müssen neben der Bestandssignatur 20205 die Aktenbestellnummer und die Filmnummer, wenn vorhanden, angegeben werden.
Für die Einsichtnahme sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Es gelten die im § 10 des Sächsischen Archivgesetzes[03] festgelegten Schutzfristen. Aktentitel mit personenbezogenen Daten und laufenden Schutzfristen sind in der Online-Version des Findbuchs nicht sichtbar


Literatur

130 Jahre Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, hrsg. von der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, Leipzig 1992.

Welsch, Heinz, Bestände der nordwestsächsischen Industrie- und Handelskammern im Staatsarchiv Leipzig, in: Archivmitteilungen, Heft 4/1981, S. 134ff.

Die Industrie- und Handelskammer Leipzig. Der Aufbau der gewerblichen Wirtschaft in Einzeldarstellungen, hrsg. von der Geschäftsführung der IHK Leipzig, Leipzig 1937.

H. Welsch
August 1978


M. Fechner
Januar 2010

Abkürzungsverzeichnis

AG
Aktiengesellschaft
ASW
Aktiengesellschaft Sächsische Werke
Co./Comp.
Compagnie
DEZ
Deutsche Edelpelztier-Zucht
e.V.
eingetragener Verein
Fa
Firma
FDGB
Freier Deutscher Gewerkschaftsbund
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
IHK
Industrie- und Handelskammer
KG
Kommanditgesellschaft
KZ
Konzentrationslager
NSDAP
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
SBZ
Sowjetische Besatzungszone
SMA/SMAD
Sowjetische Militäradministration in Deutschland
Wika
Wirtschaftskammer



[01] Die Bestandsbezeichnung "Wirtschaftskammer Leipzig" wurde gewählt, da überwiegend Unterlagen aus der Zeit von 1943 bis 1946 überliefert sind.
[02] Unterlagen zur Geschichte der Lehranstalt befinden sich im Sächsisches Wirtschaftsarchiv Leipzig e. V., Bestand V2 – Interessengemeinschaft Geschichte der Handelshochschule Leipzig e. V. Vgl. auch: Die öffentliche Handelslehranstalt zu Leipzig 1831-1950. Festschrift zum 170. Jahrestag ihrer Gründung. Veröffentlichungen des Sächsischen Wirtschaftsarchivs, Bd. 2, Leipzig 2001.

[03] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449).
130 Jahre Industrie- und Handelskammer zu Leipzig. Leipzig: Zentrum für Thüringer Landeskultur e. V., 1992.
Vorstand und Beirat.- Verwaltung.- Personal.- Industrie und Verkehr.- Handel.- Wirtschaftsfragen.- Reparationen.
Mit der Verabschiedung eines neuen Gewerbegesetzes am 15. Oktober 1861 wurden zum 1. Januar 1862 in Sachsen Handels- und Gewerbekammern errichtet, so auch in Leipzig. 1868 erfolgte die Teilung in jeweils eine Handels- (zuständig für Handel und Fabriken) und eine Gewerbekammer (zuständig für Handwerk, Kleinhandel und Gewerbe), die in Leipzig ihre Geschäfte unabhängig voneinander führten. Die Handelskammer war für das Gebiet von Stadt und Amtshauptmannschaft Leipzig verantwortlich. 1935 übernahm die mit Ausnahme der Amtshauptmannschaften Döbeln, Oschatz und Rochlitz für die Kreishauptmannschaft Leipzig zuständige, seit 1929 als Industrie- und Handelskammer bezeichnete Kammer zusätzlich die Kompetenz für Kleinhandel und Gewerbe. Mit der Errichtung der dem Reichswirtschaftsministerium unterstellten Gauwirtschaftskammer erfolgte 1942 die Umbenennung in Wirtschaftskammer. Ihr war die Außenstelle Leipzig der Abteilung Handwerk der Gauwirtschaftskammer lose zugeordnet. Die Auflösung der Kammer fand zum 31. Januar 1946 statt. Zu den Hauptaufgaben gehörten die Interessenvertretung ihrer Mitglieder, die Erstellung von Gutachten und die Aufsicht über die Börse, die Messe, das Maklerwesen und die Handelsschulen.
Im Bestand befinden auch Unterlagen der Vorgängereinrichtungen Handels- und Gewerbekammer Leipzig, Handelskammer Leipzig und Industrie- und Handelskammer Leipzig sowie der Registraturbildner Gemeinschaftswerk des deutschen Pelzveredelungsgewerbes, Fachgruppe Rauchwaren und Pelze und Fachgruppe Nahrungs- und Genussmittel in der Wirtschaftsgruppe Groß- und Außenhandel, Fachgruppe Pelzindustrie in der Wirtschaftsgruppe Bekleidungsindustrie und Bezirksgruppe Sachsen der Wirtschaftsgruppe Brauereien.
  • 2010 | Findbuch / Datenbank
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