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Beständeübersicht

Bestand

20017 Amt Rochlitz

Datierung1508 - 1871
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)114,60
Geschichte der Ämterorganisation

Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.

Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der Amtmann wurde nunmehr als Amtshauptmann bezeichnet, besaß dadurch jedoch keine größeren Befugnisse, sondern übte lediglich die lockere Aufsicht über mehrere Ämter aus. Um 1600 hatte sich selbst diese praktische Funktion erübrigt und der adlige Amtshauptmann wurde endgültig durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war. [01]

Die Tätigkeit der Ämter erstreckte sich nicht auf ein geschlossenes, einheitlich organisiertes Verwaltungsgebiet. Neben den amtssässigen Ortschaften, die landesherrliche Anweisungen durch den Amtmann erhielten und auch ihre Steuern im Amt entrichteten, gab es außerdem zahlreiche schriftsässige Orte und Rittergüter. Diese gehörten nicht in das Amt, sondern empfingen die Anordnungen des Landesherrn direkt aus dessen Kanzlei und waren so dem Einflussbereich des Amtmanns entzogen. Eine weitere Besonderheit stellten die Amtsdörfer und –städte dar, in ihnen war der Landesherr selbst der Grundherr. [02]

Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neu gegründeten fünf Kreise (Thüringischer, Meißnischer, Kur-, Leipziger und Gebirgskreis), denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die "Älteren" Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.

Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.

Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn. Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.

Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf. Oberste vorgesetzte Behörde blieb für beide Bereiche das Geheime Finanzkollegium.
Am 7. November 1831 erging die "Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements und die darauf Bezug habenden provisorischen Vorkehrungen betreffend", die eine Unterstellung der Justizämter unter das Justizministerium festlegte, während die Rentämter in der Zuständigkeit des Finanzministeriums verblieben. [03] Durch diese Regelung wurden die Geschäftsbereiche endgültig voneinander abgegrenzt.

Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. [04] Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter. Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über. [05]


Geschichte des Amtes Rochlitz

Das Territorium des Amtes Rochlitz war zunächst Reichsgut und gelangte 1143 als Schenkung König Konrads III. an Markgraf Konrad I. von Meißen. [06] Zu Beginn des 13. Jh. übernahm ein Burggraf die Verwaltung des Gebietes, ab 1302 ist ein Vogt nachweisbar. [07] Ende des 14. Jh. wurde die Burg Rochlitz durch Markgraf Wilhelm I. zur ständigen Residenz ausgebaut und die Bezeichnung "Schloss" kam in Gebrauch. [08] Eine bedeutende Rolle spielten Schloss und Amt Rochlitz als Witwensitz der Herzogin Amalia von Sachsen (1477 – 1502) und der Elisabeth von Hessen, Herzogin von Rochlitz (1537 – 1547). Nach der Leipziger Teilung gehörte das Rochlitzer Gebiet zum Herrschaftsbereich der albertinischen Wettiner. Dem Amt Rochlitz wurden im 16. Jh. weitere Gebiete zugeordnet. Die Kurfürsten kauften die Herrschaft Kriebstein und integrierten sie ins Amt, außerdem kamen noch die Besitzungen des säkularisierten Klosters Geringswalde und die Stadt Waldheim samt ehemaligem Klosterbesitz hinzu. [09] Das Amt Rochlitz war umgeben von den Ämtern Leisnig, Nossen, Frankenberg-Sachsenburg, Augustusburg, Wechselburg, Borna und Colditz. Amtssitz war das Schloss Rochlitz.

1827 lebten 31.543 Einwohner in den schriftsässigen Städten Rochlitz, Geithain und Mittweida, den amtsässigen Städten Geringswalde, Hartha und Waldheim sowie 140 Dörfern des Amtsbezirks. [10] Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurde das Justizamt Rochlitz aufgelöst und das Gerichtsamt Rochlitz übernahm 1856 dessen Aufgaben. Das Rentamt Rochlitz übte seine Tätigkeit bis 1865 aus und wurde dann durch die Bauverwalterei Rochlitz abgelöst.


Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Nach Auflösung der Ämter 1856 gelangten ihre jahrhundertealten Dokumente an die Nachfolgeinstitutionen: die Gerichtsämter, Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte. Die Abgabe der Unterlagen durch die genannten Behörden an das Hauptstaatsarchiv Dresden als Endarchiv kam seit etwa 1900 zögerlich und vermischt mit dem Archivgut der genannten Institutionen zustande. Die Akten der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften wurden im Hauptstaatsarchiv nicht von den Unterlagen der Vorgängerbehörden getrennt, sondern verblieben in Lagerungsgemeinschaften unter der Bezeichnung des entsprechenden Amtsgerichts bzw. der entsprechenden Amtshauptmannschaft.

Die Gerichtsbücher der Ämter gelangten gesondert in das Hauptstaatsarchiv. 1923 erging ein Erlass des Sächsischen Justizministeriums an die Amtsgerichte, der eine Abgabe der Gerichtsbücher an das Hauptstaatsarchiv Dresden empfahl. [11] Die Abgaben durch die Amtsgerichte erstreckten sich von 1923 bis Ende der dreißiger Jahre. Die Gerichtsbücher des Amtes Rochlitz wurden mit den Gerichtsbüchern aus den anderen sächsischen Amtsgerichten zu einem Bestand (12613 Gerichtsbücher) zusammengefasst.

1958 - 1966 wurden die Unterlagen der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften des Leipziger Kreises provenienzgerecht an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben. Hier wurden umfangreiche Provenienzprüfungen an den Beständen vorgenommen und die Akten der Ämter aus dem Schriftgut der Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte herausgelöst und als autarke Bestände verzeichnet. Die bei der Erschließung entstandene Findkartei blieb damals ohne innere Ordnung, was eine effektive Benutzung erschwerte. 1980 wurde die Bearbeitung der Bestandsgruppe Ämter wieder aufgenommen, eine innere Ordnung erstellt und die Karteien in Findbücher umgesetzt.

In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die Verzeichnungseinheiten sachlich nach einer an den durchgehenden Aufgaben und charakteristischen Archivgutkategorien der Ämter orientierten, aber auch der Auswertung entgegenkommenden Klassifikation gegliedert und gereiht. Wo es sich anbot, wurde zusätzlich nach Orten gegliedert. Die Signaturen der Verzeichnungseinheiten wurden beibehalten. Das 1987 fertig gestellte maschinengeschriebene Findbuch zum Bestand "Amt Rochlitz" umfasste die Signaturen 1 – 4098. Bei der Übertragung in das Findbuch erfolgten notwendige Ergänzungen im Aktentitel sowie Neuverzeichnungen von noch nicht in den Bestand eingeordneten Akteneinheiten. Dabei wurde häufig ein und dieselbe Akte in verschiedene Sachgruppen aufgenommen, um dem Benutzer das Auffinden zu erleichtern.

Zwischen 2000 und 2010 wurden weitere 145 Akten (Nr. 4099 – 4243) provenienzgerecht in den Bestand eingeordnet und in der Datenbank AUGIAS verzeichnet.

Ein Teil der im maschinengeschriebenen Findbuch verzeichneten Akten (Fremdprovenienzen) ist inzwischen virtuell in Beständen von Nachfolgerbehörden verzeichnet.

2013/14 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1987 in das Verzeichnungsprogramm Augias 8.3. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die vorliegenden Angaben wenn möglich präzisiert, dem heutigen Sprachgebrauch angepasst und bei offensichtlichen Fehlern berichtigt. Jede Akte wurde nur einer Sachgruppe der leicht überarbeiteten Klassifikation zugeordnet. Weiterhin wurden Orts- und Personennamen indiziert. Eine Überprüfung der Inhalte anhand der Akten konnte nur im Ausnahmefall, z. B. bei fehlenden Datumsangaben, vorgenommen werden. Das vorliegende Findbuch ist also nur begrenzt Resultat einer neuen Bearbeitung; es spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand der sechziger Jahre bzw. von 1987 wider.

Eine – fachlich wünschenswerte – inhaltliche und tief schürfende Überarbeitung kann derzeit aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen.

Im Nachgang der Retrokonversion erfolgte die Eingabe der im Bestand 12613 des Hauptstaatsarchivs Dresden befindlichen 133 Gerichtsbücher in das Augias-Verzeichnungsprogramm. Diese waren nach Auflösung der Ämter in die 1879 gebildeten Amtsgerichte Rochlitz, Colditz, Mittweida und Waldheim gelangt. Sie wurden nunmehr virtuell in den Bestand Amt Rochlitz eingefügt.

15 Akteneinheiten laufen über das Bestehen des Amtes hinaus (1866 - 1871), sie wurden in den Superintendenturen Rochlitz und Waldheim geführt und verbleiben mit Angabe der Provenienz im Bestand.


Überlieferungsschwerpunkte

Schwerpunkte bilden die Protokollreihen des Amtes, die vor allem die Rechtshandlungen des 18. und 19. Jh. dokumentieren, die geschlossen überlieferten Jahresrechnungen des Amtes aus dem Zeitraum 1559 – 1846 und die Aktenrepertorien. Außerdem enthält der Bestand zahlreiche Untersuchungsakten zu den revolutionären Ereignissen 1848/1849. Hinzuweisen ist auch auf die Überlieferung zu den Schlössern Rochlitz, Colditz und Waldheim.

Eine Besonderheit bildet die Überlieferung zur Geistlichen Vorsteherei Geithain. Der Kirche in Geithain gehörten in der Stadt und deren Umgebung einige Grundstücke, für die ihr neben den Einnahmen auch die niedere Gerichtsbarkeit zustand. Das betraf einzelne Lehen in Altdorf, Bruchheim, Kolka, Narsdorf, Oberpickenhain, Pürsten, Seifersdorf und Wickershain. Am 29. Juni 1852 übernahm das Königliche Gericht Geithain die Gerichtsbarkeit von der Geistlichen Vorsteherei.


Verweise auf korrespondierende Bestände

Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig:

20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
Rittergüter des Amtsbezirkes
20105 Gerichtsamt Rochlitz
20389 Geistliche Vorsteherei Geithain (Patrimonialgericht)
20622 Stadt Rochlitz (Stadtgericht)

Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden:

12613 Gerichtsbücher


C. Rothe
1987

K. Heil
Februar 2014



[01] Blaschke, Karlheinz, Sächsische Verwaltungsgeschichte, Lehrbrief 3, Fachschule für Archivwesen Potsdam, 1959, S. 36 f.
[02] Ebenda, S. 37 ff.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1831, S. 323 ff.
[04] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1855, S. 144 ff.
[05] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1865, S. 84 ff.
[06] Thieme, André, Burg, Herrschaft und Amt im Mittelalter, S. 38 f., in: Witwenschaft in der Frühen Neuzeit, Hrsg. Martina Schattkowsky.
[07] Bönhoff, Leo: Die ältesten Ämter der Mark Meißen. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 38 (1917), S. 41.
[08] https://www.schloss-rochlitz.de/de/schloss_rochlitz/geschichte/
[09] Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, 1822, Bd. 9, S. 223; 1825 Bd. 12, S. 392; 20017 Amt Rochlitz Nr. 2189.
[10] Klein, Thomas (Hrsg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte, Marburg 1982, S. 157.

[11] Groß, Reiner, Gerichtsbücher und Protokolle der sächsischen Lokalbehörden bis 1856 im Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. In: Archivmitteilungen, Hrsg. Staatliche Archivverwaltung der DDR, Heft 5, 1963.
Amtsverwaltung.- Gerichtsbücher.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lehnsangelegenheiten.- Ablösungen.- Lokalverwaltung.
Das bereits seit dem 12. Jahrhundert den Wettinern gehörende Territorium des späteren Amts Rochlitz erhielt Mitte des 16. Jahrhunderts eine relativ beständige Form. Seinen Sitz hatte das Amt durchgehend im Rochlitzer Schloss. 1827 lebten 31.543 Einwohner in sechs Städten, 140 Dörfern und 5.214 Häusern. 1835 wurden dem Amt Rochlitz die von den Schönburgern erworbenen Lehnsherrschaften Penig, Rochsburg und Wechselburg angegliedert. 1856 erfolgte die Auflösung des Justizamts. Seine Aufgaben übernahm das Gerichtsamt Rochlitz, während das Rentamt erst 1865 von der Bauverwalterei Rochlitz abgelöst wurde.
  • 2014 | Findbuch / Datenbank
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