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Beständeübersicht

Bestand

50068 Amtsgericht Zittau

Datierung1817 - 1955 (2000)
Benutzung im Staatsfilialarchiv Bautzen
Umfang (nur lfm)20,46
1. Behördengeschichte
Das Amtsgericht Zittau wurde auf Grund des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877, das in Sachsen zum 1. Oktober 1879 in Kraft trat, als Gericht der untersten Instanz eingerichtet. Es löste das Gerichtsamt Zittau ab und unterstand dem Landgericht Bautzen. Sein Sprengel umfasste die Stadt Zittau und folgende Gemeinden:
- Althörnitz (mit Fuchs)
- Bertsdorf mit Hänischmühle
- Dittelsdorf mit Schlegler Feldhäusern, Viehbig, Vierhäusern und Wittgendorfer Feldhäusern
- Drausendorf
- Eckartsberg mit Lehdegärten und oberen Hasenberg
- Eichgraben
- Großporitzsch (heute Porajów, Polen)
- Hain
- Hartau
- Hirschfelde mit Lehdehäusern und Viehbig
- Alt- und Neujonsdorf
- Kleinschönau mit Kleinporitzsch und Luptin (heute Sieniawka, Polen)
- Lückendorf
- Mittelherwigsdorf mit Scheibe, Gampenstein und Landbergshäusern
- Mitteloderwitz mit Kreischerhof, Dreihäusern und Viehwegshäusern
- Neuhörnitz
- Niederoderwitz
- Oberherwigsdorf
- Oberseifersdorf mit Feldgärten auf der Romerei
- Oberullersdorf (heute Kopaczów, Polen)
- Olbersdorf (Nieder- und Ober-) mit niederem und oberem Viehbig
- Oybin
- Pethau
- Radgendorf
- Rohnau mit Feldgütern, Grund und Hältern (heute Trzciniec, Polen)
- Rosenthal
- Scharre (heute zu Turoszów, Polen)
- Wittgendorf mit Romerei
Obwohl mit der dem genannten Gesetz 1879 auch die Errichtung eines Amtsgerichts in Reichenau (heute Bogatynia, Polen), das für die Gemeinden des aufgehobenen Gerichtsamtes Reichenau zuständig sein sollten, verordnet war, wurde dieses Amtsgericht erst zum 1. Juli 1898 eingerichtet. Bis dahin gehörten daher noch folgende Orte zum Sprengel des Amtsgerichts Zittau:
- Reichenau (Zittauer und klösterlichen Anteils) (heute Bogatynia, Polen)
- Dornhennersdorf (heute Strzegomice, Polen)
- Friedersdorf (heute Biedrzychowice Górne, Polen)
- Friedreich (heute Wolanów, Polen)
- Gießmannsdorf (heute Go?ciszów, Polen)
- Lichtenberg (heute Jasna Góra, Polen)
- Markersdorf mit neuen Häusern (heute Markocice, Polen)
- Maxdorf (heute Wyszków, Polen)
- Mittelweigsdorf (heute Wigancice ?ytawskie, Polen)
- Neugersdorf (heute zu Wyszków, Polen)
- Oberweigsdorf mit Brüderhäusern (heute Wigancice ?ytawskie, Polen)
- Oppelsdorf (heute Opolno Zdroj, Polen)
- Reibersdorf (heute Rybarzowice, Polen)
- Sommerau (heute Bia?opole, Polen)
- Türchau (heute Turoszów, Polen)
- Wald (heute zu Opolno Zdroj, Polen)
- Zittel (heute Pasternik, Polen)
Friedersdorf, Sommerau und Zittel verblieben 1898 im Sprengel des Amtsgerichts Zittau.
Dieses war zuständig für allgemeine bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die einen Wert von 300 Reichsmark nicht überstiegen, Strafsachen, die mit bis zu drei Monaten Gefängnis bestraft wurden und die freiwillige Gerichtsbarkeit (Nachlass- und Vormundschaftssachen, Grund- und Hypothekensachen und Registersachen). Zusätzlich gab es eine Strafkammer mit Staatsanwaltschaft, die für die Amtsgerichte Zittau, Großschönau, Reichenau (heute Bogatynia, Polen), Ostritz, Bernstadt, Herrnhut und Ebersbach zuständig war, und eine Kammer für Handelssachen, in deren Zuständigkeit die Bezirke der Amtsgerichte Zittau, Löbau, Großschönau, Reichenau (heute Bogatynia, Polen), Ostritz, Bernstadt, Herrnhut und Ebersbach gehörten.
Dem Amtsgericht stand ein Oberamtsrichter vor, dem die Amtsrichter unterstellt waren. Zur Kammer für Handelssachen waren unter Leitung eines Amtsrichters, später des Oberamtsrichters, vier Vertreter und zwei Stellvertreter aus dem Kaufmanns- bzw. Handelsstand des Gerichtsbezirkes berufen. Der leitende Staatsanwalt bei der Strafkammer war zugleich Amtsanwalt beim Amtsgericht. Bereits zum 30. September 1880 wurde die Strafkammer wieder aufgelöst und ihre Aufgaben der Strafkammer beim Landgericht Bautzen übertragen.
In den 1940er Jahren wurden die Amtsgerichte Großschönau und Ostritz dem Amtsgericht Zittau als Zweiggerichte unterstellt.
Ab 1948 wurden auch familiengerichtliche Streitigkeiten in die Zuständigkeit des Amtsgerichts übergeben.
Die Sächsischen Staatshandbücher und die Zittauer Adress- bzw. Einwohnerbücher nennen folgende Leiter des Amtsgerichts Zittau:
1879 - 1887 Karl Hermann Ferdinand Lachmann (bis 1879 Gerichtsamtmann beim Gerichtsamt Zittau)
1888 - 1894 Moritz Robert Schröder
1895 - 1899 Hermann August Heinzmann
1900 - 1914 Karl Friedrich Beck
1918 - 1921 - Hermann Rößler
1924 - 1933 Dr. Josef Edgar Johannes Schüller
1933 - 1935 Dr. Möller
1936 - 1938 Dr. Herbert Denecke
1941 Herr Reuschele
Aus den Akten zum Personalwesen geht hervor, dass Dr. Schüller ab März 1933 beurlaubt war, ehe er im Juli 1933 in den Ruhestand versetzt wurde. Die Amtsgerichtsleitung übernahm sein bisheriger Stellvertreter Dr. Woldemar Willy Höckner. Am 1. November 1933 wurde Dr. Möller mit der Behördenleitung beauftragt. Er starb am 4. August 1935. Nach seinem Tod führte Dr. Ernst Alfred Pelz kommissarische die Amtsgeschäfte. Am 1. März 1936 wurde der bisherige Oberbürgermeister von Döbeln, Dr. Herbert Denecke, als neuer Amtsgerichtsdirektor eingeführt. 1941 lag die Leitung in den Händen von Amtsgerichtsdirektor Reuschele. Zur weiteren Personalsituation konnten noch keine Angaben ermittelt werden.
Sitz des Amtsgerichts war zunächst die Adresse Marktplatz 24. In den Jahren 1911 bis 1914 wurde am Zittauer Ring in der Lessingstraße 1 ein neues Zweckgebäude für das Amtsgericht mit Gefängnistrakt errichtet. Es war nach dem Bautzener Justizgebäude das zweitgrößte Gerichtshaus der sächsischen Oberlausitz.
Zum 28. August1952 wurden das Amtsgericht Zittau durch das Kreisgericht Zittau abgelöst. Das neugebildete Kreisgericht war zuständig für den 1952 im Zuge der Verwaltungsreform in der DDR gebildeten Kreis Zittau. Die freiwillige Gerichtsbarkeit ging im Wesentlichen auf das Staatlichen Notariat Zittau (Nachlassangelegenheiten) und den Rat des Kreises Zittau (Vormundschaften, Grund- und Hypothekensachen, Register) über.
Der östliche Teil des ehemaligen Amtsgerichtsbezirkes Zittau gehört seit 1945 zu Polen.

2. Bestandsgeschichte

Der Bestand 50068 Amtsgericht Zittau wurde als Erschließungsprojekt von Auszubildenden im Beruf Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste/Fachrichtung Archiv im 2. oder 3. Ausbildungsjahr erschlossen.
Die Erschließung begann im Januar 2014. Zum Bestand gehörten damals 12,24 lfm. auf Karteikarte verzeichnetes, vorläufig erschlossenes, 15 lfm. in Abgabelisten erfasstes und 0,02 lfm nicht erschlossenes Archivgut.
Im Mai 2014 wurden die bereits virtuell getrennten "Vorakten" auch organisch ausgesondert. In mehreren wurden die verbliebenen Archivalien der Provenienz "Amtsgericht Zittau" in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2019 verzeichnet. Der Stand der Arbeiten wurde in Bearbeitungsberichten dokumentiert. Die Verzeichnung erfolgte nach dem Bär'schen Prinzip, mittels des Archivprogramms AUGIAS 9.1 und nach den Regeln der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs.
Während der Verzeichnung erfolgte die technische Bearbeitung, d. h. die Akten wurden entmetallisiert und bei Bedarf in Dreiklappmappen verpackt. Für alle Akten der Schadensklassen 2 und 3 (insgesamt 273 VE) wurden in AUGIAS Schadensprotokolle angelegt. 12 AE der Schadensklasse 2 wurden auf Grund des Erhaltungszustandes für die Benutzung gesperrt.
Alle Archivalien wurden in archivgerechte, säurefrei-basisch gepufferte Archivkartons verpackt und der Bestand als organische Einheit magaziniert.
Bei der Verzeichnung wurden folgende Angaben aufgenommen:

- Bestandskürzel
- alte Archivsignatur
- Bestellnummer
- Datierung (Laufzeit)
- Titel
- Enthält-Vermerk
- ggf. Darin-Vermerk
- Umfang
- Schadensklasse
- Name (als Sortierkriterium)
- Registratursignatur (bzw. Aktenzeichen der Justiz)
- ggf. Sperrvermerk (Grund der Sperrung und gesperrt bis)

Zur Ordnung des Bestandes wurde eine Klassifikation erstellt. Zusätzlich wurden ein Firmen- und Genossenschaftsindex, ein Personenindex sowie ein Vereinsindex erstellt.

Während des letzten Verzeichnungsabschnittes wurden weitere Fremdprovenienzen ermittelt, so u. a. 36 AE der Provenienz Landesbehörde der Deutschen Volkspolizei, die an das Sächsische Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, zum Bestand 11378 abgegeben werden.
Nach Abschluss der eigentlichen Verzeichnungsarbeit, im Mai 2015 erfolgte, in Vorbereitung der Erstellung des Findbuches, eine grundlegende Revision der Verzeichnungsangaben. Dabei war die Inaugenscheinnahme der Archivalien für den größten Teil des Bestandes notwendig.

Der Bestand umfasst nunmehr 20,46 lfm. (1866 VE), verpackt in 186 Archivkartons (Höhe 0,11 cm).

Bei insgesamt 20 AE, die personenbezogene Daten enthalten, sind die Schutzfristen gemäß SächsArchivG § 10 (1) 3 noch nicht abgelaufen. Diese wurden für die Benutzung gesperrt. Im öffentlich einsehbaren Findbuch wurden die Daten gelöscht. Die letzte Schutzfrist für eine VE des Bestandes endet im Jahr 2046.

Bestandsinhalt:

Der Bestand umfasst nur wenige Archivalien zur Verwaltung des Amtsgerichts. Strafprozesse sind sowohl aus der Zeit vor 1945 als auch aus der Zeit nach 1945 überliefert. In Zivilstreitsachen sind lediglich drei VE vorhanden. Der größte Teil der VE des Bestandes sind Akten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Im Bereich Grundbuch sind Grundakten der Orte Großporitzsch, Kleinschönau und Zittau recht umfangreich vorhanden. Hier ist vor allem der Grunderwerb für den Abbau von Braunkohle gut dokumentiert. Außerdem enthalten viele der Akten zu Grundstücken im heutigen polnischen Gebiet den gestempelten Aufdruck aus dem Jahr 1951 "Aufgrund der Grenzfestlegung geschlossen". Weiter sind zahlreiche Registerakten zum Handelsregister, zum Genossenschaftsregister und zum Vereinsregister überliefert. Das Handelsregister wurde zunächst als ein Band geführt. Ab 1936 wurde, meist auf Initiative der Industrie- und Handelskammer, die Existenz und Registerfähigkeit der einzelnen Firmen überprüft. Sofern diese gegeben war, wurden sie in die neuen Handelsregister Abt. A oder Abt. B umgetragen. Alle nicht mehr betriebenen Firmen wurden gelöscht und die Akten geschlossen. Umfangreich ist auch die Überlieferung von Genossenschaftsregisterakten. Hier sind zwei Aktengruppen überliefert, zum Einen Akten über den Eintrag von Vereinen, vor Einführung des Vereinsregisters, zum Anderen Akten über die Eintragung von eingetragenen Genossenschaften mit beschränkter oder unbeschränkter Haftung. In der Klassifikation wurden daher auch die Gruppen Genossenschaftsregister I und II erstellt. Sehr gut ist dann auch die Überlieferung zum Vereinsregister, welches ab 1900 geführt wurde.

Somit enthält der Bestand 50068 Amtsgericht Zittau hervorragende Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt Zittau und der Gemeinden des ehemaligen Amtsgerichtsbezirks.

3. Quellenverzeichnis

Archivalien:

StFilA Bautzen, 50068, Amtsgericht Zittau, Nr. 1830
StFilA Bautzen, 50068, Amtsgericht Zittau, Nr. 1837

Gesetze und Verordnungen:

Verordnung über die mit 1. Oktober 1879 in Wirksamkeit tretenden Gerichte, In: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1879, S. 268, 269

Verordnung über die Einziehung der bei den Amtsgerichten gebildeten Strafkammern vom 20. August 1880, In: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1880, S. 89

Gesetz zur Errichtung eines Amtsgerichts in Reichenau vom 10. März 1898 und Verordnung zur Ausführung dieses Gesetzes, In: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1898, S. 22, 23

Literatur:
Adress- und Einwohnerbücher Stadt Zittau 1874 - 1938 (Online https://digital.slub-dresden.de/...)

Sächsische Staatshandbücher 1879 bis 1934 (CDR-Ausgabe des Sächsischen Staatsarchivs)

Hiekel, Bednarek, Dannenberg, Möser: Gerichtsbauten in der Oberlausitz
(Online: https://www.justiz.sachsen.de/smj/download/Gerichtsbauten.pdf, Zugriff 08.08.2019)
Justizverwaltung.- Strafprozesse.- Zivilprozesse.- Grundbuchsachen (Grundakten).- Nachlässe.- Testamente.- Vormundschaften.- Handelsregister.- Genossenschaftsregister.- Vereinsregister.- Musterregister.- Güterrechtsregister.- Zeichenregister.
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