Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

11621 Gebler-Werke AG, Radebeul

Datierung1878 - 1948 (1954)
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)12,06

Bestand enthält auch 3 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

1. Firmenportrait

Der Vorgänger der späteren Gebler Werke AG war eine 1876 von dem Gießereifachmann Ernst Paul gegründete Firma, die bis 1889 betrieben wurde. In diesem Jahr kauften die Brüder Georg, Kurt und Franz Gebler das Werk und begannen mit umfangreichen Erweiterungsmaß-nahmen. Dazu gehörte auch der Aufbau eines Emaillierwerkes.

Unter der Führung des Bankhauses Arnold wurde der Betrieb am 2. Juni 1896 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und in Radebeuler Guss- und Emaillier-Werke vorm Gebr. Gebler umbenannt. Das Grundkapital betrug 700 000,– M. Darüber hinaus wurde eine Obligationsanleihe in Höhe von 300 000,– M aufgenommen.

Im Geschäftsjahr 1918/19 kaufte die Gesellschaft eine Gießereianlage in Meißen. Dieses Zweigwerk wurde aber nur bis 1921 betrieben. Zur Herstellung von hochsäurebeständigen emaillierten Apparaten für die chemische Industrie musste Anfang der 20er Jahre das Emaillierwerk grundlegend erweitert und umgerüstet werden.

Die Umbenennung im Januar 1923 in Gebler Werke AG hatte keinen Einfluss auf die Unternehmensstruktur und die Produktion. Der Geschäftszweck war weiterhin die Herstellung von Guss und Emaillierwaren sowie der Betrieb und die Beteiligung an einschlägigen und verwandten Geschäften aller Art. So war man z.B. schon seit 1920 an den Elbe-Werken AG Dresden, einer Werkzeug- und Maschinenfabrik, beteiligt.

Die Produktionsstätten befanden sich in Radebeul auf einem Grundstück an der Sidonienstrasse. Dieses Areal wurde durch Zukäufe von angrenzenden Grundstücken später noch vergrößert und abgerundet. Auf den Grundstücken "Zum Gambrinus" und dem Grundstück Fabrikstraße 3 befanden sich Beamten- und Arbeiterwohnungen für die Belegschaft.

1927 umfasste das Werk die Abteilungen Eisengießerei, Emaillierwerk und Maschinenfabrik für Apparatebau. Die Eisengießerei war zudem noch untergliedert in Hand- und Maschinenformerei und besaß als Hilfswerkstätten Modelltischlerei und -schlosserei, Gussputzerei mit Schleiferei sowie Kernmacherei. Die Belegschaft belief sich auf rund 375 Personen.

Die Qualität der säurefesten "Gebler-Emaille" verschaffte dem Geschäftsbereich Emaillewaren einen beachtenswerten Aufschwung. Auch wurde versucht die Produktpalette durch die Einführung eines auf Kunstharz basierenden Säureschutzüberzugs zu vergrößern. Für das so-genannte "Geblerit" wurde sogar ein Patent angemeldet. Doch leider war diesem Engagement kein Erfolg beschieden. Noch vor 1930 stellte man die Versuche, das "Geblerit" auf dem Markt zu etablieren, wieder ein.

Ein eigenes hüttenchemisches und keramisches Laboratorium wurde zur Qualitätskontrolle und Forschung eingerichtet. 1936 unterhält das Unternehmen insgesamt drei Wohnhäuser mit Werkswohnungen. Zu den Abteilungen des Werkes kam als vierte die Kraftzentrale für die Absicherung der Energieversorgung hinzu. 1936/37 erwarb die Gesellschaft eine Lizenz zur Produktion von hochsäure- und temperaturwechselbeständiger Silicium-Emaille. In der zweiten Hälfte der 30er Jahre begann man sich für die Fertigung von Leichtmetallguss zu interessieren. Seit 1942 verfügte die Firma dann neben der Eisengießerei über eine Metallgießerei. Hier wurden vor allem kriegswichtige Zulieferteile für die Junkers-Flugzeugmotoren hergestellt. Aber auch andere Wehrmachtsaufträge wie z.B. die Produktion von Granatenhülsen wurden ausgeführt.

1944 erweiterte man die Qualitätskontrolle um eine Röntgenanlage mit Fotoabteilung zur zerstörungsfreien Materialprüfung.

Nach der Beendigung des 2. Weltkrieges musste die Firma vor allem Reparationsaufträge für die UdSSR ausführen. Ein schwerer Schlag für das Unternehmen war die Auflage, das technische Know-how, alle Rezepte und Herstellungsverfahren, entschädigungslos an die sowjetischen Besatzungsbehörden abzugeben.

In Umsetzung des Volksentscheides vom Juni 1946 in Sachsen wurden die Gebler Werke unter Treuhandverwaltung gestellt. Die Firma führte aber zunächst die Bezeichnung Gebler Werke weiter. Erst im Jahresverlauf 1947 kommt es zur Umbenennung in Eisenwerk Radebeul Industrieverwaltung 4 –Gießereien– Landeseigene Betriebe Sachsens.

Im Jahr 1948 erfolgte die Gründung des VEB Emailleguss Radebeul als Betrieb der VVB(Z) NAGEMA Dresden.

2. Bestandsgeschichte

Grundsätzlich waren an den Akten des Bestandes Spuren starker mechanischer Beanspruchungen insbesondere an den Außenrändern festzustellen, die jedoch vermutlich schon aus der Zeit ihrer Aufbewahrung in der Firma bzw. der Lagerung bei seinen Nachfolgern stammen. Als Informationsträger wurde ausnahmslos saures Papier verwendet. Der Bestand weist zudem noch einen übermäßig hohen Anteil an dünnen Durchschlagpapieren minderer Qualität auf.

Die Akten wurden je nach Verwendungszweck entweder als Sachakten oder Korrespondenzserienakten geführt. Die Ablage in den Akten erfolgte wie in der Wirtschaft üblich kaufmännisch. Der Registraturbildner verwendete keinen Aktenplan. Schon in der Firma wurden bis auf Ausnahmen Aktentitel und Laufzeiten gebildet und auf dem Aktendeckel vermerkt. Da für Schriftgut der Wirtschaft aus dem betreffenden Zeitraum keine Archivierungspflicht bestand, ist die vorliegende Überlieferung kein Produkt zielgerichteter Bewertung, sondern eher als zufällig in dieser Form entstanden anzusehen.

Der VEB Chemieanlagenbau Erfurt-Rudisleben –Kombinat– übergab 1972 die Unterlagen an das Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden. Wie und warum die Unterlagen in den VEB Chemieanlagen Erfurt-Rudisleben gelangten, konnte nicht ermittelt werden. Eine erste technische Bearbeitung erfolgte im Zusammenhang mit der Übernahme. Auf den Akten war eine vermutlich im Verwaltungsarchiv des Betriebes aufgebrachte Signatur vorhanden, die aber keine weitere Bedeutung hatte, da keinerlei Findmittel existierten. Ob bereits eine vorarchivarische Bearbeitung erfolgte, konnte nicht festgestellt werden.

3. Bestandsbearbeitung

3.1. Bestandsbildung- und abgrenzung

Beim Bestandsbildner handelt es sich um die Fa. Gebler Werke AG, Radebeul bzw. vor 1923 um die Radebeuler Guss- und Emaillier-Werke, vorm. Gebr. Gebler.

Im Bestand waren Akten der Radebeuler Guss- und Emaillier-Werke, vorm. Gebr. Gebler ebenso vorhanden wie auch des Nachfolgebetriebes VEB Emailleguss Radebeul.

Mit dem Befehl Nr. 124 der SMAD über die Beschlagnahme des Betriebsvermögens vom 30.10.1945 und dem Volksentscheid in Sachsen vom 30.06.1946 wurden die Grundlagen für die Entstehung des volkseigenen Sektors in der Industrie der SBZ geschaffen. Durch die neuen Besitzverhältnisse in der Wirtschaft und den veränderten politischen Rahmenbedingungen begannen auch andere Führungs- und Organisationsstrukturen im Unternehmen zu wirken.

In Umsetzung des Volksentscheides wurden die Gebler Werke unter Treuhandverwaltung gestellt. Den Abschluss dieses Prozesses bildet das Jahr 1948 mit der Gründung des VEB Emailleguss Radebeul. Für die zeitliche Abgrenzung zum Bestand VEB Emailleguss Radebeul wurde deshalb das Jahr 1948 festgelegt. In einigen wenigen Fällen gehen die Laufzeiten der Akten auch über das Jahr 1948 hinaus wie z.B. bei Steuern und Versicherungen.

Aufgrund der Überlieferungslage und der durchgeführten Bestandstrennung dokumentieren die 394 Akten des Bestandes vor allem den Zeitraum von 1878 bis 1948.

3.2. Bewertung und Kassation

Vor Beginn der Arbeiten belief sich der Bestandsumfang auf 12,3 lfm, einschließlich der zu diesem Zeitpunkt noch im Bestand VEB Emailleguss Radebeul enthaltenen Akteneinheiten. Aus dem Bestand wurden 2,5 lfm Akten kassiert. Die Kassationen erfolgten bis auf wenige Ausnahmen auf Aktenebene und betrafen nur Doppel- bzw. Mehrfachüberlieferungen. Nach der technischen Bearbeitung (Verpackung und Kartonierung) hat der Bestand einen Umfang von 12 lfm.

3.3. Ordnung und Verzeichnung

Die Arbeiten am Bestand wurden durch Archivinspektoranwärter Andreas Rohloff im Rahmen seiner Ausbildung durchgeführt. Die redaktionelle Überarbeitung der Findbucheinleitung sowie die Nachverzeichnung von 2 lfm führte Bernd Scheperski durch.

Die Akteneinheiten verfügten bereits bis auf einzelne Ausnahmen über Aktentitel und Laufzeiten. Allerdings mussten sehr häufig Korrekturen hinsichtlich der Datierung vorgenommen werden und in der übergroßen Mehrzahl der Fälle Aktentitel angepasst oder gänzlich neu gebildet werden. Die Verzeichnung erfolgte nach dem Bär'schen Prinzip. Verzeichnet wurde mittels der Software AUGIAS-Archiv unter Verwendung der Maske "- Akten -". Die alte Signatur wurde ebenfalls aufgenommen. Ansonsten wurden vornehmlich die Felder "Titel", "Enthält" und die Datierungsfelder benutzt.

In den Akten fanden sich keine Hinweise auf ein Aktenzeichensystem oder eine Arbeit und Ablage nach einem Aktenplan. Deshalb wurde als Ordnungsmodell eine modifizierte Variante des "Magdeburger Modells für kap. Wirtschaftsbetriebe" verwendet. Die ausgearbeitete Gliederung orientiert sich an der Überlieferungslage.

Das Findbuch wurde mit insgesamt drei Indizes versehen. Die obligatorischen Orts- und Personenindizes wurden dabei durch einen Firmenindex ergänzt.

4. Bestandsinhalt

Einen grundsätzlichen Überblick über den Bestandsinhalt erhält man durch einen Blick auf das verwendete Ordnungsmodell. Die folgenden Ausführungen sollen das dadurch gewonnene Bild präzisieren und ergänzen.

Management- und Unternehmensführungsunterlagen im heutigen Sinne befinden sich nicht im Bestand. Dies ist aufgrund der Tatsache, dass die moderne Betriebswirtschaft ihre theoretischen Grundlagen erst ab den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts erarbeitet hat, auch nicht zu erwarten.

Im Bereich Personalwesen ist eine Personalkartei der Belegschaft überliefert, die insbesondere für sozialgeschichtliche Fragestellungen als aussagekräftige Quelle dienen kann. Darüber hinaus existieren nur sehr wenige Personalunterlagen. Die Ausbildungstätigkeit des Unternehmens ist gleichfalls nur sehr dünn überliefert. Die vorhandenen Akten beziehen sich zudem ausschließlich auf Auszubildende im kaufmännischen Bereich, nicht jedoch auf Lehrlinge in den technischen Berufen.

Die Produkt- und Verfahrensentwicklung fehlt nahezu vollständig. Konstruktionszeichnungen für die hergestellten Erzeugnisse liegen nur in sehr seltenen Einzelfällen vor. Über das hüttenchemische und keramische Labor sowie der späteren Röntgenanlage mit Fotoabteilung weist der Bestand überhaupt keine Unterlagen auf.

Auf folgende Besonderheiten der Überlieferung soll noch hingewiesen werden. Vergleichbar gut für einen Betrieb dieser Größe wird das soziale und kulturelle Engagement der Firma dokumentiert. Dazu gehören u.a. die Werkskapelle und die Betriebsfeiern. Die vorhandene Kartei für die betriebsärztliche Betreuung beinhaltet zum Teil detaillierte Angaben zum Gesundheitszustand der Arbeitnehmer. Hervorzuheben ist noch die gute Quellenlage im Hinblick auf Vertretertätigkeit und Absatz im In- und Ausland.

Abschließend sollen noch die im Bestand befindlichen Unterlagen zu Werbung und Öffentlichkeitsarbeit Erwähnung finden. So ist zum Beispiel eine den Zeitraum 1929 bis 1944 vollständig abdeckende Serie von Werbeanzeigen und Inseraten erhalten geblieben, die zusammen mit den gleichfalls in reicher Auswahl vorhandenen Prospekten der eigenen sowie fremder Firmen die Werbeaktivitäten dieser Branche außerordentlich gut wiedergibt. Darüber hinaus kann dieses Material auch für kunstgeschichtliche Fragestellungen im Bereich Werbe- und Gebrauchsgrafik genutzt werden.

Mit dem Bestand Gebler Werke AG Radebeul (einschließlich des Bestandes VEB Emaille-guss Radebeul) verfügt das Hauptstaatsarchiv über eine kontinuierliche Überlieferung eines Betriebes dieser Branche, die den außerordentlich langen Zeitraum vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1972 abdeckt.

Steckbriefe und betriebswirtschaftliche Daten des Unternehmens, auf denen auch das obige Firmenporträt größtenteils basiert, finden sich in den verschiedenen Jahrgängen des Handbuches der deutschen Aktiengesellschaften.

5. Korrespondierende Bestände

11622 VEB Emailleguss Radebeul

11384 Landesregierung Sachsen, Ministerium für Wirtschaft Nr. 3150

11377 Landesregierung Sachsen, Ministerium des Innern Nr. 4328

11541 Industrieverwaltungen Sachsen Nr. Metallurgie 32

11560 VVB (Z) NAGEMA Dresden Nr. 24, 31

13131 Deutsche Bank Nr. 370

11088 Amtsgericht Radebeul Nr. 77, 104-108
Generalversammlungen.- Aufsichtsratssitzungen.- Gesellschaftsverträge.- Prüfberichte.- Geschäftsberichte.- Bilanzen.- Werkschutz.- Betriebsrat.- Personal.- Berufsausbildung.- Beschäftigung von Fremdarbeitern und Zwangsarbeitern.- Steuern und Versicherungen.- Immobilienverwaltung.- Patente und Lizenzen.- Rüstungsproduktion.- Reparationen.- Prospekte und Fotos.
1876 gründete der Gießereifachmann Ernst Paul eine kleine Firma in Radebeul. 1889 kauften die Brüder Georg, Kurt und Franz Gebler dieses Werk und begannen mit umfangreichen Erweiterungsmaßnahmen. Dazu gehörte auch der Aufbau eines Emaillierwerkes. Unter der Führung des Bankhauses Arnold wurde der Betrieb 1896 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und in Radebeuler Guss- und Emaillier-Werke vorm. Gebr. Gebler umbenannt. Eine weitere Umbenennung in Gebler Werke AG erfolgte 1923. Seit 1942 verfügte die Firma auch über eine Metallgießerei, in der vor allem Zulieferteile für hergestellt wurden. Durch den Volksentscheid in Sachsen am 30.06.1946 wurde die Firma entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt. Sie firmierte dann als VEB Emailleguß Radebeul.
  • 2001 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang