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Beständeübersicht

Bestand

11727 Hermann Schubert / VEB Textilwerke Zittau

Datierung(1637) 1862 - 1963 (1994)
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)1,78

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1. Bedeutung und Geschichte des Registraturbildners

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschleunigte sich in der Stadt Zittau der Industrialisierungsprozess. Mehrere große Industriebetriebe der Textilbranche entstanden, darunter Spinnereien, Webereien und Veredlungsbetriebe. Zu diesen Unternehmen gehört die Firma Hermann Schubert, die ihre wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung nicht nur durch eine führende Stellung auf dem Weltmarkt für Nähgarne erlangt, sondern auch durch die Tatsache, dass sie bis 1945 als ein reines Familienunternehmen betrieben wurde.

Das Unternehmen wurde 1862 von Hermann Theodor Schubert (1836-1927) als kleine Lohnfärberei gegründet. 1870 leitet der erste Dampfkessel den industriellen Aufschwung ein. 1885 wurde die Mercerisation eingeführt, 1891 die sog. Copsfärberei erfunden und 1904 in Zittau eine Zwirnerei und Nähfadenfabrik gebaut, die sich rasch entwickelte. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts traten die Söhne des Firmengründers in das Geschäft ein (besonders wichtig durch seine Erfindungen: Dr. Hermann Schubert), denen in den 1930er Jahren die Generation der Enkel folgte. 1907-08 kam es zur Gründung einer böhmischen Niederlassung in Grottau (Hrádek), wo ebenfalls Zwirnerei und Nähfadenproduktion betrieben wurde, und wie in Zittau als Nebenbetriebe Färberei, Bleiche und Mercerisation bestanden. Dr. Hermann Schubert besaß in Aussig (Ustí n.L.) außerdem eine Holz- und Metallwarenfabrik. 1919 wurde der Zittauer Fabrik wegen der besseren Wasserverhältnisse eine Bleiche in Hänischmühle (Bertsdorf) angegliedert. 1907 gründete die Firma in Zusammenarbeit mit den kaiserlichen Kolonialbehörden eine Baumwollpflanzung in Deutsch-Ostafrika. Zweck war, eine günstige Belieferung mit Baumwolle zu sichern. Unter anderem wegen fehlender Erfahrungen im Anbau von Baumwolle in tropischen Gebieten arbeitete die Pflanzung mit großem Verlust und ging im Weltkrieg schließlich verloren.

Während des Weltkrieges produzierte die Firma Hermann Schubert hauptsächlich Nähgarn für Militärbedürfnisse; später wurde die Papierspinnerei aufgenommen. Die Entwicklung des Unternehmens nach dem Weltkrieg verlief zunächst günstig. Es kam zu einer Erweiterung und Modernisierung der Anlagen. Der Hauptabsatz erfolgte auf dem deutschen Markt, jedoch wurden auch nach Übersee umfangreiche Exporte realisiert. Ende der 20er Jahre verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation: 1931/32 sank die Beschäftigung auf 70%; wirtschaftliche und politische Krise, Arbeitslosigkeit und Exportschwierigkeiten führten Anfang 1933 auf einen Tiefpunkt. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten besserte sich die wirtschaftliche Lage vorübergehend. 1933 wurde die Baumwollspinnerei aufgenommen. 1935 gelang die Entwicklung und breite Anwendung eines Kunstseidefärbverfahrens (KZ-Verfahren). 1937 wurde ein Verfahren zur chemischen Veredlung von Zellwollprodukten (FK-Verfahren) entwickelt, das von anderen Firmen in Lizenz genutzt wurde. Bei einer Beschäftigung von über 1000 Personen stellte die Firma Hermann Schubert in den 30er Jahren Gespinste aus Baumwolle und Zellwolle, Nähzwirn, Fabrikationszwirne und Schlichtketten her. Der Jahresumsatz betrug ca. 10-12 Millionen RM. 1939 übernahm das Unternehmen als einer der ersten Textilbetriebe im Raum Zittau textilfremde Rüstungsfertigung aus der Metallindustrie (Blechbearbeitung für Flugzeugindustrie, Montage von Variometern und Höhenmessern). 1944 waren bei einer Gesamtbelegschaftsstärke von 900 Personen ca. 360 Personen mit Metallrüstungsfertigung beschäftigt. Durch Kriegseinwirkung erlitten die Fabriken der Firma nur geringen Schaden. Vorsorglich waren einige Betriebsteile in das Vogtland und nach Oberfranken ausgelagert worden.

Bis zum Ende des 2. Weltkrieges blieb die Firma ein reines Familienunternehmen.
Am 8.5.1945 wurden Hauptwerk und Bürogebäude in Zittau durch die Rote Armee besetzt. Mehrere Gesellschafter und leitende Angestellte wurden von der Besatzungsmacht verhaftet. Gemäß Befehl 124/1945 der SMAD erfolgte die Beschlagnahme des Betriebes und im Februar 1946 die Einsetzung eines Treuhänders. Von August 1945 bis Januar 1946 kam es zu einer weitgehende Demontage durch die Rote Armee. Nach dem Volksentscheid vom 30.6.1946 wurde der Betrieb in die Liste "C" (Betriebe, über deren Enteignung noch entschieden werden sollte) aufgenommen. Der Antrag ehemaliger Mitinhaber der Firma auf Rückübertragung wurde abgelehnt, so dass der Betrieb mit dem 1.1.1948 der Industrieverwaltung Spinnereien der Volkseigenen Betriebe Sachsens unterstellt werden konnte. Von Anfang 1946 bis Ende 1948 arbeitete der Betrieb fast ausschließlich für die sowjetische Besatzungsmacht.

Am 1.7.1948 ging der Betrieb in Volkseigentum über und trug seit dem 10.7. die Bezeichnung VEB Textilwerke Zittau. Ein 1956 geplantes Aufgehen in das 1957 gebildete Textilkombinat Zittau unterblieb zunächst und erfolgte erst am 24.1.1963. Danach wurde der Hauptteil des VEB TWZ zum Werk 1 des TKZ; andere ehemalige Betriebsteile wurden ausgegliedert und anderen VEB zugeordnet. In den 50er und beginnenden 60er Jahren stellte der VEB TWZ Gespinnste, Zwirne und Schlichtketten her und betrieb Lohnfärberei.


2. Geschichte und Inhalt des Bestandes

Es ist als sicher anzunehmen, dass die Firma Hermann Schubert bis 1945 eine gut geordnete Registratur mit einem großen Anteil an Altschriftgut unterhalten hat. Bei der Besetzung des Werkes durch die Rote Armee 1945 ging der größte Teil dieser Unterlagen verloren. Ende 1945 bemühte sich die neue Leitung des Betriebes im Rahmen der Wiedereinrichtung der Büros um die Sammlung aller betrieblichen Akten und Belege, was nur teilweise gelang. Nach der staatlichen Anweisung zur Errichtung von Betriebsarchiven (27.4.1950) ist seit den 50er Jahren im Werk ein Betriebsarchivar tätig gewesen, der sich um die Altunterlagen kümmerte und an einer Betriebschronik arbeitete. Welches Schicksal die Unterlagen der Firma Hermann Schubert bzw. des VEB TWZ nach dem Anschluss an das TKZ bzw. später an den VEB Oberlausitzer Textilbetriebe Neugersdorf erfuhren, entzieht sich unserer Kenntnis.

Nach dem Zusammenbruch der DDR-Industrie infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen von Wende und Währungsunion kam es offenbar zu erheblichen Verlusten an Schrift- bzw. Archivgut. Das noch vorhandene Archivgut gelangte vom VEB Oberlausitzer Textilbetriebe Neugersdorf an die Textil GmbH Ostsachsen und wurde 1997 vom Sächsischen Hauptstaatsarchiv aus dem Depot Walddorf übernommen. Eine kleinere Menge Archivgut wurde 1998 von den Städtischen Museen Zittau abgegeben.

Angesichts dieser umfangreichen Schriftgutverluste ist die schriftliche Überlieferung der Fa. Hermann Schubert bzw. des VEB TWZ als lückenhaft zu bezeichnen. Relativ gut widergespiegelt werden die Verwaltung Zittauer Grundstücke, Außenhandelsbeziehungen sowie Patent- und Warenzeichenangelegenheiten, nach 1945 auch die Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht sowie staatlichen und kommunalen Behörden. Andere Bereiche des Unternehmens und des betrieblichen Lebens werden dagegen nur unzureichend oder überhaupt nicht dokumentiert. Für die geschichtliche Forschung bedeutsam ist trotz seiner dürftigen Überlieferung das vorhandene Material über die Baumwollplantage "Schuberthof" in Deutsch-Ostafrika.


3. Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten

Bei Übernahme des Bestandes im Depot Walddorf waren nur sehr summarische Abgabelisten vorhanden. Deswegen machte sich die Erschließung des Bestandes erforderlich. Außerdem war der Bestand schlecht verpackt und in einem schlechten technischen Zustand. Ziel der Arbeiten war die Nutzbarmachung des Bestandes im Zusammenhang mit einer erweiterten Erschließung. Neben der Ordnung und Verzeichnung war auch eine grundlegende technische Bearbeitung (u.a. Verpackung und Etikettierung) zu realisieren. Um Zeit zu sparen, wurde die technische Bearbeitung vereinfacht durchgeführt und muss zu einem späteren Zeitpunkt noch abgeschlossen werden (Entfernung der Heftklammern). Bei den Ordnungsarbeiten wurde die vorgefundene, meist kaufmännische Ablage beibehalten bzw. rekonstruiert.

Die Verzeichnung erfolgte mit dem Programm Augias für Windows.

Die gewählte Klassifikation orientiert sich an den überlieferten Unterlagen sowie an im SächsHStA bereits verwendeten Klassifikationen für Wirtschaftsbestände.

Im Bestand vorgefundenes Schriftgut der Fa. Mechanische Weberei Zittau wurde diesem Bestand zugeordnet. Unterlagen des TKZ sind bei einer entsprechenden Bestandsbildung diesem Bestand zuzuordnen.

Kassiert wurden Doppelstücke, nicht zuordbare Einzelstücke und unbedeutende Unterlagen, insgesamt in einem Umfang von ca. 0,2 lfm.
Gesellschaftsverträge.- Beteiligungen.- Patente, Lizenzen, Warenzeichen.- Grundstücksangelegenheiten.- Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland.- Zusammenarbeit mit der sowjetischen Besatzungsmacht und staatlichen Einrichtungen.- Betriebsgeschichte.
Das Unternehmen wurde 1862 von Hermann Theodor Schubert als kleine Lohnfärberei gegründet. 1904 kamen eine Zwirnerei und eine Nähfadenfabrik hinzu. Die Firma gründete 1907 eine Niederlassung im böhmischen Grottau und eine Baumwollpflanzung in Deutsch-Ostafrika, die jedoch mit dem Ende des Ersten Weltkriegs verloren ging. 1933 wurde in Zittau die Baumwollspinnerei aufgenommen. 1945 beschlagnahmte und demontierte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) den Betrieb. Seit er 1948 in Volkseigentum überführt wurde, trug er die Bezeichnung VEB Textilwerke Zittau. Der Hauptteil der Textilwerke ging 1963 im Textilkombinat Zittau auf. Andere Betriebsteile wurden ausgegliedert und verschiedenen VEB unterstellt. In den 1950er und beginnenden 1960er Jahren produzierte der Betrieb Gespinste, Zwirne sowie Schlichtketten und betrieb eine Lohnfärberei. 1970 kam er zum VEB Oberlausitzer Textilbetriebe Neugersdorf. 1990 entstand aus dem Zittauer Standort die Ostsächsische Textil GmbH, die 1992 in Textil GmbH Ostsachsen umbenannt wurde.
  • 1998 | Findbuch / Datenbank
  • 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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