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Beständeübersicht

Bestand

21055 Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co., Altenburg

Datierung1698 - 1753, 1838 - 1950
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)3,27
Geschichte der Piererschen Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co., Altenburg

Die Anfänge der "Piererschen Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co" gehen auf das Jahr 1594 zurück. Aus diesem Jahr stammt der erste datierte Druck, der sog. "Torgauer Katechismus", aus der fürstlichen Buchdruckerei des Herzogs und Administrators von Kursachsen Friedrich Wilhelm in Torgau.[01] Als 1601 seine vormundschaftliche Regierung endete, begab sich der Herzog in seine Geburtsstadt Weimar zurück. Die Druckerei wurde ebenfalls nach Weimar verlegt. Nach dem Tod Friedrich Wilhelms ging seine Witwe aufgrund der Erbteilung nach Altenburg. Es folgte eine erneute Verlegung der Hofbuchdruckerei, dieses Mal an den endgültigen Standort Altenburg. Sie stand weiter unter fürstlicher Aufsicht und wurde an verschiedene Drucker verpachtet. 1670 übernahm die Familie Richter die Hofbuchdruckerei zunächst als Pächter, 1709 durch Kauf. 129 Jahre blieb sie im Besitz dieser Familie.[02] Erst 1799 erfolgte ein erneuter Besitzwechsel. Dr. Johann Friedrich Pierer kaufte die Druckerei mit zwei Teilhabern, die aber bald wieder ausschieden. Bis 1871 verblieb sie wiederum in Familienbesitz, diesmal der Familie Pierer. Ein Konsortium Leipziger Verleger erwarb in diesem Jahr das Unternehmen und setzte Stephan Geibel als Leiter ein. Der Firmenname lautete nunmehr: "Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co".[03] Bis 1919 wurde der Betrieb als offene Handelsgesellschaft geführt und dann in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt.
Im 17. Jahrhundert druckte man Luther-Schriften; im 19. Jahrhundert wurden unter der Leitung Pierers v. a. durch die enge Zusammenarbeit und wahrscheinlich auch Freundschaft mit F. A. Brockhaus fortschrittliche bürgerliche Schriften gedruckt. Im Zusammenwirken mit Brockhaus begann auch die Arbeit an der Herausgabe des Universal-Lexikons der Gegenwart und Vergangenheit. Nach 1872 und v. a. im 20. Jahrhundert wurden juristische, sozialpolitische und medizinische Schriften gedruckt. Vorrang hatten aber Schulbücher. Durch das enge Zusammenwirken mit der Firma Moritz Diesterweg in Frankfurt/M., deren Inhaber ein Kommanditist der Hofbuchdruckerei war, gab es keinen Mangel an Aufträgen. Trotzdem besorgte Pierer auch für zahlreiche andere Verlage die Druckarbeiten. In den 1930er Jahren wurden 320 Mitarbeiter beschäftigt. 24 Setzmaschinen und 40 Schnellpressen gehörten zur Ausstattung des Betriebes.[04] Seit 1921 gehörte auch eine Großbuchbinderei zum Unternehmen.
Zur weiteren Entwicklung des Betriebes sei auf die ausführliche Verlagsgeschichte zum Bestand VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg verwiesen, der sich im Thüringischen Staatsarchiv Altenburg befindet. Demnach wurden die Brüder Hans Stephan und Max Geibel aufgrund einer Denunziation im März 1950 verhaftet und im Oktober 1950 vor dem Landgericht Gera zu Gefängnisstrafen verurteilt. Ihr Unternehmen wurde zugunsten des Landes Thüringen zum Jahreswechsel 1950/1951 beschlagnahmt; Nachfolgebetrieb wurde der VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg.[05]

Bestandsgeschichte und –bearbeitung

Die Überlieferung ist sehr bruchstückhaft. Reste ehemals vorhandener Unterlagen des Unternehmens wurden im Verwaltungsarchiv des VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg aufbewahrt und 1982 an das Staatsarchiv Leipzig übergeben. 1983 erfolgte die Bearbeitung durch Roswitha Franke auf der Grundlage der Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze der DDR (OVG). Im Jahre 2006 wurde das Findbuch durch Eingabe der Verzeichnungsangaben in die AUGIAS-Archivdatenbank retrokonvertiert. 2015 wurde das Findmittel zum Zwecke der Online-Stellung noch einmal überprüft. Dabei fiel auf, dass viele Verzeichnungseinheiten nur einfach (als Gruppenverzeichnung) erfasst worden waren. In diesen Fällen wurde die Verzeichnung durch die Praktikantin Nancy Werner und im Anschluss den FAMI-Auszubildenden Dennis-Veit Jentsch präzisiert. Auch fehlten v. a. bei den Druck- und Schriftmustern die Datierungen, die ebenfalls ergänzt werden mussten. Um die Übersicht zu verbessern, wurde die Systematik überarbeitet. 2016 erfolgte die abschließende redaktionelle Überprüfung der Verzeichnungsangaben mit dem Ziel der Freigabe für die Online-Recherche durch Katrin Heil.

Überlieferungsschwerpunkte

Überlieferungsschwerpunkte des Bestandes sind die Lagerbücher sowie die Druck- und Schriftmusterbücher, die einen Überblick über die Leistungsfähigkeit der Piererschen Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co. bieten. Die Auftrags- bzw. Lagerbücher dokumentieren über Jahrzehnte die Druckaufträge inkl. Auflagenhöhen zahlreicher, auch überregional bekannter Verlage. Da sich die Überlieferung im Wesentlichen auf diese Geschäftsbücher und Druckmuster bezieht und sich zeitlich vor allem auf den Zeitraum ab Mitte des 19. Jahrhunderts beschränkt, sind der möglichen Auswertung Grenzen gesetzt. Bedeutsam ist ein Band mit Buchbinderrechnungen und Lehrverträgen aus der Zeit von 1698 - 1795, als sich die Druckerei noch im Besitz der Familie Richter befand. Ein ebenfalls im Bestand befindliches Manuskript über die Geschichte der Piererschen Hofbuchdruckerei gibt sehr anschaulich die Entwicklung bis 1871 wider. Zum Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit haben sich leider fast keine Quellen erhalten.

Hinweise für die Benutzung

Der Bestand VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg im Thüringischen Staatsarchiv Altenburg enthält 27 Akteneinheiten der Provenienz Pierersche Hofbuchdruckerei, siehe das Online-Findbuch unter http://www.archive-in-thueringen.de.

R. Franke / T. Kluttig

1983 / 2016


[01] http://www.dza-druck.de/dza-home.html (Aufruf vom 04.07.2016).
[02] "Das Volk lebt im Buch", Pierersche Hofbuchdruckerei, 1936, S. 4 (Kopie der Druckschrift in der Bestandsakte).
[03] Ebenda, S. 5.
[04] Ebenda, S. 6.
[05] http://www.archive-in-thueringen.de/bestand/view/id/21698 (Aufruf vom 17.08.2016).
Rechnungen.- Lager- und Auftragsbücher.- Druckmuster.- Schriftproben.
Die Pierersche Hofdruckerei Stephan Geibel & Co. stand in der Tradition der 1594 im Schloss Hartenfels bei Torgau begründeten Fürstlich Sächsischen Officin. 1670 übernahm die Familie Richter für 129 Jahre den Betrieb. Dr. J. Fr. Pierer kaufte 1799 die Druckerei, die bis 1871 im Besitz seiner Familie verblieb. Ein Konsortium Leipziger Verleger erwarb in diesem Jahr das Unternehmen und setzte Stephan Geibel als Leiter ein. In dieser Zeit wurden v. a. juristische, sozialpolitische und medizinische Schriften sowie Schulbücher gedruckt. Bis 1919 wurde der Betrieb als offene Handelgesellschaft geführt und dann in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. 1951 wurde die Druckerei durch Beschlagnahme landeseigener Betrieb in Thüringen; Nachfolgebetrieb wurde der VEB Druckhaus "Maxim Gorki".
  • 2016 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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