Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

22238 Volkspolizeikreisamt Oschatz mit Untersuchungshaftanstalt

Datierung1945 - 1990
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)7,49

Bestand enthält auch 137 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular


Zur Geschichte des Volkspolizeikreisamtes Oschatz mit Untersuchungshaftanstalt


Nachdem auf der 2. Parteikonferenz der SED im Juli 1952 der "planmäßige Aufbau des Sozialismus" in der DDR und die Durchführung einer Verwaltungsreform beschlossen worden waren, wurde kraft "Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR"[01] vom 23. Juli 1952 das föderale Prinzip zugunsten des zentralistischen aufgegeben. Die fünf Länder wurden im Zuge einer Gebietsreform abgeschafft, an ihre Stelle traten 14 Bezirke. Die Aufgaben der Landesregierungen und Landtage gingen kraft "Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Bezirke" [02] vom 24. Juli 1952 auf die zuständigen Bezirke über.

Auf der Grundlage des Befehls Nr. 53/52 der Hauptverwaltung der DVP vom 23. Juli 1952 wurden, dem neuen Staatsaufbau entsprechend, anstelle der bisherigen Landesbehörden der DVP 14 Bezirksbehörden der DVP (BDVP) gebildet. Diesen unmittelbar nachgeordnet waren 217 Volkspolizeikreisämter als Dienststellen des Ministeriums des Innern. Das aus dem Kreispolizeiamt (KPA) Oschatz gebildete und bereits seit Ende 1949 so bezeichnete Volkspolizeikreisamt (VPKA) Oschatz war der BDVP Leipzig unmittelbar nachgeordnet und für die Organisation und Durchführung der konkreten polizeilichen Arbeit im Kreis Oschatz zuständig.

Dem VPKA angegliedert war die Untersuchungshaftanstalt (UHA). Aufgrund gesunkener Häftlingszahlen und ausgehend von den Erfahrungen der Schließung der beiden UHA Torgau und Wurzen wurde zwecks weiterer Zentralisierung der Untersuchungsgefangenen im Bezirk Leipzig per Dienstanweisung Nr. 11/62 des Chefs der BDVP Leipzig die Schließung der Dienststelle für den 15. Juli 1962 sowie die Verlegung der Untersuchungsgefangenen in die Untersuchungshaftabteilung der Strafvollzugsanstalt Leipzig angeordnet.[03]

Leiter des KPA/VPKA Oschatz waren u. a.:[04]

Wendschuh (1948 bis 1949)

Voigt, VP-Oberrat (1949 bis mindestens Oktober 1950)

Raschke, VP-Oberrat (spätestens September 1951 bis Januar 1953)

Pätzold, Oberstleutnant der VP (spätestens Oktober 1954 bis ca. April 1961)

Sacher, Heinz, Oberstleutnant der VP (1. Mai 1961 bis 31. Januar 1980)

Schmidt, Harry, Polizei-Oberrat (1. Februar 1980 bis mindestens Januar 1991)

Das VPKA Oschatz gliederte sich nach Stabs- und Fachabteilungen. Der Dienststelle nachgeordnet waren Reviere, Gruppenposten und Betriebsschutzkommandos.[05]

Im Oktober 1990 wurde das VPKA Oschatz in Kreisamt der Polizei Oschatz umbenannt und der neuen Bezirkspolizeibehörde Leipzig unterstellt.



Bestandsgeschichte und -bearbeitung


Die Übernahme der Unterlagen erfolgte nach 1990 in mehreren Etappen. 36 Akten vom Bundesminister des Innern, Außenstelle Berlin, wurden dem Bestand VPKA Oschatz zugeordnet.[06] Im Jahre 1999 erfolgte zudem die Übergabe der Sicherungsfilme dieser Akten vom Bundesarchiv, Abt. DDR. Die Verzeichnung erfolgte im Jahre 2014. Im Jahre 2018 wurden 25 Personalakten aus dem Bestand 22125 Polizeidirektion Leipzig herausgelöst, dem Bestand VPKA Oschatz zugeordnet und verzeichnet. 2019 erfolgte die Erschließung und Bewertung der übrigen Unterlagen im Umfang von 15,97 lfm, von denen ein Teil als kassabel bewertet wurde. Der voll erschlossene Bestand hat einen Umfang von 7,49 lfm. Die Verzeichnung in AUGIAS erfolgte auf Grundlage der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs.

Von den 1477 Gefangenenakten sind rund 14 % archiviert worden. Hier orientierte sich die Auswahl an den Kriterien Deliktart, Strafmaß, Vorhandensein und Umfang der Urteilsbegründung.


Überlieferungsschwerpunkte


Rapporte und Lagefilme sind für den Zeitraum 1979-1989 in großer Zahl und vollständig überliefert, zudem auch Sofortmeldungen für den Zeitraum 1988-1990. Diese enthalten Informationen über Straftaten (z. T. unter Nennung von Straftätern, Zeugen und/oder Geschädigten) und Unglücksfälle in der Stadt und im Kreis Oschatz.

Vorhanden sind zudem mehr als 180 Gefangenenakten der Untersuchungshaftanstalt Oschatz für den Zeitraum 1947-1962, wobei die Straftäter sowohl für politische wie sonstige kriminelle Vergehen und Verbrechen verurteilt wurden, darunter Staatsverleumdung, staatsgefährdende Propaganda und Hetze, "Boykotthetze", Amtsunterschlagung, "Unzucht zwischen Männern" (Homosexualität), "Unzucht mit Kindern" (Kindesmissbrauch), Diebstahl, vorsätzliche Körperverletzung und Wirtschaftsverbrechen. Die darin enthaltenen Urteile dokumentieren die Härte der Strafmaßzuweisungen insbesondere für Diebstahl sowie politische und wirtschaftliche Verbrechen in der Nachkriegszeit. Von spezifischem historischem Interesse ist die Akte über Franz Walter Sommer, Bruder von SS-Hauptscharführer Martin Sommer (Aufseher der Konzentrationslager Sachsenburg und Buchenwald). Für sozialgeschichtliche Fragestellungen interessant sind auch Akten zum Verdacht auf versuchtes ungesetzliches Verlassen der DDR.

Überliefert sind mehrere Chroniken von Kampfgruppeneinheiten des Kreises Oschatz, die vor allem Fotografien mit Darstellungen von Kämpfern bei Übungen und besonderen Anlässen enthalten, und zahlreiche Karteikarten von Kampfgruppenangehörigen des Kreises Oschatz.


Hinweise für die Benutzung


Bei der Bestellung von Archivgut müssen in jedem Fall die Bestandssignatur 22238 und die Aktenbestellnummer sowie, falls vorhanden, die Filmnummer angegeben werden.

Für die Einsichtnahme sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Dabei gelten die im § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Sächsischen Archivgesetzes[07] festgelegten Schutzfristen. Aktentitel mit personenbezogenen Daten und laufenden Schutzfristen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3b und 3c SächsArchivG sind in der Online-Version des Findbuchs nicht einsehbar.

Bei Personalakten ist der jeweils letzte Dienstgrad jeder Person bei Ausscheiden aus dem Dienst angegeben. Weitere Personalakten des VPKA Oschatz (1945-1968; nur als Film) finden sich unter 20250 BDVP Leipzig, F 19074, zudem ist die zugehörige Namensliste unter 20250 BDVP Leipzig, Nr. 5591 zu finden.


Verweise auf korrespondierende Bestände


20250 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Leipzig


Quellen und Literatur


Behördengeschichtliche Einführung zum Findbuch des Bestandes Nr. 24 des Ministeriums der Innern – Bezirksbehörde Deutsche Volkspolizei – 1952 bis 1960 vom 19.01.1983 (Bestandsakte).

Behördengeschichtliche Einführung zum Findbuch des Bestandes Nr. 24 des Ministeriums der Innern – Bezirksbehörde Deutsche Volkspolizei – 1961 bis 1975 vom 08.09.1988 (Bestandsakte).

Gesetzblatt der DDR, 1952, Nr. 99 und 101.

Geschichte der Deutschen Volkspolizei, Band 1-2, hrsg. v. Ministerium des Innern, VEB Verlag der Wissenschaften Berlin, 1987.

Schulze, Dieter: Das große Buch der Deutschen Volkspolizei. Geschichte – Aufgaben –Uniformen, Verlag Das Neue Berlin, Verlagsgesellschaft mbH, Berlin 2006.



Andreas Nebelung

April 2019



Abkürzungsverzeichnis



Abt.Abteilung
ABVAbschnittsbevollmächtigter
Bde.Bände
BDVPBezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei
Bl.Blatt
BRDBundesrepublik Deutschland
CSSRTschechoslowakische Sozialistische Republik
DDRDeutsche Demokratische Republik
DVPDeutsche Volkspolizei
FDJFreie Deutsche Jugend
GBl.Gesetzblatt
GSTGesellschaft für Sport und Technik
KfzKraftfahrzeug
LDPDLiberal-Demokratische Partei Deutschlands
lfmlaufende Meter
LPGLandwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft
MdIMinisterium des Innern
MfSMinisterium für Staatssicherheit
NATOOrganisation des Nordatlantikvertrags
PrStrRVOPreisstrafrechtsverordnung
SächsArchivGSächsisches Archivgesetz
SächsGVBl.Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt
SächsStASächsisches Staatsarchiv
SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands
SGSportgemeinschaft
SMADSowjetische Militäradministration in Deutschland
StA-LStaatsarchiv Leipzig
StEGStrafrechtsergänzungsgesetz
StGBStrafgesetzbuch
StVOStraßenverkehrs-Ordnung
USAVereinige Staaten von Amerika
VEB Volkseigener Betrieb
VPVolkspolizei
VPKA Volkspolizeikreisamt
VPKÄVolkspolizeikreisämter
VRVolksrepublik
VRStrVOVerbrauchsregelungs-Strafverordnung
WStVOWirtschaftsstrafverordnung





[01] GBl. der DDR, 1952, Nr. 99, S.613ff.
[02] GBl. der DDR, 1952, Nr. 101, S. 621ff.
[03] SächsStA, StA-L, 20250 BDVP Leipzig, Nr. 626, Bl. 12ff., 41f. Zugleich erfolgte die Schließung der beiden UHA Borna und Döbeln und die entsprechende Verlegung der Gefangenen. Informationen zur Geschichte der UHA Oschatz sowie des Gebäudes für den Zeitraum vor der Schließung konnten nicht ermittelt werden. Laut o.g. Dienstanweisung sollte das Gebäude in der Rechtsträgerschaft der DVP verbleiben und sämtliche Räumlichkeiten unverändert bleiben.
[04] Bei den angegebenen Funktionszeiträumen der Amtsleiter, sofern nicht mit genauem Datum angegeben, handelt es sich um Angaben der frühesten und spätesten ermittelten Zeiten, da anhand des Bestandes die genauen Daten (z. T. auch Vornamen) nicht bzw. nicht unter angemessenem Zeitaufwand ermittelt werden konnten. Die Namensliste beansprucht keine Vollständigkeit, da anzunehmen ist, dass in den vakanten Funktionszeiträumen weitere Amtsleiter amtierten. Funktionszeiträume, in denen Leiter nur kommissarisch amtierten, wurden in die Liste nicht aufgenommen. Der angegebene Dienstgrad ist der jeweils letzte vor dem Ausscheiden. Die Dienstgradbezeichnungen in der DVP wurden auf Befehl des MdI ab Mai 1990 entmilitarisiert. Amtsleiter Schmidt wurde dadurch VP-Oberrat, dies entsprach dem Oberstleutnant der VP. Ab Oktober 1990 fiel der Zusatz "VP-" in allen Dienstgradbezeichnung weg, stattdessen wurden die Amtsbezeichnungen für Polizeibeamte der BRD übernommen.
[05] Zur Struktur des VPKA Oschatz im Jahre 1968 siehe unten nach S. V, Anlage. Die Aufgaben der einzelnen Bereiche werden in der Einleitung des Bestandes 22229 VPKA Altenburg näher erläutert.
[06] Vgl. Einleitung zum Bestand 20250 BDVP Leipzig. Die Akten wurden in der Altregistratur der BDVP Leipzig nach dem Pertinenzprinzip und ohne Beachtung der beiden verschiedenen Provenienzen BDVP Leipzig und VPKA Oschatz formiert.
[07] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449).
Leitung und Organisation.- Kampfgruppen, Karteikarten von Kampfgruppenangehörigen.- Personalakten.- Stabschef (u. a. Rapporte und Lagefilme).- Stellvertreter für Politische Arbeit.- Schutzpolizei.- Verkehrspolizei.- Kriminalpolizei.- Untersuchungshaftanstalt, Gefangenenakten.- SED-Grundorganisation.- Sammlungen (Chroniken von Kampfgruppeneinheiten, Druckschriften).
Auf der Grundlage des Befehls Nr. 53/52 der Hauptverwaltung der DVP vom 23. Juli 1952 wurden anstelle der bisherigen Landesbehörden der DVP 14 Bezirksbehörden der DVP (BDVP) gebildet. Diesen unmittelbar nachgeordnet waren 217 Volkspolizeikreisämter als Dienststellen des Ministeriums des Innern. Das aus dem Kreispolizeiamt (KPA) Oschatz gebildete und bereits seit Ende 1949 so bezeichnete Volkspolizeikreisamt (VPKA) Oschatz war der BDVP Leipzig unmittelbar nachgeordnet und für die Organisation und Durchführung der konkreten polizeilichen Arbeit im Kreis Oschatz zuständig. Das VPKA Oschatz gliederte sich nach Stabs- und Fachabteilungen. Der Dienststelle nachgeordnet waren Reviere, Gruppenposten und Betriebsschutzkommandos. Dem VPKA angegliedert war die Untersuchungshaftanstalt (geschlossen 1962). Im Oktober 1990 wurde das VPKA Oschatz in Kreisamt der Polizei Oschatz umbenannt und der neuen Bezirkspolizeibehörde Leipzig unterstellt.
  • 2019 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang