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Beständeübersicht

Bestand

22241 Volkspolizeikreisamt Wurzen mit Untersuchungshaftanstalt

Datierung(1928) 1946 - 1990
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)4,76

Bestand enthält auch 57 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Zur Geschichte des Volkspolizeikreisamtes Wurzen mit Untersuchungshaftanstalt

Nachdem auf der 2. Parteikonferenz der SED im Juli 1952 der "planmäßige Aufbau des Sozialismus" in der DDR und die Durchführung einer Verwaltungsreform beschlossen worden waren, wurde kraft "Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR"[01] vom 23. Juli 1952 das föderale Prinzip zugunsten des zentralistischen aufgegeben. Die fünf Länder wurden im Zuge einer Gebietsreform abgeschafft, an ihre Stelle traten 14 Bezirke. Die Aufgaben der Landesregierungen und Landtage gingen kraft "Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Bezirke" [02] vom 24. Juli 1952 auf die zuständigen Bezirke über.

Auf der Grundlage des Befehls Nr. 53/52 der Hauptverwaltung der DVP vom 23. Juli 1952 wurden, dem neuen Staatsaufbau entsprechend, anstelle der bisherigen Landesbehörden der DVP 14 Bezirksbehörden der DVP (BDVP) gebildet. Diesen unmittelbar nachgeordnet waren 217 Volkspolizeikreisämter als Dienststellen des Ministeriums des Innern. Das Volkspolizeikreisamt (VPKA) Wurzen war der BDVP Leipzig unmittelbar nachgeordnet und ab August 1952 für die Organisation und Durchführung der konkreten polizeilichen Arbeit im neu gegründeten Kreis Wurzen zuständig.

Dem VPKA angegliedert war die Untersuchungshaftanstalt (UHA). Aufgrund gesunkener Häftlingszahlen im Vergleich zur Zahl der VP-Angehörigen und dem dabei bestehenden Widerspruch zum Befehl 1/61 des Leiters der Hauptverwaltung der DVP (rentabler Einsatz der Kräfte etc.) und dem 12. Plenum des ZK der SED wurden die UHA Wurzen und zugleich die UHA Torgau auf Grundlage der Dienstanweisung Nr. 17/60 des Chefs der BDVP Leipzig Mitte 1961 geschlossen. Die männlichen Untersuchungsgefangenen wurden in der UHA Oschatz, die weiblichen in der Strafvollzugsanstalt Leipzig untergebracht. Die Schließung sollte "eine allgemeine Verbesserung der Arbeit aller beteiligten Organe, insbesondere in der Sicherung des Ermittlungsverfahrens und damit auch in der Rechtsfindung"[03] ermöglichen.

Leiter des VPKA (ab Oktober 1990 KPA) Wurzen waren u. a.:[04]

Apelt, Alfred, Major der VP (1. August 1952 bis mindestens Juli 1960)

Schwerdtfeger, Emil, Major der VP (1. November 1960 bis 31. März 1967)

Schirmer, Horst, Oberstleutnant der VP (1. April 1967 bis 28. Februar 1982)

Volkmer, Günter, Polizeioberrat (1. Mai 1982 bis 31. Dezember 1990)

Das VPKA Wurzen gliederte sich nach Stabs- und Fachabteilungen. Der Dienststelle nachgeordnet waren Reviere, Gruppenposten und Betriebsschutzkommandos.[05]

Im Oktober 1990 wurde das VPKA Wurzen in Kreisamt der Polizei Wurzen umbenannt und der neuen Bezirkspolizeibehörde Leipzig unterstellt.


Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Die Übernahme der Unterlagen erfolgte nach 1990 in mehreren Etappen. 11 Akten vom Bundesminister des Innern, Außenstelle Berlin, wurden dem Bestand VPKA Wurzen mit UHA zugeordnet.[06] Im Jahre 1999 erfolgte zudem die Übergabe der Sicherungsfilme dieser Akten vom Bundesarchiv, Abt. DDR. Die Verzeichnung erfolgte im Jahre 2012. Im Jahre 2018 wurden 18 Personalakten aus dem Bestand 22125 Polizeidirektion Leipzig herausgelöst, dem Bestand VPKA Wurzen mit UHA zugeordnet und verzeichnet. 2019 erfolgte die Erschließung und Bewertung der übrigen Unterlagen im Umfang von 7,96 lfm, von denen ein Teil als kassabel bewertet wurde. Die Verzeichnung in AUGIAS erfolgte auf Grundlage der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs. Bei Personalakten ist der jeweils letzte Dienstgrad jeder Person bei Ausscheiden aus dem Dienst angegeben.

Von den 396 Gefangenenakten wurden rund 18 % als archivwürdig bewertet und verzeichnet. Hierbei orientierte sich die Auswahl vor allem an den Kriterien Deliktart, Strafmaß sowie Vorhandensein und Umfang der Urteilsbegründung. Von beinahe jeder Deliktart wurde mindestens ein Vorgang archiviert.


Überlieferungsschwerpunkte

Rapporte und Lagefilme sind für den Zeitraum 1963-1983 in großer Zahl, aber unvollständig überliefert. Sie enthalten Informationen über Straftaten (z. T. unter Nennung von Straftätern, Zeugen und/oder Geschädigten) und Unglücksfälle in der Stadt und im Kreis Wurzen und sind aus sozialgeschichtlicher Perspektive von Interesse.

Vorhanden sind insgesamt 70 Gefangenenakten der Untersuchungshaftanstalt Wurzen für den Zeitraum 1952-1960. Die Straftäter wurden sowohl für politische als auch sonstige kriminelle Vergehen und Verbrechen verurteilt, darunter Staatsverleumdung, Vergehen nach § 6 der Verfassung der DDR, Kontrollratsdirektive Nr. 38, Amtsunterschlagung, "Unzucht mit Kindern" (Kindesmissbrauch), Diebstahl, Körperverletzung und Wirtschaftsverbrechen. Die Urteile dokumentieren die Härte der Strafmaßzuweisungen insbesondere für politische und Wirtschaftsverbrechen in der Nachkriegszeit. Für sozialgeschichtliche Fragestellungen interessant sind auch Verurteilungen wegen versuchten ungesetzlichen Verlassens der DDR ("Republikflucht").


Hinweise für die Benutzung

Bei der Bestellung von Archivgut müssen in jedem Fall die Bestandssignatur 22241 und die Aktenbestellnummer sowie, falls vorhanden, die Filmnummer angegeben werden.

Für die Einsichtnahme sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Dabei gelten die im § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Sächsischen Archivgesetzes[07] festgelegten Schutzfristen. Aktentitel mit personenbezogenen Daten und laufenden Schutzfristen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SächsArchivG sind in der Online-Version des Findbuchs nicht einsehbar.


Verweise auf korrespondierende Bestände

20250 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Leipzig


Quellen und Literatur

Behördengeschichtliche Einführung zum Findbuch des Bestandes Nr. 24 des Ministeriums der Innern – Bezirksbehörde Deutsche Volkspolizei – 1952 bis 1960 vom 19.01.1983 (Bestandsakte).

Behördengeschichtliche Einführung zum Findbuch des Bestandes Nr. 24 des Ministeriums der Innern – Bezirksbehörde Deutsche Volkspolizei – 1961 bis 1975 vom 08.09.1988 (Bestandsakte).

Gesetzblatt der DDR, 1952, Nr. 99 und 101.

Geschichte der Deutschen Volkspolizei, Band 1-2, hrsg. v. Ministerium des Innern, VEB Verlag der Wissenschaften Berlin, 1987.

Schulze, Dieter: Das große Buch der Deutschen Volkspolizei. Geschichte – Aufgaben –Uniformen, Verlag Das Neue Berlin, Verlagsgesellschaft mbH, Berlin 2006.



Andreas Nebelung

November 2019



Abkürzungsverzeichnis


Abs.Absatz
Abt.Abteilung
ABVAbschnittsbevollmächtigte/r
Art.Artikel
Bde.Bände
BDVPBezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei
BRDBundesrepublik Deutschland
DDRDeutsche Demokratische Republik
DTSBDeutscher Turn- und Sportbund
DVPDeutsche Volkspolizei
FDJFreie Deutsche Jugend
GBl.Gesetzblatt
JGGJugendgerichtsgesetz
KfzKraftfahrzeug
lfmlaufende Meter
LPGLandwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft
NVANationale Volksarmee
PGHProduktionsgenossenschaft des Handwerks
PrStopVOVerordnung über das Verbot von Preiserhöhungen – Preisstopverordnung
PrStVOVerordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften – Preisstrafrechtsverordnung
SächsArchivGSächsisches Archivgesetz
SächsGVBl.Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt
SächsStASächsisches Staatsarchiv
SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands
SGSportgemeinschaft
SMADSowjetische Militäradministration in Deutschland
StA-LStaatsarchiv Leipzig
StEGStrafrechtsergänzungsgesetz
StGBStrafgesetzbuch
StPOStrafprozessordnung
StrVOStraßenverkehrs-Ordnung
StrVZOStraßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
VEB Volkseigener Betrieb
VESchGGesetz zum Schutze des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums – Volkseigentumsschutzgesetz
VPVolkspolizei
VPKA Volkspolizeikreisamt
WStVOVerordnung über die Bestrafung von Verstößen gegen die Wirtschaftsordnung – Wirtschaftsstrafverordnung
Ziff.Ziffer





[01] GBl. der DDR, 1952, Nr. 99, S.613ff.
[02] GBl. der DDR, 1952, Nr. 101, S. 621ff.
[03] SächsStA, StA-L, 20250 BDVP Leipzig, Nr. 626, Bl. 15f. Aufgrund der Dienstanweisung Nr. 11/62 des Chefs der BDVP Leipzig erfolgte 1962 auch die Schließung der UHA Borna, Döbeln und Oschatz und die Verlegung der Gefangenen in die Strafvollzugsanstalt Leipzig.
[04] Das taggenaue Ende der Funktionszeit des Amtsleiters Apelt konnte anhand des Bestandes nicht ermittelt werden. Funktionszeiträume, in denen Leiter nur kommissarisch amtierten (etwa zwischen September 1987 und Juli 1988), wurden in die Liste nicht aufgenommen. Der angegebene Dienstgrad ist der jeweils letzte vor dem Ausscheiden. Die Dienstgradbezeichnungen in der DVP wurden auf Befehl des Ministeriums des Innern ab Mai 1990 entmilitarisiert. Amtsleiter und Oberstleutnant der VP Volkmer wurde dadurch VP-Oberrat. Ab Oktober 1990 fiel der Zusatz "VP-" in allen Dienstgradbezeichnung weg, stattdessen wurden die Amtsbezeichnungen für Polizeibeamte der BRD übernommen.
[05] Zur Struktur des VPKA Wurzen um 1964 siehe unten die Anlage nach S. V (SächsStA, StA-L, 20250 BDVP Leipzig, Nr.292, Bl.271). Die Aufgaben der einzelnen Bereiche werden in der Einleitung des Bestandes 22229 VPKA Altenburg näher erläutert.
[06] Vgl. Einleitung zum Bestand 20250 BDVP Leipzig. Die Akten wurden in der Altregistratur der BDVP Leipzig nach dem Pertinenzprinzip und ohne Beachtung der beiden verschiedenen Provenienzen BDVP Leipzig und VPKA Wurzen formiert.
[07] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449).
Leiter des VPA.- Arbeitsplanung.- Kampfgruppen.- Kader mit Personalakten.- Stabschef mit Rapporten und Lagefilmen sowie Feuerwehr.- Stellvertreter für Politische Arbeit.- Schutzpolizei mit Erlaubniswesen.- Verkehrspolizei.- Kriminalpolizei.- Untersuchungshaftanstalt.
Auf der Grundlage des Befehls Nr. 53/52 der Hauptverwaltung der DVP vom 23. Juli 1952 wurden, dem neuen Staatsaufbau entsprechend, anstelle der bisherigen Landesbehörden der DVP 14 Bezirksbehörden der DVP (BDVP) gebildet. Diesen unmittelbar nachgeordnet waren 217 Volkspolizeikreisämter als Dienststellen des Ministeriums des Innern. Das Volkspolizeikreisamt (VPKA) Wurzen war der BDVP Leipzig unmittelbar nachgeordnet und ab August 1952 für die Organisation und Durchführung der konkreten polizeilichen Arbeit im neu gegründeten Kreis Wurzen zuständig. Dem VPKA angegliedert war die Untersuchungshaftanstalt (UHA). Diese wurde Mitte 1961 auf Grundlage der Dienstanweisung Nr. 17/60 des Chefs der BDVP Leipzig geschlossen. Das VPKA Wurzen gliederte sich nach Stabs- und Fachabteilungen. Der Dienststelle nachgeordnet waren Reviere, Gruppenposten und Betriebsschutzkommandos. Im Oktober 1990 wurde das VPKA Wurzen in Kreisamt der Polizei Wurzen umbenannt und der neuen Bezirkspolizeibehörde Leipzig unterstellt.
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