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Beständeübersicht

Bestand

32706 Volkspolizeikreisamt Werdau

Datierung1959 - 1992
Benutzung im Staatsarchiv Chemnitz
Umfang (nur lfm)13,49
1. Geschichte des Volkspolizeikreisamtes Werdau
Bereits im Mai 1945 wurden mit Zustimmung der Sowjetischen Militäradministration erste Anweisungen zum Aufbau von Polizeikräften erteilt.
Das offizielle Gründungsdatum wurde administrativ auf den 1. Juli 1945 festgeschrieben. Es basierte auf einer Weisung des Präsidenten der Deutschen Verwaltung des Innern vom 12. Mai 1949[01], die später durch eine Verordnung des Ministerrats der DDR vom 28. Mai 1954 bestätigt wurde.[02]
Ein "Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei" (VPG) wurde erst am 11. Juni 1968 erlassen[03]. Bis dahin stützte man sich zur Regelung polizeilicher Belange vor allem auf das preußische Polizeiverwaltungsgesetz vom 1. Juni 1931[04] und auf verschiedene SMAD-Befehle und Direktiven des "Alliierten Kontrollrates" zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit.[05]
Darüber hinaus wurden bis zur Bildung der Nationalen Volksarmee und des Ministeriums für Nationale Verteidigung alle Waffen tragenden Verbände unter dem Begriff "Deutsche Volkspolizei" subsumiert.
Einheiten der Schutz-, Kriminal- und Ordnungspolizei unterstanden in der sowjetischen Besatzungszone bis 1948 den Landes- und Provinzialbehörden.
Ab Juli 1948 wurde die polizeiliche Organisationsstruktur zentralisiert, indem die Landespolizeibehörden der im Juni 1946 gebildeten "Deutschen Verwaltung des Innern" unterstellt wurden.
Mit Gründung der DDR kam die "Deutsche Verwaltung des Innern" in die Zuständigkeit des Innenministeriums.
Für die Leitung der eigentlichen Polizeikräfte wurde innerhalb des Ministeriums nun eine "Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei" (HVDVP) eingerichtet, der bis 1952 die Landespolizeibehörden – für das Land Sachsen mit Dienstsitz in Dresden – unterstanden.
Mit der Auflösung der Länder und der Bildung der Bezirke wurde 1952 auch die Polizei umorganisiert; es wurden 14 Bezirksbehörden (BdVP) gebildet, denen in den Kreisen die Volkspolizeikreisämter (VPKÄ) unterstanden – für den Kreis Werdau das Volkspolizeikreisamt Werdau. Diese VPKÄ waren wiederum vorgesetzte Dienststellen für die VP-Reviere.
Durch verschiedene Veränderungen in der Organisationsstruktur der sog. "Bewaffneten Organe" verblieben ab 1961 beim Ministerium des Innern nur noch die Kompetenzen für rein polizeiliche Aufgaben.
Demzufolge oblag der Deutschen Volkspolizei ab diesem Zeitpunkt im Rahmen ihrer territorialen und rechtlichen Zuständigkeit allgemein die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Dazu zählten insbesondere die Vorbeugung gegen Straftaten, Verfehlungen und Ordnungswidrigkeiten sowie deren Aufdeckung, Untersuchung und Aufklärung.
Im Rahmen ihres politischen Auftrags hatte sie ihren Dienst "zur allseitigen Stärkung und zum zuverlässigen Schutz der Arbeiter- und Bauernmacht" zu versehen. Damit wurde ihr auch eine Verantwortung für die weitere Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft zugewiesen. Sie hatte darauf hinzuwirken, dass sich die sozialistische Gesellschaft ungestört entfalten konnte.
Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sollte die Polizei als "Polizei des Volkes" in Erscheinung treten. Dabei nahmen die Abschnittsbevollmächtigten (ABV), die Angehörige der Schutzpolizei waren und den Leitern der Polizeireviere unterstanden ab 1952/53 eine besondere Rolle ein. Ihnen oblag u.a. die Kontrolle der Hausbücher in einem festgelegten Wohnbereich (Abschnitt), wodurch sie die Einwohner ihres Zuständigkeitsbereiches recht gut kannten und sie wiederum in der Bevölkerung bekannt waren. Wenn es darum ging, Störungen der öffentlichen Ordnung anzuzeigen, waren sie die ersten Ansprechpartner. Die Abschnittsbevollmächtigten waren außerdem damit betraut, Personenkontrollberichte über zugezogene Personen aus Westdeutschland und Westberlin sowie die von dort zurückgekehrten Personen zu erarbeiten. Auf deren Grundlage wurden von der "Kommission für Rückkehrer und Zuziehende" (beim Volkspolizeikreisamt) und unter Mitwirkung der zuständigen Kreisdienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) weitere Kontrollmaßnahmen festgelegt bzw. die Kontrolle eingestellt.
Die Polizei war ferner also auch ein Instrument und eine Hilfsorganisation des MfS.
Seit 1952 gab es "Freiwillige Helfer der Deutschen Volkspolizei", zu denen u.a. auch die Kameraden der "Freiwilligen Feuerwehren", Mitglieder der "Kollektive für Verkehrssicherheit" und die "Jungen Brandschutzhelfer" gehörten.
Im Zuge des Demokratisierungsprozesses nach der politischen Wende 1990 bemühte man sich, der Polizei den Charakter einer zivilen Einrichtung zu geben. So wurden mit dem 1. Mai 1990 die in den Länderpolizeien der Bundesrepublik üblichen Dienstgrade eingeführt.
Weitere Änderungen brachte das am 13. September 1990 von der Volkskammer der DDR verabschiedete "Gesetz über die Aufgaben der Polizei"[06], das so lange galt, bis die später neu gebildeten Länder auf der Grundlage entsprechender Landesgesetze eigene Polizeibehörden eingerichtet hatten.
Die Aufgaben der Volkspolizeikreisämter übernahmen nun die Polizeidirektionen.

Das Volkspolizeikreisamt Werdau gliederte sich neben den Querschnittsbereichen, wie Chef des VPKA und Stab, in folgende Bereiche: Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Verkehrspolizei, Pass- und Meldewesen, Transportpolizei und Bereitschaftspolizei. Die Aufgaben des Volkspolizeikreisamtes Werdau gingen ab 1990 auf die Polizeidirektion Zwickau über.
Oberstleutnant der VP Erich Arzt leitete zwischen dem 1. September 1958 und 31. Dezember 1975 das Volkspolizeikreisamt Werdau.


2. Bestandsgeschichte
Die im April 1994 von der Polizeidirektion Zwickau angebotenen Unterlagen des VPKA Werdau (lfd. Nr. 1 - 184) wurden im Mai 1997 durch die zuständige Mitarbeiterin des StAC bewertet. Das Anbietungsverzeichnis enthielt jedoch lediglich die im Verwaltungsarchiv als archivwürdig gekennzeichneten Akten. Die archivwürdig bewerteten Akten (ca. 16,35 lfm) wurden 1998 dem Staatsarchiv Chemnitz übergeben. Der Vergleich mit dem Ablieferungsverzeichnis ergab, dass die mit "A" bewerteten Unterlagen nicht vollständig abgegeben wurden. Da die Zuordnung der auf dem Abgabeverzeichnis erfassten Aktentitel zu den Signaturen größtenteils nicht möglich war, erfolgte eine völlige Neuverzeichnung des Bestandes VPKA Werdau.
Als Grundlage für die Aktenbildung beim VPKA Werdau diente der Aktenplan des Ministerium des Innern vom 1. Januar 1979.

Durch die Einwirkung von Feuchtigkeit sind bei einigen Akten bereits (geringe) Informationsverluste infolge Papierzerfall aufgetreten.
Die Begasung des gesamten Bestandes erfolgte als bestandserhaltende Maßnahme im Zeitraum von November 1999 bis Anfang 2000 durch eine vom Staatsarchiv Chemnitz beauftragte Firma. Anschließend wurden die Akten im Staatsarchiv Chemnitz gereinigt.


3. Bestandsanalyse
In der Überlieferung des VPKA Werdau sind ausschließlich Unterlagen folgender Abteilungen und Bereiche enthalten: Organisation, Information/ODH, Kriminalpolizei, Pass- und Meldewesen, Kampfgruppen, Versorgungsdienste/Bewaffnung. Dabei handelt es sich vor allem um Strafanzeigen/Anzeigentagebücher, nach StPO eingestellte Ermittlungsverfahren, Lagefilme und Rapporte hauptsächlich der 1970er bis 1990er Jahre. Darüber hinaus sind in geringem Umfang Namenslisten zu Personen, die die DDR von 1974 - 1978 illegal oder legal verlassen haben, Mitteilungen für die Kreismeldekartei sowie "Anträge auf die Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen zur Eheschließung mit Ausländern" überliefert.
Die oben aufgeführten Unterlagen enthalten ausnahmslos personenbezogene Daten.

Es ist davon auszugehen, dass größere Überlieferungslücken vorhanden sind, da nur von einigen Bereichen bzw. Abteilungen Unterlagen überliefert sind. Auch die Tatsache, dass der Hauptanteil der Überlieferung in den 1970er und 1980er Jahren liegt, legt diesen Schluss nahe.

Diese Überlieferungslücken sind z.T. anhand der Überlieferung der BdVP Karl-Marx-Stadt und durch Informationen, die in den Überlieferungen des Stellvertreters des Vorsitzenden für Inneres sowie Abt. Innere Angelegenheiten/Ref. Personenstandswesen/Genehmigungen im Bestand Bezirkstag/Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt enthalten sind, kompensierbar.

An dieser Stelle soll auch auf die Überlieferung des Ministeriums für Staatssicherheit/Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt und Kreisdienststellen des MfS verwiesen werden. Diese Quellen werden heute im Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR/Bezirk Karl-Marx-Stadt verwahrt und weisen mit großer Wahrscheinlichkeit Verbindungen zu den beim VPKA Werdau entstandenen Unterlagen auf.

Der Bestand VPKA Werdau bietet vor allem Auswertungsmöglichkeiten hinsichtlich der Hintergründe der Kriminalität sowie zur Kriminalitätsentwicklung in der DDR, hauptsächlich in den 1960er - 1990er Jahren. Sie erlaubt Einblicke in die Arbeits- und Wirkungsweise der Polizei in verschiedenen Struktureinheiten (Abteilungen). In Einzelfällen sind auch Informationen und Nachweise zum Personenstandswesen überliefert.

4. Literatur- und Quellenhinweise
- Autorenkollektiv, "Geschichte der Deutschen Volkspolizei", Hrsg.: Ministerium des Innern – Berlin: Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1987

- Marquardt, Bernhard, "Menschenrechtsverletzungen durch die Deutsche Volkspolizei", in: Materialien der Enquete-Kommission, Bd. 4

- Innere Verwaltung/Deutsche Verwaltung des Innern (DVdI), in: SBZ-Handbuch 1945 - 1949, i.A. des Arbeitsbereichs Geschichte und Politik der DDR an der Universität Mannheim und dem Institut für Zeitgeschichte München, hrsg. von M. Broszat und H. Weber mit Beiträgen von G. Braas, München: Oldenburg, 1990, 2. unveränd. Aufl. 1993

- So funktionierte die DDR, Bd. 1, Hrsg.: Rowohlt Taschenbuchverlag GmbH, Reinbeck bei Hamburg, November 1994,

- Lexikon des DDR-Sozialismus, hrsg. im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung von: H. - J. Veen, P.R. Weilemann, Paderborn, München, Wien, Zürich, 1996

- Die Bestände des Sächsischen Hauptstaatsarchivs und seiner Außenstellen Bautzen, Chemnitz und Freiberg, Hrsg.: Sächsisches Hauptstaatsarchiv, erschienen im Leipziger Universitätsverlag GmbH, Leipzig, 1994


Gesetzliche Grundlagen/Auswahl:
- Meldeordnung der DDR vom 06.09.1951, GBl. I, Nr.110/1951 und spätere Durchführungsbestimmungen dazu

- Verordnung und 1. Durchführungsbestimmung über die in das Gebiet der DDR und den demokratischen Sektor von Groß-Berlin zurückkehrenden Personen vom 11.06.1953, GBl. I, Nr. 78/1953

- Verordnung über den Aufenthalt von Ausländern im Gebiet der DDR vom 14.12.1956, GBl. I, Nr.1/1957

- Verordnung über das Meldewesen in der DDR – Meldeordnung – vom 15.07.1965, GBl. II, Nr. 109/1965 und Neufassung dazu vom 10.06.1981

- Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei vom 11.06.1968, GBl. I, Nr. 11 vom 14.06.1968

- Gesetz über die Gewährung des Aufenthalts für Ausländer in der DDR – Ausländergesetz – vom 28.06.1979, GBl. I, Nr. 17/1979

- Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei vom 13.09.1990, GBl. I, Nr.61/1990.


Inhaltlich ergänzende Quellen im StAC:
- "Die Volkspolizei"/"Die Volkspolizei – die Zeitschrift für das gesamte Polizeiwesen", StAC, Bestand 30413 Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt/Abt. Innere Angelegenheiten

- "Unser Brandschutz" 1975 - 1981, ebd.

- "Straßenverkehr" (unvollständig überliefert), ebd.

- "Mitteilungsblätter der Freiwilligen Feuerwehr", 1974 - 1985, ebd.

- Brandstatistiken, Verkehrs- und Brandschutzanalysen, ebd.

- Karteikarten Rückkehrer und Zuziehende 1988 - 1990, ebd., Nr. 150312

- Registrierbuch für Rückkehrer und Zuziehende 1966 - 1986, ebd., Nr. 150313

- "Informationsdienst Deutsche Aussiedler", 1990, ebd., Nr. 150329

- "Deutsche Aussiedler 10 Fragen – 10 Antworten", 1990, ebd., Nr. 150329

- StAC, Bestand 30451 Volkspolizeikreisamt Hohenstein-Ernstthal/Abt. Finanzen/Ref. staatlich und treuhänderisch verwaltetes Eigentum


Quellen in anderen Archiven:
- "Die Volkspolizei"/"Die Volkspolizei – die Zeitschrift für das gesamte Polizeiwesen", erschienen von 1948 - 1990 (in der Überlieferung des Ministeriums des Innern und der HVDVP im Bundesarchiv/Außenstelle Berlin, 1977 - 1982)


Hinweise auf andere Archive:
- Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR/Bezirk Karl-Marx-Stadt

- Bundesarchiv/Außenstelle Berlin


5. Abkürzungen
Abt.|-----|Abteilung
ABV|-----|Abschnittsbevollmächtigter
AG|-----|Ausreisegenehmigung
AK|-----|allgemeine Kriminalität
ALV|-----|Ablieferungsverzeichnis(se)
Az|-----|Aktenzeichen
Bd./Bde|-----|Band/Bände
BDVP|-----|Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei
BS Kdo DVP|-----|Betriebsschutz Kommando Deutsche Volkspolizei
DDR|-----|Deutsche Demokratische Republik
DV|-----|Dienstvorschrift
E-Bericht|-----|Ermittlungsbericht
EV|-----|Ermittlungsverfahren
HVDVP|-----|Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei
KD des MfS|-----|Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit
KFZ|-----|Kraftfahrzeug
lfm|-----|laufende Meter
KMSt|-----|Karl-Marx-Stadt
MdI|-----|Ministerium des Innern
MfS|-----|Ministerium für Staatssicherheit
ODH|-----|operativer Diensthabender
OSV|-----|Ordnungsstrafverfahren
PA|-----|Personalausweis
PM|-----|Pass- und Meldewesen
R|-----|Rückkehrer (-in)
SE|-----|sozialistisches Eigentum
SMAD|-----|Sowjetische Militäradministration
StAC|-----|Sächsisches Staatsarchiv Chemnitz
StPO|-----|Strafprozessordnung
VP|-----|Volkspolizei
VP Hptw.|-----|VP-Hauptwachtmeister
VPG|-----|Volkspolizeigesetz
VPGP|-----|Volkspolizei Gebietspolizei
VPKA/VPKÄ|-----|Volkspolizeikreisamt/-ämter
WD|-----|Westdeutschland
Z|-----|Zuzug




[01] So funktionierte die DDR, Bd. 1, Hrsg.: Rowohlt Taschenbuchverlag GmbH, Reinbeck bei Hamburg, Nov. 1994
[02] ebd.
[03] Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei vom 11.06.1968, GBl. I, Nr. 11 vom 14.06.1968
[04] So funktionierte die DDR, Bd. 1, Hrsg.: Rowohlt Taschenbuchverlag GmbH, Reinbeck bei Hamburg, Nov. 1994
[05] ebd.
[06] Gesetz über die Aufgaben der Polizei, GBl. I, Nr. 61 vom 19.09.1990
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