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Beständeübersicht

Bestand

20700 Lackfabrik Hermann Frenkel, Mölkau

Datierung1928 - 1946
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,95
Zur Geschichte der Lackfabrik Hermann Frenkel

Am 18. August 1868 gründeten Gustav Hermann Frenkel und Wilhelm Alex Galleh die Doppelfirma Frenkel & Galleh im Leipziger Stadtteil Gohlis. [01] Das Firmengelände in der Herlaßsohnstraße umfasste ein Areal von 1500 m². Das neu gegründete Unternehmen entwickelte sich rasant weiter, sodass das Unternehmen bereits 1872 expandierte und zusätzlich Lagerräume an Nord- und Ostsee genutzt wurden. Im gleichen Jahr wurde die Firma allein auf Gustav Hermann Frenkel übertragen. [02]
Die Lackfabrik Hermann Frenkel wuchs in den 1880er Jahren weiter, sodass im April 1880 Kontor und Stadtlager auf ein eigenes Grundstück in der Leibnizstraße 7 verlegt wurden. Mitte der 1890er Jahre stieg Gustav Hermann Frenkels erstgeborener Sohn Carl Hermann Frenkel in die Geschäfte der Firma ein. Aufgrund gesundheitlicher Probleme des Seniors folgte auch dessen zweiter Sohn Erich Walter Frenkel 1897 dem Beispiel seines Bruders. Jedoch wurden beide Söhne erst 1907, aufgrund der zunehmenden gesundheitlichen Beschwerden des Vaters, Teilhaber der Lackfabrik Hermann Frenkel.
Bis 1906 konzentrierte sich die Firma hauptsächlich auf die Herstellung von Öllacken, Sikkativen und Asphaltlacken. Emaillenlacke wurden bis dahin noch nicht im größeren Ausmaß produziert. Aufgrund der industriellen Weiterentwicklung von verschiedenen Verfahrenstechniken bestand ab 1906/07 ein hoher Bedarf an Emaillen, die besonders für Spritzzwecke geeignet sein sollten. Der Frenkelschen Lackfabrik gelang es, eine Emaille mit genau den benötigten Eigenschaften zu entwickeln; sie konnte dadurch auch größere Mengen nach Frankreich exportieren. Gustav Hermann Frenkel verstarb 1910, ab diesem Zeitpunkt übernahmen seine beiden Söhne die Geschäftsleitung. Das Unternehmen war erfolgreich und expandierte weiter. Nach einer zweijährigen Bauphase konnte 1912 das neue Werk in Mölkau, an der Peripherie Leipzigs, bezogen werden. Die Lackfabrik Hermann Frenkel beschäftigte nun 120 Angestellte und Arbeiter auf dem neuen 53.000 m² großen Firmengelände.
Carl Hermann Frenkel verstarb 1914 kurz nach Ausbruch des ersten Weltkrieges an der Westfront. Daraufhin führte sein Bruder Erich Walter Frenkel die Geschäfte allein weiter. Während des Krieges waren die Rohstoffe knapp geworden, sodass die Frenkelsche Entwicklung einer ölfreien, auf schwedischem Holzteer basierenden Farbe ein weiterer Erfolg für die Firma wurde. Für die Unternehmensgeschichte am bedeutendsten war die 1923 entwickelte, die Anstrichtechnik revolutionierende Erfindung der Faktorfarben. Diese bestanden aus geblasenem und faktisiertem Öl, woraufhin eine neuartige sogenannte "Naß auf Naß" Anstrichmethode möglich wurde. Die Lackfabrik Frenkel stellte in dieser Zeit fast ausschließlich Farbe und Anstrichmittel für die Industrie, vorzugsweise für die Deutsche Reichsbahn her. Der Produktionsumfang für die Holz verarbeitende Industrie war sehr gering. Spezialität blieb seit der Gründung die Herstellung von Elektroisolier-Lacken.
Von Beginn des zweiten Weltkrieges 1939 wurde das Unternehmen in zunehmendem Maße mit Auflagen zur Belieferung der Rüstungsindustrie belegt. Während der Kriegsjahre beschäftigte die Lackfabrik Hermann Frenkel durchschnittlich 250 Arbeiter. Darunter waren neben 75 Angestellten auch zahlreiche Zwangsarbeiter. Ein Bombenangriff im Oktober 1943 fügte erstmalig der Fabrik wesentliche Teilschäden zu. Zwei weitere folgten, ohne jedoch die Produktion gänzlich zum Erliegen zu bringen. Am 10. April 1945 zerstörte jedoch ein dritter Bombenangriff das Unternehmen zu 85%.
Im November 1945 wurde der Betrieb Hermann Frenkel auf Grundlage des Befehls Nr. 124 der SMA einer kommissarischen Verwaltung übergeben. Nachdem die Entnazifizierung des Unternehmens 1947 stattgefunden hatte und die Alliierten Siegermächte es als erwiesen ansahen, dass die Lackfabrik nicht unwesentlich mit dem Nazi-Regime korrespondierte beziehungsweise für den Krieg produzierte, erfolgte die Enteignung. Mit dem Befehl Nr. 64 des Obersten Chefs der SMAD wurde diese am 17. April 1948 bestätigt und zum 1. Juli 1948 rechtskräftig. Der nunmehr in Volkseigentum übergegangene Betrieb wurde unter der Bezeichnung "Lackfabrik Mölkau Volkseigene Betriebe Sachsens, I. V. Chemie, Mölkau" weitergeführt.


Bestandsgeschichte und -bearbeitung

1980 wurden 27 Akten (Nr. 1-27) im Verwaltungsarchiv des VEB Farben- und Lackfabrik Leipzig durch den Verwaltungsarchivar Herrn Koll bearbeitet, eine Findkartei erstellt und Akten und Findkartei an das Staatsarchiv Leipzig übergeben. Im Jahr 2002 wurden im Bestand 20717 VEB Farben- und Lackfabrik Leipzig weitere 18 Akten der Provenienz Lackfabrik Hermann Frenkel, Mölkau ermittelt und durch Herrn Dr. T. Handke dem korrekten Bestand zugeordnet (Signaturen Nr. 28-45); die alten Archivsignaturen sind mit ausgewiesen. Im Anschluss an eine Retrokonversion der Findkartei durch den Praktikanten Carsten Wagner erfolgte eine erweiterte Verzeichnung von Teilen des Bestandes durch den Praktikanten Peter Hinz, dabei wurde die bisherige Nr. 2 aufgeteilt, die Nummern 46-53 wurden bei der präziseren Ordnung und Verzeichnung neu vergeben.


Überlieferungsschwerpunkte

Es befinden sich mehrere chronologisch aufeinanderfolgende Memoriale (Vorbücher der doppelten Buchführung) und dazu gehörige Hauptbilanzen mit internen Rohbilanzen in der Überlieferung. Zahlreiche Abschreibungskarten und Inventarlisten ermöglichen einen guten Einblick in die technische Ausstattung des Unternehmens. Der Überlieferungsschwerpunkt liegt jedoch auf den unterschiedlichen Farbrezepten und Analyse- und Versuchsbüchern.


Hinweise für die Benutzung

Die Rezepte sind teilweise mit Schlauchheftung übernommen und in dieser Ordnung belassen worden.


Verweise auf korrespondierende Bestände

Zur Lackfabrik Hermann Frenkel, Mölkau gibt es weitere Akten in folgenden Beständen:

- 20206 Oberfinanzpräsident Leipzig, Nr. 1557, 0136, 0119.
- 20242 Kreis-Industrie- und Handelskammern Nordwestsachsens, Nr. 0617.
- 20697 Gustav Leuchte Nachfolger, Lacke- und Farbenfabrik, Leipzig, Nr. 056.
- 20842 VEB Fahrzeuggetriebewerke Joliot Curie Leipzig, Nr. 1294.
- 21018 Dresdner Bank in Leipzig, Nr. 1249, 1253, 0998.
- 21033 Reichsbankhauptstelle Leipzig mit Nebenstellen, Nr. 0971, 1439, 1441.
- 29906 Archivalische Quellennachweise zum Einsatz von ausländischen Zwangsarbeitern sowie Kriegsgefangenen während des Zweiten Weltkrieges (Zwangsarbeiter-Inventar), Nr. 20206-1557.


Peter Hinz


November 2012



[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (im Folgenden: StA-L), 20124 Amtsgericht Leipzig, HR 2334.
[02] Die folgende Firmengeschichte basiert auf: StA-L, 20124 Amtsgericht Leipzig, HRA 715 (Registerakte, umgeschrieben von HR 4095) sowie 20700 Hermann Frenkel Lackfabrik, Mölkau, Nr. 1 und Nr. 28.
Bilanzen.- Memorial.- Steuern und Versicherungen.- Farbrezepte.- Anlagenkartei.- Betriebsordnung.
1877 gründete Hermann Frenkel in Leipzig eine Lackfabrik. 1913 verlegte die Firma ihren Sitz nach Mölkau. Ab 1945 wurde sie zunächst treuhänderisch verwaltet. Auf der Grundlage des Volksentscheids vom 30. Juni 1946 erfolgte nach der Bestätigung durch Befehl Nr. 64 des Obersten Chefs der SMAD vom 17. April 1948 zum 1. Juli 1948 der rechtskräftige Übergang in Volkseigentum. Der Betrieb wurde unter der Bezeichnung Lackfabrik Mölkau Volkseigene Betriebe Sachsens, I. V. Chemie, Mölkau, weitergeführt.
  • 2012 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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