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Beständeübersicht

Bestand

21756 Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Leipzig

Datierung1945 - 1991
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)82,80

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Zur Geschichte des Kulturbundes

Der "Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands" wurde Anfang Juli 1945 in Berlin gegründet. Sein Programm entsprach den Nachkriegsplanungen der KPD und der sowjetischen Besatzungsmacht, die Intellektuelle und Kulturschaffende im Namen einer "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung" als Bündnispartner gewinnen wollten. Die ersten Leitsätze postulierten u. a. die "Bildung einer nationalen Einheitsfront der deutschen Geistesarbeiter", die "Vernichtung der Naziideologie auf allen Lebens- und Wissensgebieten" und die "moralische Gesundung des deutschen Volkes". [01] Zum ersten Präsidenten wurde im August der Dichter und Kulturpolitiker Johannes R. Becher gewählt. Im Jahre 1958 erfolgte die Umbenennung in "Deutscher Kulturbund", 1972 in "Kulturbund der DDR".

Die wichtigsten programmatischen Eckpunkte hatte Becher bereits 1944 im Exil in Moskau formuliert: Der Kulturbund war parteipolitisch unabhängig und gesamtdeutsch ausgerichtet, um einen breiten Kreis von Adressaten anzusprechen und auch in den westlichen Besatzungszonen Fuß zu fassen. In den Führungsgremien waren nicht nur Kommunisten, sondern auch Sozialdemokraten, bürgerliche Demokraten und parteilose Intellektuelle vertreten. Die KPD besetzte allerdings die Schlüsselpositionen des Kulturbundapparates: die hauptamtlichen Sekretariate in Berlin und in den Ländern der Sowjetischen Besatzungszone. [02] Beträchtlichen Einfluss auf die Arbeit des Kulturbundes übte auch die Informationsverwaltung der SMAD unter Leitung von Sergej Tjulpanow aus.

Der Kulturbund hatte von Beginn an mehrere Funktionen: Er war Bündnispartner der KPD bzw. SED bei der "antifaschistisch-demokratischen Umerziehung", Organisator des Kultur- und Kunstbetriebes, Auffangbecken für bestehende Vereine und Strukturen, politischer Interessenvertreter der Kultur- und Geistesschaffenden. Auffällig ist eine enge personelle Verflechtung mit der öffentlichen Kulturverwaltung. Bei den Gemeindewahlen im September 1946 traten in den Kreisen Pirna und Meißen sowie in Leipzig und in Jena eigene Kulturbundkandidaten an. Der sächsische Kulturbund nahm auch an den Landtagswahlen 1946 teil und war mit einem Abgeordneten im Parlament vertreten. [03]

Mit Beginn des Kalten Krieges büßte der Kulturbund seinen unabhängigen und überparteilichen Charakter weitgehend ein. Die Zeit der taktischen Rücksichtnahmen endete im Frühjahr 1948 mit der Ausschaltung der nicht genehmen "bürgerlichen Kräfte": Namhafte Repräsentanten der Anfangsjahre wurden aus den Führungsgremien verdrängt oder wechselten in die Westzonen. Das Zentralsekretariat des SED-Parteivorstandes beschloss im Frühjahr 1949, die Aufgaben des Kulturbundes "entsprechend den neuen Bedingungen des Klassenkampfes neu zu formulieren". Im Vordergrund sollten nicht mehr die Bekämpfung der NS-Ideologie, sondern die Entwicklung zur politischen Massenorganisation, der Ausschluss "reaktionärer Elemente" und die systematische Schulungsarbeit für Funktionäre stehen. [04] Der Anspruch, auch im Westen Einfluss unter Intellektuellen, Wissenschaftlern oder Künstlern zu gewinnen, wurde aber weiter aufrechterhalten: Bis in die späten 1960er Jahre gehörte die "gesamtdeutsche Arbeit" zu den wichtigsten propagandistischen Aufgaben des Kulturbundes.

Die politische Verengung führte zu enormen Mitgliederverlusten, die am Beginn der 1950er Jahre aber teilweise kompensiert werden konnten: Zur Unterdrückung eines unabhängigen Vereinswesens hatten die Verwaltungen des Innern und für Volksbildung am 12. Januar 1949 angeordnet, alle noch bestehenden "Volkskunstgruppen und volksbildenden Vereine" in die offiziell erlaubten Massenorganisationen einzugliedern. Der Kulturbund hatte unter anderem die Goethe-Gesellschaft mitsamt ihrer örtlichen Untergruppen, Literatur-, Kunst- und Philosophiegesellschaften, Heimat- und Naturschutzgruppen, Geschichtsvereine, naturwissenschaftliche und geografische Verbände, Philatelisten, Fotografen und einen Teil der künstlerischen Bastelgruppen aufzunehmen. Dies führte zu erheblichen Veränderungen sowohl in der Zusammensetzung als auch in der inhaltlichen und kulturpolitischen Arbeit. [05] Die Zentrale Kommission Natur- und Heimatfreunde, die im November 1950 in Dresden gegründet wurde, umfasste beispielsweise Fachausschüsse für Botanik, Naturschutz, Wegemarkierung, Geologie, Aquarien- und Terrarienkunde, Heimatgeschichte und Ortschronik, Museen sowie Denkmalpflege.

Der Bund entfernte sich von seinem Selbstverständnis, eine "Organisation der Intelligenz" zu sein, und wurde mehr und mehr zu einem Dachverband für sehr verschiedenartige Interessen. In vielen Orten dominierten die Natur- und Heimatfreunde, während Angehörige der künstlerischen, pädagogischen, medizinischen und wissenschaftlich-technischen Intelligenz nur rund ein Drittel der Kulturbundmitglieder ausmachten. [06] Diskussionen über den Charakter, die Funktionen und die Zielgruppen des Kulturbundes durchziehen die gesamten 1950er Jahre. Dabei wurde auch die Trennung von Natur- und Heimatfreunden oder Briefmarkensammlern mehrmals ernsthaft in Erwägung gezogen. Andererseits erfüllten die Natur- und Heimatfreunde eine wichtige Funktion bei dem Versuch der SED, "Patriotismus" oder "Heimatliebe" in den Dienst des sozialistischen Aufbaus zu stellen. [07]

Der IV. Bundeskongress im Jahre 1954 erklärte die "Arbeit unter der Intelligenz" zur Schwerpunktaufgabe des Kulturbundes. In den Sekretariaten gab es Mitarbeiter nur für dieses Sachgebiet, die Analysen, Stimmungs- und Problemberichte für die vorgesetzten Leitungen verfassten, "Intelligenzaussprachen" organisierten oder Privilegien wie z. B. Urlaubsplätze verteilten. Mit Unterstützung des Kulturbundes entstanden "Klubs der Intelligenz" in zahlreichen Bezirks- und Kreisstädten, in Leipzig bereits 1953 der "Klub der Kulturschaffenden". Die Klubs verfügten anfangs über eigene Statuten, um auch jene Intellektuelle, denen der Kulturbund noch zu stark politisch profiliert erschien, "behutsam" an die Mitarbeit heranzuführen.

Im Umfeld des 17. Juni 1953, besonders aber 1956 regten sich auch im Kulturbund Forderungen nach mehr künstlerischer und gesellschaftlicher Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Nach dem Volksaufstand in Ungarn war die Zeit des "Tauwetters" jedoch vorüber: Die SED begann mit einer Offensive auf politisch-ideologischem Gebiet, die den Kulturbund vor erhebliche Probleme stellte. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, der "bürgerlichen Ideologie" noch immer eine "Heimstätte" zu bieten. [08] Um die Organisation zu retten, schwenkte die Kulturbundführung im Verlauf des Jahres 1957 auf den "harten Kurs" der Staatspartei ein. Der V. Bundeskongress im Februar 1958 stand ganz im Zeichen einer klaren sozialistischen Orientierung. Die Auseinandersetzung mit der "bürgerlichen Ideologie", der "Kampf um die Erhaltung des Frieden" und die Beteiligung am "Aufbau des Sozialismus" wurden als die wichtigsten Bestimmungen der nächsten Jahre hervorgehoben. Damit verbunden war Kritik vor allem an den Klubs der Intelligenz, die zu "Orten der kulturpolitischen Neutralität" sowie zu "Inseln der Prinzipienlosigkeit" geworden seien. [09]

Die Partei nahm Einfluss auf die Wahl der Führungsgremien und die Kaderarbeit in den Sekretariaten: Bei allen wichtigen Personalentscheidungen war nun die Zustimmung der SED erforderlich. Im Jahre 1959 hatten – mit Ausnahme des parteilosen Geschäftsführers – alle Angehörigen des Leipziger Bezirkssekretariats das Mitgliedsbuch der SED. [10] In den sechziger Jahren unterstützte der Kulturbund sämtliche kulturpolitischen Kampagnen der Partei, unter anderem den "Bitterfelder Weg" nach 1959, aber auch die Kahlschlagpolitik des 11. Plenums im Dezember 1965. Die "Grundaufgaben des Kulturbundes" von 1968 akzeptierten, gemäß der neuen DDR-Verfassung, den Führungsanspruch der Partei in allen staatlichen und gesellschaftlichen Bereichen.

Nach dem VIII. SED-Parteitag 1971 sah sich der Kulturbund vor die Aufgabe gestellt, seine Massenwirksamkeit zu steigern und zur proklamierten Hebung des "materiellen und kulturellen Lebensniveaus" beizutragen. Dies schloss Funktionen bei der kulturellen Freizeitgestaltung und der Arbeit in den Wohngebieten ebenso ein wie bei der Lösung volkswirtschaftlicher Probleme. Das exklusive Selbstverständnis einer Intelligenzorganisation war nicht mehr länger aufrechtzuerhalten: Die 1977 neugefassten "Grundaufgaben" definierten den Kulturbund endgültig als "sozialistische Massenorganisation kulturell Tätiger und Interessierter". Er wandte zwar sich "insbesondere" an die Kultur- und Geistesschaffenden, darüber hinaus jedoch "an alle Bürger unserer Republik".

Mit dieser Öffnung waren allerdings auch neue Möglichkeiten verbunden. Die 1970er Jahre brachten eine Expansion des kulturellen Sektors in der DDR, von der auch der Kulturbund profitierte. Seine zahlreichen Interessengemeinschaften, Fachgruppen und Freundeskreise wurden als Teile einer sozialistischen Massenkultur erheblich aufgewertet. Weitaus stärker als in früheren Jahrzehnten bestimmten sie das öffentliche Bild des Bundes. [11] Seit Ende der siebziger Jahre gingen aus verschiedenen Zentralen Fachkommissionen, Fachausschüssen und Verbänden nacheinander die Gesellschaften für Denkmalpflege, Heimatgeschichte, Natur und Umwelt, Fotografie sowie der Esperantoverband der DDR hervor, die die Arbeit des Kulturbundes auf eine neue organisatorische Grundlage stellten. Damit verbunden waren starke Mitgliedergewinne: Hatte der Kulturbund 1968 etwa 188.000, im Jahre 1972 etwa 196.000 Mitglieder, so stieg die Zahl bis 1981 auf rund 235.000. Für 1987, das Jahr des letzten ordentlichen Bundeskongresses, wird eine Zahl von 273.000 angegeben. In den achtziger Jahren wurde der Kulturbund jährlich mit rund 30 Millionen Mark vom Staat subventioniert.

Auch in den letzten beiden Dekaden bietet der Kulturbund ein recht widersprüchliches Bild. Während die zentralen Leitungen der Politik der SED folgten und kaum noch eigene Akzente setzten, brachte die Kulturbundbasis ein sehr breites Meinungs- und Interessenspektrum hervor, das das der Funktionäre deutlich übertraf. [12] Die Grundeinheiten schufen mannigfache Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung, die künstlerische Betätigung, die Hobbyforschung oder die Beschäftigung mit Sammelgebieten, ohne dass dabei ein weltanschauliches Bekenntnis nötig war. Die Gesellschaften und Arbeitsgemeinschaften des Kulturbundes wiesen oftmals auf gravierende Probleme der Gesellschaft hin und setzten sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Verbesserungen ein. Dies galt z. B. für den Umweltschutz, die Denkmalpflege oder die Erweiterung des kulturellen und historischen Erbeverständnisses. Die zunehmende Ausdifferenzierung der Kulturbundarbeit und die komplizierten Organisationsstrukturen schufen immer wieder zahlreiche Freiräume. Der Kulturbund blieb indessen fest in das politische System der DDR eingebunden. Versuche, etwa "Neues Denken" oder Perestroika in die Arbeit einzuführen, wurden auch noch in den späten 1980er Jahren unterbunden. Erst am 22. November 1989 trat die Führung des Kulturbundes zurück, nachdem die Basis heftige Kritik an der politischen Bevormundung geübt hatte. Im März 1990 beschloss ein außerordentlicher Bundeskongress die Umbenennung in "Kulturbund e. V.", verabschiedete neue Grundsätze und eine neue Satzung. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kulturbund noch etwa 110.000 Mitglieder. Ab Mai formierten sich fünf Regionalverbände für die neuen Bundesländer, deren Ziel es war, die Vielfalt der Strukturen, Interessen und Betätigungsfelder auch unter neuen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu erhalten. [13] Am Ende der 1990er Jahre gehörten dem Kulturbund etwa 20.000 Mitglieder in über 100 Vereinen an.Organisations- und Leitungsstrukturen

Der Kulturbund war formal nach den Prinzipien des "demokratischen Zentralismus" aufgebaut. Sie wurden zwar erst 1968 in der Satzung festgeschrieben, faktisch aber schon seit 1951
angewendet. Dennoch ist das Organisationsgefüge weithin unübersichtlich. Dies liegt zum einen an der Vielgestaltigkeit der Arbeitsbereiche, zum anderen an den wechselnden kulturpolitischen Funktionen des Kulturbundes.

Nach den Statuten war der Bundeskongress das höchste Organ des Kulturbundes. Er trat anfangs alle drei bis vier, seit 1972 alle fünf Jahre zusammen und bestimmte den Präsidenten, den Präsidialrat und die Zentrale Revisionskommission. Der Präsidialrat wählte dann aus seiner Mitte Vizepräsidenten, das Präsidium und das Bundessekretariat, das die eigentliche Organisationsarbeit zu leisten hatte. [14] Entsprechend wurde auf Bezirks- und Kreisebene verfahren: Dort fanden Delegiertenkonferenzen meist zur Vorbereitung auf die Bundeskongresse statt. Die Kreisleitungen waren der Bezirksleitung, die Bezirksleitungen dem Präsidialrat gegenüber rechenschaftspflichtig. Die Anleitung des Apparates durch das Bundessekretariat erfolgte in entgegengesetzter Richtung.

Bei den Leitungen bestanden Kommissionen oder Fachausschüsse für die Arbeit auf den zahlreichen Interessen- und Themengebieten. Sie waren als Beratungsgremien konzipiert, etablierten aber separate Netzwerke und Weisungsstränge. Zum Teil beschlossen die Zentralen Kommissionen eigene Statuten, Grundsätze und Arbeitsrichtlinien. Die zentralen Leitungen behielten sich zwar vor, kulturpolitische Prinzipien und konkrete Aufgaben zu formulieren; in welchem Maße diese angenommen und verwirklicht wurden, war jedoch von Fachbereich zu Fachbereich, von Kommission zu Kommission verschieden. So besaßen beispielsweise die Philatelisten, die mit etwa einem Drittel aller Mitglieder die größte Gruppe innerhalb des Bundes ausmachten, von Beginn an weitgehende Autonomie. Auch wenn bisher nur wenige konkrete Untersuchungen zu dieser Frage vorliegen, erscheint es daher durchaus angemessen, von einer "Doppelstruktur" aus hauptamtlichen Apparaten und ehrenamtlichen Leitungen zu sprechen. [15] Das Problem verschärfte sich, als seit den 1970er Jahren die Gesellschaften für Denkmalpflege, Heimatgeschichte, Natur und Umwelt und Fotografie gebildet wurden. Deren Führungsgremien, die auf eigenen Versammlungen gewählt wurden, traten gegenüber den zentralen oder regionalen Sekretariaten zunehmend selbstbewusster auf.

An der Basis wich die Organisationswirklichkeit ohnehin sehr stark von den zentralen Vorgaben ab. Für den Kulturbund kennzeichnend ist eine Vielfalt von Interessen- oder Arbeitsgemeinschaften, Fachgruppen und Freundeskreisen, deren Zuordnung und Unterstellungsverhältnisse mitunter schwierig nachzuvollziehen sind. Sie konnten einerseits zu Ortsgruppen, Klubs der Intelligenz oder Hochschulgruppen gehören, andererseits bestanden zahlreiche Interessengruppen auch als selbständige Grundeinheiten unter der Kontrolle einer Kreis- oder Stadtbezirksleitung. [16] Ende der siebziger Jahre waren etwa 70 Prozent der Mitglieder in solchen Kreisen, Gruppen und Gemeinschaften tätig. Das Nebeneinander zahlreicher Strukturen erschwerte es den Vorständen und Sekretariaten, ihre Direktiven bis in die kleinste Grundeinheit durchzusetzen. Außerdem war es möglich, in den Fachgruppen, Arbeitsgemeinschaften und Klubs des Bundes mitzuarbeiten, ohne Mitglied der Organisation zu sein. Wer dennoch in den Kulturbund eintrat, konnte ihn auch jederzeit problemlos wieder verlassen: In keiner anderen Massenorganisation der DDR war der Grad der Organisationsbindung derart niedrig.

Bezirksorganisation und Bezirksleitung Leipzig

Die Einrichtung von Landesverbänden des Kulturbundes begann schon bald nach der Berliner Gründungsversammlung 1945, zog sich wegen der begrenzten Einflussmöglichkeiten der Zentrale aber noch bis Anfang 1946 hin. Das Beispiel des sächsischen Landesverbandes, der ein Sammelbecken für sehr unterschiedliche Vereine und Interessen war, zeigt anschaulich, wie weit die Vorstellungen von den Aufgaben und Funktionen des Kulturbundes auseinandergingen. [17] Im Frühjahr 1946 gelang es der Berliner Bundesleitung, mit Karl Kneschke einen Landessekretär zu installieren, der die Landesleitung und die zahlreichen auf Eigenständigkeit bedachten Ortsgruppen auf die Linie der Zentrale festlegte. Die Wirkungsgruppe Leipzig fand sich allerdings erst 1948 zur formalen Unterordnung bereit. [18] Um die Arbeit der lokalen Gruppen besser kontrollieren zu können, versuchte die Landesleitung bereits seit 1946, "Gebietssekretariate" einzurichten. Auf Beschluss der Zweiten Landeskonferenz entstanden 1948/1949 schließlich Kreisorganisationen mit hauptamtlichen Sekretariaten. [19]

Nach der Bildung von Bezirken im Sommer 1952 passte der Kulturbund seinen Aufbau den veränderten Verwaltungsstrukturen an: Die fünf Landesleitungen wurden aufgelöst und in 14 Bezirksleitungen überführt. Die Bezirksorganisation Leipzig umfasste 13 Kreisorganisationen: Altenburg, Borna, Delitzsch, Döbeln, Eilenburg, Geithain, Grimma, Leipzig-Stadt, Leipzig-Land, Oschatz, Schmölln, Torgau und Wurzen. Hinzu kam die 1950 unter Leitung von Ernst Bloch gegründete Hochschulgruppe, die ebenfalls als Kreisorganisation behandelt wurde. Mit ihren "Professoren"- oder "Ausspracheabenden", Kolloquien und Vorträgen erreichte sie regelmäßig einen großen Teil des akademischen Intelligenz und wurde –
neben dem Klub der Kulturschaffenden – schnell zu einem wichtigen Zentrum der Leipziger Kulturbundarbeit. Dies lässt sich unter anderem daran ablesen, dass Bloch im Sommer 1952 kommissarisch als Bezirksvorsitzender fungierte. Die Hochschulgruppe wurde 1958 zusammen mit dem Klub der Kulturschaffenden sowie den Leipziger Stadtbezirksgruppen zur neuen "Stadtorganisation" vereinigt. Diese Änderung, die auch in anderen Hochschulorten vorgenommen wurde, diente nicht nur zur Strukturbereinigung, sondern sollte Klub und Hochschulgruppe unter stärkere politische Kontrolle bringen. Erst Anfang 1984 wurde an der Leipziger Karl-Marx-Universität eine neue Kreisorganisation gebildet.

Obwohl das Sekretariat der Leipziger Bezirksleitung bereits am 1. Oktober 1952 mit der Arbeit begonnen hatte, verlief die Überführung in die neuen Organisationsstrukturen alles andere als reibungslos. In den neuen Kreisen des Bezirkes Leipzig – Delitzsch, Geithain und Schmölln – fehlten funktionierende Kulturbundsekretariate. Ihre Ortsgruppen und Arbeitsgemeinschaften wurden deshalb aus den Nachbarkreisen mitbetreut: Schmölln aus Altenburg, Geithain aus Borna, Delitzsch durch den Sekretär für Leipzig-Land. Dennoch mussten zahlreiche Kulturbundgruppen, vor allem auf dem Dorfe und in kleinen Städten, starke Mitgliederverluste hinnehmen. Die ungenügende Verankerung in einigen Landkreisen bewog die Kommission Natur- und Heimatfreunde in den fünfziger Jahren mehrmals dazu, "Gebietskonferenzen" für mehrere Kreisorganisationen einzuberufen. [20] Die Philatelisten der Kreise Delitzsch, Eilenburg und Torgau wurden noch bis 1963 in der Kreiskommission "Nord" zusammengefasst.

Die erste Delegiertenkonferenz der Leipziger Bezirksorganisation fand am 6. Dezember 1952 statt. Sie wählte den Kunsthistoriker Joachim Uhlitzsch zum 1. Vorsitzenden der neugebildeten Bezirksleitung. [21] Auf Uhlitzsch folgte 1954 der Rektor der Bauhochschule Eduard Steiger, 1982 der Wirtschaftswissenschaftler Peter Heldt. Zwischen den Sitzungen der Bezirksleitung fungierte deren Arbeitsausschuss als geschäftsführender Vorstand. Die Tagesarbeit wurde durch das Sekretariat geleistet, das in den ersten Jahren unter Leitung Gerhard Hennigers stand. Nachdem Henniger im Jahre 1957 in das Bundessekretariat berufen wurde, amtierten seine Nachfolger in Leipzig – Heinz Grzonka, Johannes Hartung, Willy Siehoff und Hans Eisengräber – jeweils nur für kurze Zeit. Erst mit Harry Wagner (1962-1975) konnte wieder eine dauerhafte Leitungstätigkeit gesichert werden. Letzter 1. Sekretär war zwischen 1976 und 1990 Rudolf Fiedler.

Das Sekretariat bestand aus drei bis vier Bezirkssekretären, einer wechselnden Zahl politischer und technischer Mitarbeiter sowie dem Bezirksgeschäftsführer. Im Laufe der Jahrzehnte gab es mehrfach Veränderungen in der Zuordnung und Abgrenzung der einzelnen Arbeitsbereiche. Sie waren einerseits den Schwerpunktsetzungen der staatlichen Kulturpolitik, andererseits den finanziellen Möglichkeiten des Kulturbundes geschuldet. In den Anfangsjahren scheint die Position des 2. Sekretärs nicht durchgängig besetzt gewesen zu sein. Die Sekretärbereiche Intelligenzarbeit und Kulturelle Massenarbeit, die charakteristisch für die Ziele des Kulturbundes in den 1950er Jahren waren, wurden etwa 1960 aufgelöst. Ihre Aufgaben gingen auf die Fachgebiete Kunst und Literatur bzw. Wissenschaft über, zum Teil auch auf den Sekretärbereich Natur und Heimat.

Seit Mitte der 1960er und bis zum Ende der 1980er Jahre bestanden drei Sektoren, die zum Teil in Arbeitsgebiete oder Instrukteurbereiche untergliedert waren. Hinzu kam die Geschäftsabteilung, die vor allem für die Materialversorgung, die Finanzplanung und für allgemeine Verwaltungsaufgaben zuständig war:

- 1. Bezirkssekretär,
- 2. Bezirkssekretär, Kunst und Literatur, Wissenschaft, Fotografie,
- Bezirkssekretär Natur und Heimat, Philatelie, Esperanto.

Für die Arbeit in den sechs genannten Fachbereichen gab es ehrenamtliche Bezirkskommissionen zur Unterstützung und Beratung der Bezirksleitung. Die Bezirkskommission Natur und Heimat war zudem in zahlreiche Fachausschüsse gegliedert. Allerdings besaßen Kommissionen und Fachausschüsse keine hauptamtlichen Mitarbeiter: Die Sekretäre oder Instrukteure der Bezirksleitung stellten ihnen die Ressourcen des Bezirkssekretariats zur Verfügung, führten teilweise ihre Akten und hielten die Verbindung zu den Zentralen Fachkommissionen bzw. Fachausschüssen.

Im Bereich Natur und Heimat wurden in den Anfangsjahren Fachausschüsse zusammengefasst, aufgelöst und neu gebildet. [22] Auch die Abgrenzung der Zuständigkeiten unterlag gelegentlichen Änderungen. Einige Bezirksausschüsse konstituierten sich im Laufe der Zeit als Bezirkskommissionen, wobei entsprechende Entwicklungen auf der zentralen Ebene vorausgingen. Das Ziel solcher organisatorischen Veränderungen bestand erkennbar darin, die politisch-ideologische Anleitung zu verbessern, die Arbeit stärker auf die Zentrale auszurichten und somit besser zu kontrollieren. [23] Ungeachtet dieser zentralistischen Ausrichtung gab es in den sächsischen Bezirksorganisationen Leipzig, Dresden und Karl-Marx-Stadt zahlreiche Modelle regionaler Kooperation, die erheblich dazu beitrugen, landschaftliche Zusammenhänge und ein gemeinsames sächsisches Landesbewusstsein zu erhalten. Üblich waren beispielsweise Fachkonferenzen oder Arbeitstagungen der drei Bezirksverbände. Die Bezirkskommissionen für Philatelie veranstalteten "Sachsenschauen", und die Redaktion der "Sächsischen Heimatblätter" beschäftigte sich mit Fragen der sächsischen Landesgeschichte, obwohl diese eigentlich in einer "Territorial"- bzw. "Regionalgeschichte" aufgehen sollte.

Die Mitgliederzahl der Bezirksorganisation Leipzig entwickelte sich recht unbeständig. Besonders in den ersten zwei Jahrzehnten gab es Phasen der Stagnation und des Rückgangs, etwa nach der Bildung der Bezirke oder der kulturpolitischen Zäsur von 1957/58. Der Mitgliederstand vom Sommer 1957 wurde offenbar erst in den 1970er Jahren wieder erreicht. Seitdem war ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen, der sich sehr wahrscheinlich aus der Bildung der Gesellschaften und einer zunehmenden Ausdifferenzierung der Kulturbundarbeit an der Basis speiste. Mehr als ein Drittel der Mitglieder gehörte den Arbeitsgemeinschaften, Betriebsarbeitsgemeinschaften und Jugendgruppen des Philatelistenverbandes der DDR an.

30.6.1957 14.605
30.6.1967 13.444 (davon in Leipzig-Stadt 5983)
30.6.1970 14.306 (Leipzig 6280)
31.12.1972 14272
31.12.1974 14.481 (Leipzig 5523)
30.11.1977 15.290
31.12.1978 15.889

Am 31. Dezember 1985 zählte die Bezirksorganisation genau 23.331 Mitglieder. Im Jahr darauf wurde erstmals die Marke von 24.000 übertroffen. Mit mehr als 9000 Mitgliedern, davon rund 1000 in der Hochschulgruppe, war die Stadtorganisation Leipzig der mit Abstand größte Kreisverband. Es folgten Döbeln, Altenburg, Leipzig-Land und Grimma, die 1986 jeweils etwa 1500 Mitglieder umfassten. Im Sommer 1989 gehörten der Bezirksorganisation fast 25.000 "Bundesfreunde" an, bevor ein steter Rückgang einsetzte. Bei der letzten statistischen Erhebung am 31. März 1990 waren insgesamt noch 20.920 Mitglieder gemeldet.

Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Beim Leipziger Kulturbund hat es lange weder eine funktionierende Schriftgutverwaltung noch eine ordnungsgemäße Archivierung gegeben. [24] Erste Bemühungen, das Schriftgut zu sichern und zu erschließen, begannen Ende der 1980er Jahre im Hinblick auf das 50. Gründungsjubiläum des Kulturbundes. Zuerst im Herbst 1988, dann 1990 und 1991, wurden die erhalten gebliebenen Akten vom Bezirkssekretariat an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben. Die Unterlagen befanden sich in einem weitgehend ungeordneten und unsystematischen Zustand. Im Zuge der Übernahme wurde das Schriftgut aus den ursprünglichen Stehordnern, Heftern und Lose-Blatt-Ablagen in Archivmappen umgebettet und nach numerus currens verzeichnet. Zugleich erfolgte die Verzeichnung in einer handschriftlichen Findkartei, die in den darauffolgenden Jahren mehrmals ergänzt und erweitert wurde.

Der Bestand hat einen Umfang von rund 28 lfm aus den Jahren 1948 bis 1990. Er enthält auch Unterlagen des früheren Landesvorstandes Sachsen sowie der Wirkungsgruppe und des Kreisvorstandes Leipzig. Die Erschließung der Unterlagen erfolgte in der Reihenfolge der Lagerung im Magazin. Zahlreiche Akteneinheiten mussten wegen ihres großen Umfangs geteilt, in Juris-Mappen neu verpackt und provisorisch beschriftet werden. Die vorgefundenen Signaturen wurden bei der Teilung beibehalten und durch zusätzliche Ziffern ergänzt. (Beispiel: Nr. 348 nach 348/1 und 348/2). Da die Erschließungsangaben der Findkartei sehr allgemein gehalten und in vielen Fällen fehlerhaft waren, mussten die Aktentitel neu formuliert, die Enthält-Vermerke erweitert und die Laufzeiten präzisiert werden.

Wegen der spezifischen Organisationsstruktur des Kulturbundes und der geringen Zahl hauptamtlicher Mitarbeiter gleichen zahlreiche Verzeichnungseinheiten einem Sammelsurium von Protokollen, Berichten, Arbeits- und Terminplänen, Analysen und Korrespondenzablagen. Dies gilt besonders für die Unterlagen des Bereichs Natur- und Heimatfreunde, aber auch für andere Gebiete. Nicht immer konnten deshalb Aktentitel gebildet werden, die die inhaltlichen Schwerpunkte präzise wiedergeben.

Der ursprüngliche Bestand enthielt in großem Umfang Unterlagen, die bei der Stadtleitung Leipzig und bei Leipziger Stadtbezirksleitungen, bei der Kreisleitung Leipzig-Land sowie beim Sekretariat der Hochschulgruppenleitung entstanden sind. Die zur Stadtleitung Leipzig und zur Kreisleitung Leipzig-Land gehörigen Akten wurden den entsprechenden Beständen zugeordnet (21757 bzw. 22186). Die Ablagen der Hochschulgruppe Leipzig verbleiben als Fremdprovenienz im Bestand Bezirksleitung.

Die Besonderheiten der Aktenbildung, insbesondere die Breite der überlieferten Akteninhalte, erforderten eine Überarbeitung der vorhandenen Klassifikation. Im Interesse der Übersichtlichkeit und einer effektiven Nutzung des Bestandes wurde die Struktur gestrafft und eine maximal dreistufige Gliederung erarbeitet, die auch die Zuordnung von Archivalien mit sehr verschiedenen Betreffen ermöglicht. Soweit erkennbar, hat es im Bezirkssekretariat des Kulturbundes weder eine Abgabeordnung noch ein einheitliches Registraturwesen gegeben. Anzunehmen ist eine Vermischung von Abteilungs- und Arbeitsplatzregistraturen, wobei erstere den Sekretärbereichen entsprachen. Die neu erstellte Klassifikation orientiert sich deshalb hauptsächlich am organisatorischen Aufbau des Bezirkssekretariats. Das Schriftgut wurde den Verantwortungsbereichen der Bezirkssekretäre und des Bezirksgeschäftsführers zugeordnet, soweit sich diese aus Geschäftsverteilungsplänen und Bearbeitungsvermerken rekonstruieren lassen. Sofern geboten, wurde innerhalb der Sekretärbereiche eine weitere Untergliederung nach Tätigkeitsschwerpunkten oder Fachgebieten vorgenommen.

Von diesem Schema abweichend wurden einige Bestandsgruppen sachthematisch geordnet, um einen schnellen Zugriff auf bestimmte Unterlagen zu ermöglichen – unabhängig davon, in welchem Sekretärbereich sie entstanden sind. Dies gilt vor allem für die Sitzungsprotokolle des Bezirkssekretariats und des Arbeitsausschusses der Bezirksleitung, Unterlagen zu Bezirksdelegiertenkonferenzen, Bezirksaktivtagungen und Fachkonferenzen, außerdem die Anleitung und Kontrolle der Kreisorganisationen. Hinzu kommen Druckschriften, Plakate und Fotos, die sich nicht oder nur sehr ungenau den einzelnen Verantwortungsbereichen zuordnen lassen. Bei Druckschriften und Fotografien war eine klare Provenienzentrennung zwischen Bezirks- und Stadtleitung Leipzig nicht in allen Fällen möglich.

Mit der Bildung von Gesellschaften und entsprechenden Bezirks- und Kreisvorständen vollzogen sich ab Ende der 1970er Jahre erhebliche Veränderungen bei der Aufteilung und Zuordnung der einzelnen Fachgebiete. Da die Ablagen der zuständigen Bezirkssekretäre über diesen Einschnitt aber meist hinweggeführt wurden, haben solche Veränderungen keinen Niederschlag in der Klassifikation gefunden. Bei Recherchen sollte allerdings beachtet werden, dass Unterlagen eines bestimmten Themengebietes unter verschiedenen Klassifikationspunkten verzeichnet sein können (z. B. Orchideen sowohl unter Vivaristik als auch unter Botanik). Besonders im Bereich Natur und Umwelt gibt es Überschneidungen der Fach- und Arbeitsgebiete, etwa zwischen Landschaftsgestaltung, Dendrologie und Naturschutz.

Überlieferungsschwerpunkte

Der Bestand ermöglicht einen eindrucksvollen und erschöpfenden Überblick über Aufgaben, Strukturen und Arbeitsgebiete des Kulturbundes auf mittlerer Organisationsebene. Dabei überwiegen Unterlagen zur Zusammenarbeit mit dem Präsidialrat, dem Bundessekretariat und den Zentralen Kommissionen einerseits, zur Anleitung der Kreis- und Stadtbezirksorganisationen, Bezirkskommissionen und Gesellschaften andererseits. Die Sitzungsprotokolle der Bezirksleitung, ihres Arbeitsausschusses und des Bezirkssekretariats sind leider nicht mehr vollständig erhalten, sie geben aber – zusammen mit Beschlussvorlagen, Direktiven oder Rundschreiben – umfassend Einblick in die Führungstätigkeit der Leitungsgremien. Anhand verschiedener Berichte, Vorlagen und Beratungsprotokolle lässt sich außerdem die Lenkung durch die SED-Bezirksleitung erkennen.

Besonders breiten Raum nehmen Wettbewerbs- bzw. Aktionsprogramme aus den Kreisorganisationen, Bezirkskommissionen und Bezirksvorständen ein. Aktionsprogramme wurden erstmals 1976 und dann regelmäßig zu Parteitagen, Bundeskongressen oder Jahrestagen aufgelegt. Sie enthielten umfangreiche Verpflichtungen zur Organisationsentwicklung, zur Mitgliedergewinnung oder zur politisch-ideologischen Arbeit, die gegenüber der Bezirksleitung abgerechnet werden mussten. Daneben liegen zahlreiche statistische, politische und Tätigkeitsberichte aus den unterstellten Organisationen vor. Sie informieren nicht nur über die Arbeit der Kreiskommissionen, Orts- und Fachgruppen, Interessengemeinschaften und Freundeskreise, sondern geben häufig auch die Meinungen der Mitglieder zu aktuellen politischen Fragen wieder.

In fast allen Klassifikationsgruppen wird der mehrfache Funktionswandel des Kulturbundes in den vier Jahrzehnten seiner Existenz deutlich. Vor allem die Gruppen 06.03., 09. und 10. enthalten Unterlagen zu den Schwerpunktaufgaben der 1950er und frühen 1960er Jahre: Berichte über Intelligenzaussprachen und "gesamtdeutsche Begegnungen" – zum Beispiel auf den Leipziger Messen, internationalen Konferenzen und Ausstellungen –, daneben Konzeptionen oder Themenpläne für die kulturelle Massenarbeit. Eine interessante Quelle sind die fast lückenlos erhaltenen Referentenscheine aus dem Zeitraum 1955 bis 1964, die zahlreiche Informationen über die Themenvielfalt, den Adressatenkreis sowie den Publikumserfolg von populärwissenschaftlichen Kulturbundvorträgen enthalten.

Die Überlieferung der Fachbereiche Kunst und Literatur, Natur und Heimat sowie Philatelie ist derart umfangreich, dass nur auf Hauptinhalte verwiesen wird. Die Sonderstellung der Philatelisten ist schon an der Zahl von mehr als 100 vorhandenen Archivalieneinheiten zu erkennen. Im Bereich Kunst und Literatur, Wissenschaft und Fotografie dominieren Konzeptionen, Maßnahmepläne und Veranstaltungsberichte, hauptsächlich zu Fachkonferenzen, Kolloquien und Ausstellungen. In großer Zahl vorhanden sind Materialien zu den "Tagen der Wissenschaft und Kultur", die seit 1972 jährlich durchgeführt wurden. Hinzu kommen zahlreiche Informationen zur Tätigkeit der Kleinen Galerien des Kulturbundes, von denen 1975 acht, 1985 etwa dreißig bestanden.

Das breite Spektrum der Kulturbundarbeit jenseits seiner intelligenzpolitischen und kunstpropagandistischen Ambitionen wird vor allem in der Überlieferung des Fachbereichs Natur und Heimat deutlich. Es reichte von Aquarien- und Terrarienfreunden über Orchideenzüchter, Gehölzkundler und Wanderfreunde bis hin zu Zinnfigurensammlern oder Ortschronisten. Besonders hinzuweisen ist auf Unterlagen, in denen die Beschäftigung des Leipziger Kulturbundes mit Folgen oder Begleitumständen des Braunkohlenabbaus dokumentiert wird. Andere politisch sehr sensible Tätigkeitsgebiete waren Denkmalschutz und Heimatgeschichte. Zum Bereich gehörten auch die Esperantisten, die in Leipzig eine besonders starke Bastion besaßen.

Hervorzuheben ist die Überlieferung der Hochschulgruppe Leipzig, deren Arbeit in den 1950er Jahren eng mit dem Namen Ernst Blochs verbunden war. Die im Bestand vorhandenen Akten enthalten einige sehr interessante, insgesamt jedoch verhältnismäßig wenige Hinweise auf die Rolle Blochs im Leipziger Kulturbund. Dies mag auch daran liegen, dass er zugleich den Vorsitz der zentralen Hochschulgruppenleitung führte und sich häufig in Berlin aufhielt. Die Leipziger Alltagsgeschäfte überließ er zumeist den dafür angestellten Mitarbeitern. Dennoch werden in der Überlieferung die Aufgaben, die Adressaten und auch die politische Kontrolle dieser signifikanten Kulturbund-Organisationseinheit deutlich.

Der Bestand enthält in großem Umfang Fotografien, Plakate und Druckschriften, die eine nützliche Ergänzung zu den zahlreichen Geschäftsakten darstellen. Die Fotosammlung illustriert vor allem Delegiertenkonferenzen, literarische und künstlerische Veranstaltungen sowie verschiedene Ausstellungen.

Hinweise für die Benutzung

Wegen zahlreicher schutzwürdiger personenbezogener Daten unterliegt der Bestand Benutzungsbeschränkungen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 SächsArchivG.

Korrespondierende Bestände im Sächsischen Staatsarchiv – Staatsarchiv Leipzig sind:

21123 SED-Bezirksleitung Leipzig
20237 Bezirkstag/Rat des Bezirkes Leipzig
21792 Personenfonds Peter Heldt
21757 Kulturbund der DDR, Stadtleitung Leipzig
21758 Kulturbund der DDR, Fachgruppe Stadtgeschichte Leipzig
22186 Kulturbund der DDR, Kreisleitung Leipzig-Land
21775 Kulturbund der DDR, Gesellschaft für Heimatgeschichte, Bezirksvorstand Leipzig


Christian Kurzweg

Leipzig 2012



Literatur

Magdalena Heider, Politik – Kultur – Kulturbund. Zur Gründungs- und Frühgeschichte des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands 1945-1954 in der SBZ/DDR, Köln 1993.

Helmut Meier, Zur Arbeit des Kulturbundes der DDR in den siebziger Jahren im Bezirk Leipzig, in: Heterogenität und Konsistenz. Zur Herausbildung und Entwicklung des Kulturbundes in der DDR, Berlin 2001, S. 39-47.

Siegfried Prokop/Dieter Zänker (Hrsg.), Verlorene Träume. Zum 60. Jahrestag der Gründung des Kulturbundes, Berlin 2007.

Thomas Schaarschmidt, Formale Gleichschaltung und soziale Eigendynamik. Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, in: Rainer Behring/Mike Schmeitzner (Hrsg.), Diktaturdurchsetzung in Sachsen. Studien zur Genese der kommunistischen Herrschaft 1945-1952, Köln u. a. 2003, S. 147-168.

Dieter Schiller, Vom neuen zum harten Kurs. Wie der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands zum Deutschen Kulturbund wurde (1952-1958), in: Heterogenität und Konsistenz. Zur Herausbildung und Entwicklung des Kulturbundes in der DDR, Berlin 2001, S. 12-31.Dr. Christian Kurzweg
November 2010Abkürzungen

AG Arbeitsgemeinschaft

BAG Betriebsarbeitsgemeinschaft
BGL Betriebsgewerkschaftsleitung
BKW Braunkohlenwerk
BRD Bundesrepublik Deutschland

CDU Christlich-Demokratische Union Deutschlands
CSSR Ceskoslovenska Socialisticka Republika

DDR Deutsche Demokratische Republik
DEFA Deutsche Film-Aktiengesellschaft
DEWAG Deutsche Werbe- und Anzeigengesellschaft
DFD Demokratischer Frauenbund Deutschlands
DSV Deutscher Schriftstellerverband (ab 1973 Schriftstellerverband der DDR)
DTSB Deutscher Turn- und Sportbund
FDGB Freier Deutscher Gewerkschaftsbund
FDJ Freie Deutsche Jugend
GNU Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund der DDR
IFER Internacia Foira Esperantista Renkontigo (Internationales Messetreffen
der Esperantisten)
IG Interessengemeinschaft
INF Intermediate Range Nuclear Forces
KMU Karl-Marx-Universität Leipzig
KPD Kommunistische Partei Deutschlands
KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion
KSZE Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
LDPD Liberal-Demokratische Partei Deutschlands
LPG Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft
LVZ Leipziger Volkszeitung
MAS Maschinen-Ausleih-Station
MTS Maschinen- und Traktoren-Station
NATO North Atlantic Treaty Organisation
NAW Nationales Aufbau-Werk
NDPD National-Demokratische Partei Deutschlands
NKFD Nationalkomitee Freies Deutschland
NÖSPL Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung
NVA Nationale Volksarmee
PKW Personenkraftwagen
RAW Reichsbahnausbesserungswerk
SALT Strategic Arms Limitation Talks
SBZ Sowjetische Besatzungszone Deutschlands
SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
SMAD Sowjetische Militäradministration in Deutschland
SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands
UdSSR Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation
USA United States of America
VBKD Verband Bildender Künstler Deutschlands (bis 1969)
VBK-DDR Verband Bildender Künstler der DDR (ab 1969)
VBV Gewerkschaft Verwaltungen, Banken, Versicherungen (im FDGB)
VdgB Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe
VDK Verband Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler
VEB Volkseigener Betrieb
VEG Volkseigenes Gut
VR Volksrepublik
ZAG Zentrale Arbeitsgemeinschaft
ZK Zentralkomitee


[01] Zit. nach Magdalena Heider, Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, in: SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945–1949, S. 715.
[02] Erster Generalsekretär war Heinz Willmann, der bereits in Moskau eng mit Becher zusammengearbeitet hatte. Ihm folgten u. a. Klaus Gysi und Alexander Abusch (alle KPD/SED).
[03] Vgl. Heider, S. 718 und 724.
[04] Vgl. ebd., S. 723.
[05] Im Frühjahr 1952 verselbständigten sich zudem der Deutsche Schriftstellerverband, der Verband Bildender Künstler und der Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler, die 1950/51 unter dem Dach des Kulturbundes gebildet worden waren.
[06] Vgl. Thomas Schaarschmidt, Formale Gleichschaltung und soziale Eigendynamik. Der Kulturbund zu demokratischen Erneuerung Deutschlands, in: Rainer Behring/Mike Schmeitzner (Hrsg.), Diktaturdurchsetzung in Sachsen. Studien zur Genese der kommunistischen Herrschaft 1945-1952, Köln u. a. 2003, S. 164 ff.
[07] Vgl. ders., Regionalkultur und Diktatur. Sächsische Heimatbewegung und Heimat-Propaganda im Dritten Reich und in der SBZ/DDR, Köln u. a. 2004, S. 379 ff.; Dieter Schiller, Staatsräson und Dialog. Zum Umbau des Kulturbundes in den ersten 50er Jahren, in: Siegfried Prokop/Dieter Zänker (Hrsg.), Verlorene Träume. Zum 60. Jahrestag der Gründung des Kulturbundes, Berlin 2007, S. 85.
[08] So zum Beispiel Alfred Neumann auf der 32. Tagung des ZK der SED im Juli 1957.
[09] Siehe dazu Dieter Schiller, Vom neuen zum harten Kurs. Wie der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands zum Deutschen Kulturbund wurde (1952-1958), in: Heterogenität und Konsistenz. Zur Herausbildung und Entwicklung des Kulturbundes in der DDR, Berlin 2001, S. 12-31.
[10] StA-L, 21756 Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Leipzig, Nr. 0050/2.
[11] Gerd Dietrich, Kulturbund, in: Gerd-Rüdiger Stephan u. a. (Hrsg.), Die Parteien und Organisationen der DDR. Ein Handbuch, Berlin 2002, S. 542.
[12] So die Einschätzung bei Dietrich, S. 552.
[13] Siehe bspw. Gottfried Seltmann, Kulturbund Sachsen auf neuen Wegen, in: Sächsische Heimatblätter 2/2008, S. 155 f.
[14] Das Bundessekretariat bestand aus den Bundessekretären, dem Geschäftsführer, dem Leiter des Aufbau-Verlages und dem Chefredakteur der kulturpolitischen Wochenzeitung "Sonntag".
[15] Dietrich, S. 543.
[16] Besonders in den ersten Jahren waren Orts- und Fachgruppen zuweilen identisch.
[17] Vgl. hierzu und zum folgenden Schaarschmidt, Formale Gleichschaltung, S. 151-156.
[18] StA-L, 21756 Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Leipzig, Nr. 2256.
[19] Vgl. Schaarschmidt, Regionalkultur, S. 312.
[20] Als Beispiele StA-L, 21756 Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Leipzig, Nr. 0036/1 und 0036/2.
[21] Ernst Bloch wurde 2. Vorsitzender.
[22] Als Beispiel der Bezirksfachausschuss "Heimatgeschichte und Denkmalpflege", der im Sommer 1959 aus den bisherigen Ausschüssen für Heimatgeschichte/Ortschronik, Ur- und Frühgeschichte, Denkmalpflege und Volkskunde sowie dem Arbeitskreis "Historische Zinnfiguren" gebildet wurde (StA-L, 21756 Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Leipzig, Nr. 017/2).
[23] Zum Beispiel die Bezirkskommission Fotografie im Jahre 1959, Ebd. Nr. 0064/1.
[24] Dies trifft in ähnlicher Weise auf das Bundessekretariat und den Präsidialrat zu. Das "Zentrale Archiv des Kulturbundes" in Berlin wurde erst im Jahre 1977 eingerichtet und arbeitete bis 1990 ohne Archivordnung und Benutzungsregeln.
Finanzen.- Konferenzen und Tagungen.- Arbeitspläne.- Berichte.- Bezirksfachausschüsse, Bezirkskommissionen, Bezirksverbände und Gesellschaften.
Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands wurde am 3. Juli 1945 in Berlin mit dem Ziel der geistigen und kulturellen Erneuerung der Gesellschaft gegründet. Das höchste Organ wurde der Bundeskongress. Die Landesleitung Sachsen konstituierte sich am 23. September 1945; die Ortsgruppe der Stadt Leipzig trat erstmals am 18. November 1945 zusammen. Seit 1972 trug die Massenorganisation von in der Kultur Beschäftigten und Interessierten den Namen Kulturbund der DDR. In zahlreichen Fachgruppen, Arbeits- und Freundeskreisen, im angeschlossenen Philatelistenverband, dem Esperanto-Verband, in der Pirckheimer-Gesellschaft, in den Gesellschaften für Denkmalpflege, für Heimatgeschichte, für Natur und Umwelt oder für Fotografie waren Interessierte organisiert. 1987 hatte der Kulturbund der DDR rund 271.000 Mitglieder. Die höchsten Organe auf Bezirks- und Kreisebene waren die Bezirks- bzw. die Kreisdelegiertenkonferenzen. Darunter standen die Bezirks-, Kreis-, Stadt-, und Stadtbezirksleitungen. Im März 1990 beschloss ein außerordentlicher Bundeskongress des Kulturbunds neue Leitsätze, ein neues Programm und die Umbenennung in Kulturbund e. V.
  • 2012 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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