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Beständeübersicht

Bestand

30107 Amtsgericht Eibenstock

Datierung1806 - 2005
Benutzung im Staatsarchiv Chemnitz
Umfang (nur lfm)30,40

Bestand enthält auch 1161 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

1. Überblick zur Geschichte der sächsischen Amtsgerichte
Das Gerichtsverfassungsgesetz des Deutschen Reichs vom 27. Januar 1877 bestimmte mit Wirkung vom 1. Oktober 1879 die Bildung der Amtsgerichte als unterste Gerichtsbehörden. Das entsprechende sächsische Gesetz vom 1. März 1879 legte dazu fest, dass im Königreich Sachsen ein Oberlandesgericht mit Sitz in Dresden und die Landgerichte Dresden, Leipzig, Bautzen, Zwickau, Chemnitz, Freiberg und Plauen mit 105 Amtsgerichten zu schaffen seien. Sie lösten damit das Oberappellationsgericht, die Appellationsgerichte, die Bezirksgerichte und die Gerichtsämter ab. Den Amtsgerichten oblagen im bürgerlichen Rechtsstreit besonders vermögensrechtliche Streitsachen, Mietstreitigkeiten und sonstige Differenzen von geringer Bedeutung. Außerdem bearbeiteten sie Angelegenheiten der nichtstreitigen Rechtspflege (Freiwillige Gerichtsbarkeit), das Verlassenschaftswesen und hatten die Führung der Vereins-, Handels-, Genossenschafts-, Muster-, Zeichen- und Schiffsregister inne. Sie führten auch die Grundbücher. Für Verhandlungen in Strafsachen aus Übertretungen und Vergehen, die höchstens mit Gefängnis bis zu drei Monaten zu bestrafen waren, wurden spezielle Schöffengerichte aus einem Amtsrichter und zwei gewählten ehrenamtlichen Schöffen gebildet.[01]
Mit dem Gesetz vom 11. März 1921 zur Entlastung der Gerichte kam es zu einer Erweiterung des Strafbefehlverfahrens und der schöffengerichtlichen Zuständigkeit. Mit Hilfe des Strafbefehls konnte ohne Verhandlung eine Strafe festgesetzt werden, was das Verfahren abkürzte.[02]
1924 kam es zu weiteren Reformmaßnahmen. Die mit 12 Geschworenen besetzten alten Schwurgerichte bei den Landgerichten entfielen. An ihre Stelle traten nach dem Schöffenprinzip organisierte Gerichte mit drei Berufs- und sechs Laienrichtern (Geschworene). Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfasste nun neben Übertretungen und Vergehen zum Teil auch Verbrechen, wobei der Amtsrichter Strafsachen bis zu einer Haftstrafe von sechs Monaten entschied.[03]
Am 16. Februar 1923 führte der Erlass des Jugendgerichtsgesetzes zu weiteren Veränderungen der Gerichtsorganisation. Dieses begründete besondere Gerichte für Jugendsachen. Nach der sächsischen Ausführungsverordnung vom 8. Mai 1923 wurden große Jugendgerichte an den Landgerichtssitzen gebildet. Ihre Zuständigkeit erstreckte sich auf die Strafsachen, für die nach den allgemeinen Bestimmungen das Reichsgericht bzw. ein Schwurgericht in Frage gekommen wären.[04]
Eine weitere Aufgabe wurde den Amtsgerichten durch das Reichserbhofgesetz vom 29. September 1933 übertragen. Bei jedem Amtsgericht wurde ein Anerbengericht gebildet. Dieses Gericht sollte die Eintragung der sog. Erbhofbauern in die Erbhofrollen vornehmen und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durchführen. Ähnlich war es mit den Erbgesundheitsgerichten, die mit dem Gesetz vom 14. Juli 1933 eingerichtet wurden. Sie waren jeweils dem Amtsgericht angegliedert, das am Sitz eines Landgerichts bestand. Der Zuständigkeitsbereich umfasste das Territorium des jeweiligen Landgerichts.
Ebenfalls den Amtsgerichten angegliedert waren die Entschuldungsämter. Mit der 7. Verordnung zur Durchführungsbestimmung der landwirtschaftlichen Schuldenregelung vom 30. April 1935 gingen die Aufgaben der Entschuldungsgerichte und Entschuldungsstellen auf die Entschuldungsämter über. Das Entschuldungsamt hatte seinen Sitz bei einem der Amtsgerichte und erledigte meist die Aufgaben für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte.[05]
Nach dem 8. Mai 1945 wurden die Amtsgerichte zu Einrichtungen des Landes Sachsen. 1947 gab es 57 sächsische Amtsgerichte mit zahlreichen Zweig- und Nebenstellen.
Veränderungen traten nochmals 1951 bzw. 1952 ein. Nachdem Erlass der Verordnung vom 5. Mai 1951 und den entsprechenden Durchführungsbestimmungen zur Vereinfachung der Gerichtsorganisation im Land Sachsen vom 28. Mai 1951 bestanden nach Zusammenlegungen noch 30 Amtsgerichte. Unter der Bezeichnung "Kreisgericht" wurden die Aufgaben der Amtsgerichte zwischen August und Oktober weitergeführt. Die gänzliche Auflösung erfolgte dann durch das Gesetz über die Verfassung der Gerichte der DDR (Gerichtsverfassungsgesetz) vom 2. Oktober 1952. Die neugeschaffenen Kreisgerichte übernahmen die Aufgaben der streitigen Gerichtsbarkeit. Die der freiwilligen Gerichtsbarkeit gingen auf verschiedene andere Behörden über, so auf die Räte der Kreise, Städte und Stadtkreise die Vormundschaftssachen, die Führung der Grundbücher, die Pachtschutzsachen und das Handels- und Genossenschaftsregister. Das Vereinsregister übernahmen die Volkspolizeikreisämter, die Testaments- und Nachlasssachen die jeweiligen Staatlichen Notariate.

Die Geschichte, Aufgaben und Aktengruppen der sächsischen Amtsgerichte erläutert Dr. Volker Jäger ausführlich in seiner Findbucheinleitung zur Bestandsgruppe Amtsgerichte, die dem Findbuch des Amtsgerichts Chemnitz (30104) als Anlage beiliegt


2. Quellen und Literatur
Geschäftsordnung für die Königlich Sächsischen Justizbehörden, Dresden, 1903.

Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen , 1879/1880. Nr. 1-19. - (1879).- Nr. 1-10. - (1880).

Gesetzblatt der DDR, Jg. 1951, Nr. 55, S. 404.- Jg. 1952, Nr. 141, S. 983 ff.

Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, Reihe B, hrsg. v. Thomas Klein, Marburg/Lahn, Johann-Gottfried-Herder-Institut, Bd. 14. Sachsen, bearb. von Thomas Klein, 1982.

R. Herrmann, Die Einschränkung der Schöffengerichtstätigkeit durch die reaktionäre Emminger-Verordnung, in: Staat und Recht, 3. Jg. (1954), H. 2, S. 208.

V. Jäger, Findbucheinleitung zur Bestandsgruppe Amtsgerichte, masch., Staatsarchiv Leipzig, 1999.

Reichsgesetzblatt, Teil I, 1921, S. 229

Sächsisches Justizministerialblatt, 1921, S. 18ff , 1923, S. 70.

Schmidt, Annelise/Winar, Sigrid: Erschließung der Bestandsgruppe Amtsgerichte im Staatsarchiv Dresden und deren Auswertungsmöglichkeiten, in: Archivmitteilungen Nr. 1, 1988, S. 26 – 28


[01] Schmidt /Winar: Erschließung der Bestandsgruppe Amtsgerichte im Staatsarchiv Dresden, S. 26 – 28.
[02] Reichsgesetzblatt, Teil I, 1921, S. 229 und sächsische Ausführungsverordnung vom 26.3.1921, Sächsisches Justizministerialblatt, 1921, S. 18ff.
[03] R. Herrmann, Die Einschränkung der Schöffengerichtstätigkeit durch die reaktionäre Emminger-Verordnung, S. 208.
[04] Sächsisches Justizministerialblatt, 1923, S. 70.
[05] V. Jäger, Findbucheinleitung zur Bestandsgruppe Amtsgerichte.
Übersicht über die Bestände des Sächsischen Landeshauptarchivs und seiner Landesarchive, Leipzig 1955, S. 288 (K. Jäger).
Archivalische Quellennachweise zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 5, Teil 3, ms. gedr. 1961, S. 726
Schmidt, Anneliese; Winar, Sigrid: Erschließung der Bestandsgruppe Amtsgerichte im Staatsarchiv Dresden und deren Auswertungsmöglichkeiten, in: Archivmitteilungen 1/1988, S. 26 - 28.
Nachlassangelegenheiten.- Vormundschaften.- Unterhaltssachen.- Adoptionen.- Vaterschaftsanerkennungen.- Register zu Strafsachen.- Namensverzeichnisse zu den Strafregistern.- Register zu Zivilsachen.- Handelsregister bis 1938.- Handelsregister, Abt. A.- Handelsregister, Abt. B.- Vereinsregister.- Genossenschaftsregister.
Die "Verordnung, die mit dem 1. Oktober 1879 in Wirksamkeit tretenden Gerichte betreffend" (vom 28. Juli 1879) legte die einzelnen Amtsgerichte und deren örtliche Verantwortlichkeit fest. Das Amtsgericht Eibenstock war demzufolge dem Landgericht Zwickau untergeordnet. Zum territorialen Zuständigkeitsbereich gehörten die folgenden Gemeinden: Eibenstock, Blauenthal (mit Sandleithe, Spitzleithe und Vorderplänerleithe), Carlsfeld (mit Blechhammer und Weiterswiese), Hundshübel (mit Kohlhau), Muldenhammer, Neidhardtsthal (mit neuem Werk), Neuheide, Oberstützengrün (mit Neulehn), Schönheide (mit Ascherwinkel, Baumannsberg, Fuchswinkel, Heinzwinkel, Marquardswinkel, Webersberg und Ziegelleithe), Schönheider Hammer (mit Uttmanns Vorwerk), Sosa (mit Zimmersacher und Auersberger Häusern, Lochhäusern, Riesenberger Häusern, roter Grube, rotem Mann, Viergesell und Fritzschhaus), Unterstützengrün, Weiters Glashütte, Wildenthal (mit Oberwildenthal und Rehhübel) und Wolfsgrün (Oberblauenthal) sowie den Forstrevieren Auersberg, Eibenstock, Wildenthal, Hundshübel, Schönheide, Sosa und Carlsfeld.
In der Zeit von 1933 - 1945 etablierte das NS-Regime eine Vielzahl von Ausnahme- und Sondergerichten. Dazu zählten u. a. auch die Anerbengerichte, die mit dem Reichserbhofgesetz (vom 29. September 1933) etabliert wurden. Sie waren organisatorischen an den Amtsgerichten angesiedelt und entschieden in Erbhofrechtsstreitigkeiten - so auch am Amtsgericht Eibenstock. Darüber hinaus legte das "Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Entschuldungsverhältnisse" (vom 1. Juni 1933) bestimmte Amtsgerichte als örtlich zuständige Behörden für das Entschuldungsverfahren von landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Betrieben fest. Für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock war das zuständige Entschuldungsamt am Amtsgericht Schwarzenberg angesiedelt. (Diese und weitere Ausnahme- und Sondergerichte wurden jedoch durch die Proklamation Nr. 3, Absatz III des Alliierten Kontrollrates vom 20. Oktober 1945 wieder aufgelöst.)
Um die "Aufgaben unter den besonderen Verhältnissen des Krieges auch weiterhin [..] erfüllen [zu können]" (RGBl. 1942 I, S. 139) bestimmte Adolf Hitler die Vereinfachung der Rechtspflege. Unter der Prämisse trotz kriegsbedingter Einschränkungen den Gerichtsbetrieb aufrecht zu erhalten, wurden in der Folge eine Vielzahl der Amtsgerichte in Sachsen zu Zweiggerichten umgewandelt bzw. gänzlich aufgelöst oder vor Ort nur noch einmal oder mehrmals wöchentlich Gerichtstage abgehalten. Im Rahmen dieser Umorganisation des Gerichtswesens wurde das bisherige Amtsgericht Eibenstock zu einer Zweigstelle des Amtsgerichtes Aue erklärt.
Nach dem Ende des Krieges setzte der Alliierte Kontrollrat mit dem Gesetz Nr. 4 (vom 30. November 1945) das Gerichtswesen wieder auf den Stand von vor 1933 - mit der Aufteilung Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht - zurück. Bis 1952 erfolgte - neben der grundlegenden territorialen und administrativen Neugliederung in der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR - auch eine Umgestaltung der Justiz. Daraus resultierte etwa eine Veränderung der Zuständigkeitsbereiche der Amtsgerichte, die sich nun den Grenzen der Landkreise und Stadtkreise anpassten ("Verordnung zur Änderung von Gerichtsbezirken im Land Sachsen" vom 5. Mai 1951). Mit den "Durchführungsbestimmungen zur Vereinfachung der Gerichtsorganisation in Sachsen" (vom 28. Mai 1951) wurde das Amtsgericht Eibenstock in eine Zweigstelle für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit umgewandelt. Aufgrund seiner Lage im Landkreis Aue war es weiterhin dem Amtsgericht Aue angegliedert. In seinen territorialen Zuständigkeitsbereich fielen die folgenden Gemeinden: Blauenthal, Carlsfeld, Eibenstock, Hundshübel, Oberstützengrün, Neuheide, Schönheiderhammer, Sosa, Unterstützengrün und Wildenthal.
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