Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

11336 Festungsgefängnis (Militärstrafanstalt) Dresden

Datierung1862 - 1921
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)2,80
1. Militärstrafgerichtsbarkeit
Mit dem Beitritt Sachsens zum Norddeutschen Bund im Jahr 1867 und der späteren Einverleibung in das Deutsche Reich hörte Sachsen auf, ein selbständiger politischer Faktor in der deutschen Politik zu sein. Im Militärwesen, in der Kriegsführung, in der Militärpolitik und Militärdoktrin kam es durch diese Maßnahme zu tiefgreifenden Veränderungen.[01] Mit der Integrierung des sächsischen Heeres in die preußisch-deutsche Armee wurde die sächsische Armee im Rahmen des Bundesheeres nach preußischem Vorbild umgestaltet. Diese riesige Organisation des Militärapparates erfasste das ganze Reichsgebiet. Ein wesentliches Instrument zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit dieser Armee bildete das Militärjustizwesen. Seine bestimmenden Grundlagen waren das Militärstrafgesetzbuch und die Militärstrafgerichtsordnung.
Im Königreich Sachsen hatte das 1855 überarbeitete und 1867 dem preußischen im wesentlichen nachgebildete Militärstrafgesetzbuch volle Gültigkeit, das in den Jahren 1911 bis 1918 mehrfach geändert werden musste.
Die Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 regelte die Militärgerichtsbarkeit. Mit ihrer Einführung wurden erstmalig Militärjuristen an der Urteilsfindung beteiligt und damit von vornherein jedem Strafverfahren Ziel und Inhalt gegeben.
Auf der Grundlage des Militärstrafgesetzbuches erfolgte die Verurteilung von Militärpersonen und für die Verbüßung von Strafen waren die militärischen Strafanstalten zuständig. Diese untergliederten sich in:
• Festungsgefängnisse
• Festungsgefangenenanstalten
• Festungsstubengefangenenanstalten
• Militärarrestanstalten.
Offiziere und Militärbeamte verbüßten jede Gefängnisstrafe in einer Festungsgefangenenanstalt. Das geschah unter weit besseren Bedingungen als die der niederen Dienstgrade. Die Vollstreckung der Gefängnis- und Disziplinarstrafen gegen Unteroffiziere und Gemeine über sechs Wochen erfolgte in einem Festungsgefängnis – in Sachsen war es das Festungsgefängnis Dresden – und bis zu sechs Wochen in einem Garnisonsgefängnis (Militärarrestanstalt)


2. Geschichte des Festungsgefängnisses Dresden (einschließlich Königstein)
Die Forderung des Bürgertums nach demokratischen Freiheiten in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts hatte Auswirkungen auf das Militär in Sachsen, so mussten u. a. im Militärjustizwesen Reformen durchgeführt werden.
Das Festungsgefängnis Dresden, als Militärarrestanstalt am 1. Januar 1835 errichtet, war aus der Militärstrafkompanie hervorgegangen. Im Jahr 1874 wurde es in "Festungsgefängnis Dresden" umbenannt und 1891 mit dem am 1. April 1874 errichteten Festungsgefängnis Königstein vereinigt.
Das Festungsgefängnis Dresden unterstand zunächst der Kommandantur Dresden und ab 1902 der Inspektion der militärischen Strafanstalten. Die verantwortliche Leitung im Festungsgefängnis hatte der Vorstand des Festungsgefängnisses. Administrative Aufgaben wurden durch das sächsische Kriegsministerium von den Abteilungen I und III wahrgenommen, wobei die Abteilung I für die allgemeinen und speziellen Dienstangelegenheiten und die Abteilung III für Strafvollstreckungs-, Straferlass- und Begnadigungsangelegenheiten des Festungsgefängnisses zuständig war.
Im Jahr 1916 wurde in der Mathildenstraße in Dresden eine Zweigstelle des Festungsgefängnisses errichtet, um die immer größer werdende Zahl Militärgefangener unterzubringen. Dazu gehörten russische und französische Kriegsgefangene, die durch die Militärjustiz im Kriegsgefangenenlager abgeurteilt wurden.
Im Königreich Sachsen wurden in der Zeit von 1916 bis 1918 vier sächsische Militärgefangenenkompanien aus dem Etat des Festungsgefängnisses errichtet, die auf dem westlichen Kriegsschauplatz eingesetzt wurden. Ersatztruppenteil für diese Militärgefangenenkompanien war das Festungsgefängnis Dresden.
Am 12. April 1920 wurde das Festungsgefängnis Dresden in "Strafanstalt Dresden" umbenannt und mit der Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit in die Verwaltung ziviler Behörden übernommen.[02]3. Geschichte der Arbeiterabteilung Dresden
Die Arbeiterabteilung wurde, nach Gründung des Norddeutschen Bundes, im Jahre 1866 provisorisch gebildet.[03]
Ihre endgültige Formierung erfolgte 1876 in Dresden. Am 28, März 1877 wurde die Arbeiterabteilung auf die Festung Königstein verlegt und im März 1892 wegen mangelnder Einsatzmöglichkeiten der Arbeitssoldaten wieder nach Dresden zurückverlegt.
Die Arbeiterabteilung Dresden unterstand, wie auch das Festungsgefängnis, vorerst der Kommandantur Dresden und mit der Bildung der Inspektion der militärischen Strafanstalten am 6. November 1902 dieser Behörde. Die verantwortliche Leitung der Arbeiterabteilung oblag einem Abteilungsführer und seit 1894 einem Vorstand. Im Jahr 1913 wurde der Vorstand des Festungsgefängnisses mit der Führung der Arbeiterabteilung beauftragt.[04]
In der Arbeiterabteilung Dresden befanden sich diejenigen Mannschaften, die u. a. aufgrund ihrer politischen Einstellung nicht "würdig" waren, in der Truppe zu dienen. Es handelte sich hierbei um Militärgefangene, die infolge Begnadigung aus dem Festungsgefängnis entlassen wurden und bei denen als Nebenstrafe noch Ehrenrechtsverlust ausgesprochen wurde. Diese sogenannten Arbeitssoldaten wurden unter militärischer Aufsicht zur Ausführung von Arbeiten für militärische Zwecke eingesetzt.
Mit Verfügung des Ministeriums für Militärwesen vom 2. Dezember 1918 wurde die Arbeiterabteilung in Dresden am 1. Januar 1919 aufgelöst.[05] Das Aufsichtspersonal wurde bis auf weiteres dem Festungsgefängnis zugeteilt, während die vorübergehend zur Arbeiterabteilung kommandierten Unteroffiziere und Gefreiten einschließlich der Arbeitssoldaten zu ihren Einsatztruppenteilen zurückkehrten


4. Zum Inhalt der Aktenbestände
In der Aktengruppe Verfügungen, Ordern und Befehle befinden sich vorwiegend vom preußischen Kriegsministerium erlassene und vom sächsischen Kriegsministerium für das Königreich Sachsen präzisierte Verordnungen zu allgemeinen dienstlichen, personellen und wirtschaftlichen Fragen sowie zum politischen Geschehen und Problemen des Strafvollstreckungswesens.
Akten mit überwiegend politischem Inhalt sind in diesem Bestand nicht enthalten. Aus der Zeit des Sozialistengesetzes und danach finden sich eine Reihe Verfügungen, die Militärpersonen verboten, an Veranstaltungen und Vereinen der Sozialdemokratie teilzunehmen. Gaststätten, in denen vorwiegend Sozialdemokraten verkehrten und sozialdemokratische Zeitungen und Zeitschriften auslagen, durften von Militärpersonen nicht besucht werden.
Um eine Rechtsgrundlage für die Bestrafungen der Militärpersonen zu haben, wurden die Generalkommandos aufgefordert, entsprechende Verbote über Maßnahmen zur Bekämpfung einer Verbreitung sozialistischer Lehren in der Armee zu erlassen. Vor der Verbreitung revolutionärer Schriften wurde gewarnt, nicht nur das Einführen, auch das Behalten solcher Schriften wurde unter Strafe gestellt.
Obwohl vom Kriegsministerium und den Generalkommandos Verbote zu Soldatenmisshandlungen erlassen wurden, fanden diese Verfügung bei der Ausbildung der Rekruten durch Vorgesetzte wenig Beachtung. Im Zusammenhang mit den Misshandlungen traten Fahnenflucht und Selbstmorde auf, hierzu erlassene Maßnahmen finden sich in den Akten.
Auch im Festungsgefängnis Dresden befanden sich Unteroffiziere, die wegen Misshandlung Untergebener verurteilt wurden. Jedoch wurden diese Vergehen in der Regel bagatellisiert, sehr milde bestraft und diese Strafen in der Berufungsverhandlung meist noch herabgesetzt, während Verstöße und Vergehen der Untergebenen mit äußerster Strenge geahndet wurden. Insbesondere kommt dies in den Strafbüchern der Militärgefangenen und der Arbeitssoldaten zum Ausdruck. Strafmaße für Militärgefangene befinden sich nicht in den Akten.
Die im Festungsgefängnis Dresden befindlichen Militärgefangenen waren aufgrund ihrer Verurteilung überwiegend in den Soldatenstand 2. Klasse versetzt worden. Dies hatte den dauernden Verlust der Orden und Ehrenzeichen zur Folge, des Weiteren konnten auch durch Richtersprüche Versorgungsansprüche aberkannt werden.[06] Nach Verbüßung ihrer Strafe wurden diese Militärgefangenen in die Arbeiterabteilung versetzt, wo sie weiterhin wie Gefangene behandelt wurden.
Im Verlauf des 1. Weltkriegs wurde zur Stärkung der Feldtruppen eine Reihe von Arbeitssoldaten rehabilitiert, in den Soldatenstand 1. Klasse und zum Truppenteil zurückversetzt. Aus dem gleichen Grund wurden auch aus einem bedeutenden Teil der Militärgefangenen des Festungsgefängnisses Militärgefangenenkompanien gebildet, die zum Straßen-, Stellungs- und Wegebau sowie zu sonstigem Arbeitsdienst an der Front eingesetzt. Nicht alle Militärgefangenen konnten in Militärgefangenenkompanien erfasst werden. Aufgrund ihrer körperlichen Konstitution mussten die noch im Festungsgefängnis verbliebenen Militärgefangenen ihre Strafe in der Stickerei, Schneider- oder Schuhwerkstatt des Festungsgefängnisses ableisten. Mit ihrer Arbeit sollten sie vorwiegend den Bedarf des gesamten Armeekorps an Unterwäsche und Fingerhandschuhen sowie den Bedarf an Bekleidung der Arbeiterabteilung und des Festungsgefängnisses decken. In Auswirkung der Novemberrevolution wurden diese Militärgefangenen am 8. November 1918 befreit.
Aufgrund der Kriegslage im Jahr 1918 sah sich die Oberste Heeresleitung gezwungen, alle noch verfügbaren Kräfte an die Fronten zu verlegen. In Verwirklichung dieser Verordnung wurden u. a. Kriegsarbeiterkompanien aus "Heeresunfähigen" (strafgerichtlich verurteilte Wehrpflichtige) aufgestellt, die auch wie die Militärgefangenenkompanien zum militärischen Arbeitsdienst eingesetzt wurden, wo sie die schwerste und gefährlichste Arbeit verrichten mussten. Im Königreich Sachsen wurde die Kriegsarbeiterkompanie Nr. 19 aufgestellt, die aus den "Heeresunfähigen" des XII. und XIX. Armeekorps bestand


5. Ordnungsweise und Verzeichnung des Bestandes
Der Bestand der sächsischen militärischen Strafanstalten umfasst 247 (165) Akteneinheiten aus den Jahren 1862 – 1920.[07]
Er gliedert sich in drei Registraturbildner:
1. Festungsgefängnis Dresden
2. Festungsgefängnis Königstein
3. Arbeiterabteilung Dresden.
Der Bestand befand sich in ungeordnetem Zustand. Eine Registratursignatur war nicht vorhanden und nicht zu erkennen. Es konnte auch nicht auf die Ordnungsweise ähnlicher Aktenbestände zurückgegriffen werden. Aus diesem Grund wurde der Bestand neu geordnet.
Die Akten wurden im Wesentlichen nach sachlichen Gesichtspunkten gegliedert und innerhalb dieser Sachgebiete eine Reihung der Akten in chronologischer Folge vorgenommen. Eine Struktur war nur im Bestand des Festungsgefängnisses Dresden ersichtlich, nach der diese Akten geordnet wurden. Die Akten der Bestände "Arbeiterabteilung Dresden" und "Festungsgefängnis Königstein" wurden nach sachlichen Zusammenhängen geordnet.
Aktentitel, die mit dem Akteninhalt nicht übereinstimmten, wurden umgestaltet bzw. neugebildet. Einzeldokumente, vor allem mit militärpolitischer und militärhistorischer Bedeutung wurden durch Enthält-Vermerke hervorgehoben.
[…]
Potsdam, den 31. Oktober 1972
E. Hellwig
Staatlich geprüfter Archivar


6. Zum vorliegenden Findbuch
Bei dem vorliegenden Findbuch handelt es sich lediglich um eine Konversion des im Militärarchiv der DDR im Jahr 1972 erstellten Findbuchs, bei der einige geringfügige Korrekturen der Aktentitel und Auslassungen bei der Einleitung vorgenommen wurden.


[01] Förster, Helmert, Otto, Schnitter: Preußisch deutscher Generalstab 1640 – 1965, Berlin 1966, S. 72.
[02] 11336 Festungsgefängnis (Militärstrafanstalt) Dresden, Nr. 16.
[03] Bredow, Wedel: Historische Rang- und Stammliste des deutschen Heeres, Berlin, o. J., S. 1427.
[04] Ranglisten der königlich sächsischen Armee, 1977, S. 6; 1894, S. 13; 1913, S. 74.
[05] Sächsisches Militärverordnungsblatt, 1918.
[06] Militärstrafvollstreckungsvorschrift, Berlin 1908, S. 118.
[07] 117 Akten wurden bei der Bewertung aus diesem Bestand kassiert. Siehe Kassationsprotokoll Nr. 17/72.
Geheime Verfügungen, Order, Befehle.- Personalangelegenheiten.- Intendanturwesen.- Sanitätsdienst.- Bekleidung.- Ausrüstung.- Kriegsgefangene.- Zivilgefangene.- Kassenwesen.- Organisation.
Die Militärstrafanstalt wurde 1835 errichtet und diente zur Abbüßung von Gefängnis- und disziplinarischen Strafen Angehöriger der Garnison Dresden. Seit 1874 war sie Festungsgefängnis und wurde mit dem auf der Festung Königstein befindlichen Festungsgefängnis vereinigt.

Weitere Angaben siehe 2.3.8 Militär
  • 1972 (Retrokonversion 2020) | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang