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Beständeübersicht

Bestand

30699 Grundherrschaft Langenhessen-Bosenhof

Datierung1660 - 1850
Benutzung im Staatsarchiv Chemnitz
Umfang (nur lfm)1,37
1. Geschichte der Grundherrschaft Langenhessen-Bosenhof
Die Grundherrschaft Bosenhof (Bezeichnung für das Rittergut Langenhessen) befand sich in Kleinhessen nördlich von Werdau. Das Rittergut war ein Einzelgut und wurde 1551 erstmals erwähnt. Es gehörte mit 4.204,52 Steuereinheiten (um 1840) zu den kleineren Gütern in Sachsen. Es war ein amtssässiges Rittergut. Der Grundherr besaß die Ober- und Erbgerichtsbarkeit über seine Untertanen. Das Rittergut Bosenhof übte die Patrimonialgerichtsbarkeit in Langenhessen und teilweise in Kleinhessen aus. Die Patrimonialgerichtsbarkeit wurde zum 22. Januar 1853 an das Justizamt Werdau abgegeben.
Das "Vorwerk Hessen" war ursprünglich als Lehn ein Teil der Herrschaft Crimmitschau und spätestens seit dem Ende des 15. Jahrhunderts in den Händen der Familie von Trützschler.[01] Moritz von Trützschler verkaufte im Jahre 1556 sein Gut mit allen Zugehörungen, Erb- und Obergerichten und der Schenke ("Kuhkrippe") an Thomas von Wölnitz in Langenhessen.[02] Dieser vereinigte es mit den Besitzungen der Familie von Wölnitz in Langenhessen und das Gut erhielt nun den Namen "Langenhessen".
Im Jahre 1607 erwarb Christoph Bose auf Kleinsaara das verschuldete Rittergut Langenhessen von den unmündigen Söhnen von Thomas von Wölnitz. Von diesem kam es an Hans Ernst Bose auf Netzschkau. Seit dieser Zeit führt das Gut den Namen "Bosenhof".
Bereits im Jahre 1609 kam Bosenhof durch Tausch gegen das Gut Neuschönfels an Otto von Weißenbach. Dieser verpachtete es 1610 an Albert von Schönitz auf Carthause, welcher es schließlich, nachdem Otto von Weißenbach in Konkurs geriet, im Jahre 1613 kaufte.
Nur zwei Jahre später verkaufte Albert von Schönitz Bosenhof an Hans Meusinger und wiederum zwei Jahre später (1617) ging das Gut in den Besitz von Heinrich Friedrich von Beust († 1638) über. Nach dessen Tode wurden dessen drei Söhnen mit Bosenhof belehnt.[03]
Im Jahre 1647 brachte der kaiserliche Obrist zu Roß und Fuß und Hauptmann der Ämter Zwickau und Werdau, Carl Bose auf Schweinsburg († 1657), auch Bosenhof in seinen Besitz.[04] Sein Sohn Friedrich Carl Bose († 1689) erbte das Gut Bosenhof und wiederum dessen Sohn Carl Gottfried übernahm nach seinem Tod zusammen mit den Gütern Schweinsburg und Lauterbach den Bosenhof.
Am 5. Juni 1701 brannte das Herrenhaus samt den Wirtschaftsgebäuden ab. Letztere wurden im Jahre 1703 wiederaufgebaut. Das Gut Bosenhof kaufte im Jahre 1713 die Schwägerin von Carl Friedrich Bose auf Schweinsburg und Bosenhof († 1717), Geheimrätin Christiane Sophie verw. von Schleinitz geb. von Hünicke († 1719). Diese erbaute sich die herrschaftliche Wohnung zum Witwensitz.[05]
Nach ihrem Tode kauften die Brüder Carl Gottlob († 1745) und Hans Carl Bose († 1761 unverheiratet) auf Kannawurf die Güter Schweinsburg und Bosenhof. Nach 1761 erhielten die vier Söhne von Carl Gottlob Bose Bosenhof gänzlich, nachdem sie sich den Besitz nach dem Tode ihres Vaters bereits mit ihrem "Erbonkel" Hans Carl geteilt hatten. Nach der brüderlichen Teilung im Jahre 1771 ging das Gut an den fürstl. anhalt-dessauischen Landkammerrat Christian Adolph Carl Bose.
Das Rittergut Bosenhof blieb weiterhin in Boseschen Familienbesitz. Bis 1825 gehörte es dem preußischen Rittmeister Carl Alexander August Friedrich von Bose, der ledig und kinderlos verstarb. Das Gut kam an seine einzige Schwester, Emilie Albertine Henriette von Bose († 1851), die ebenfalls unverheiratet blieb. Sie hinterließ das Besitztum ihrer Stiefmutter, Charlotte Wilhelmine Antoinette Johanna verw. von Bose geb. Gräfin Hülsen († 1853). Mit ihrem Tode endete die 250jährige Geschichte der Familie Bose in Bosenhof.[06]
Bosenhof wurde 1853 der Nichte von Charlotte Wilhelmine Antoinette Johanna von Bose, Frau Regierungsrat Charlotte Caroline Erdmuthe Franziska Wentzel geb. Gräfin Hülsen, übertragen, die ihn 1871 an den Brauereibesitzer Carl Mummert in Crimmitschau veräußerte. Nach dessen Tode im Jahre 1884 kam Bosenhof in die Hände seines jüngsten Sohnes Otto Mummert, der das Rittergut über 60 Jahre lang bewirtschaftete.[07]
Mit der Bodenreform wurde das Rittergut im Jahre 1945 enteignet und der Landbesitz an Bauern verteilt. Das Herrenhaus wurde zu einem Kindergarten umgebaut, der 1947 seinen Betrieb aufnahm, 1963 erweitert wurde und bis heute seinen Dienst tut.[08]


2. Bestandsgeschichte
Mit dem Übergang der Patrimonalgerichtsbarkeit vom Grundherrn auf den Staat gelangten die dazugehörigen Akten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in die Altregistraturen der neu gebildeten sächsischen Gerichte. Von dort wurden sie an das Hauptstaatsarchiv Dresden abgegeben. Im Rahmen einer Beständebereinigung kamen die Bestände 39007 Lagerungsgemeinschaft Amtsgericht Crimmitschau und 39043 Lagerungsgemeinschaft Amtsgericht Werdau und 39058 Amtshauptmannschaft Schwarzenberg und 39070 Amtshauptmannschaft Zwickau, Vorakten im Jahr 2002 aus dem Hauptstaatsarchiv Dresden in das Staatsarchiv Chemnitz. Von 2005 bis 2009 wurden die Lagerungsgemeinschaften im Staatsarchiv Chemnitz aufgelöst und die Akten ihren ursprünglichen Provenienzen zugeordnet. Der Bestand 30699 Grundherrschaft Langenhessen-Bosenhof wurde neu gebildet und die Findkartei im Jahr 2006 im Archivprogramm Augias 7.4 erfasst. Der Bestand umfasst 0,87 lfm und besteht aus 35 Verzeichnungseinheiten.
Mit der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der SBZ formulierten "Verordnung über die landwirtschaftliche Bodenreform" vom 10. September 1945[09] wurden die Rittergüter entschädigungslos enteignet. Diese Verordnung wurde am 17. Mai 1946 durch die "Anordnung über die Sicherstellung und Verwertung des nichtlandwirtschaftlichen Inventars der durch die Bodenreform enteigneten Gutshäuser" ergänzt, die das zu diesem Zeitpunkt noch in den Gutshäusern lagernde Archivgut einbezog.[10] Im Zuge der nun erfolgten sogenannten "Schlossbergung" wurde vom Landeshauptarchiv Dresden im gesamten Land Sachsen das nach Abgabe der Patrimonialgerichtsakten noch vorhandene Archivgut der Grundherrschaften geborgen.[11]
Die Akten des Gutsarchivs Schweinsburg wurden im Dezember 1945 in das städtische Thiemehaus Crimmitschau gebracht. Die Bosenhofer Gutsakten lagerten bis 1948 auf dem Boden des Herrenhauses, bevor sie – ebenso wie die Schweinsburger Rittergutsakten – in das Stadtarchiv Crimmitschau gelangten und dort zusammen mit den Akten des Rittergutes Gablenz in vier verschließbaren Schränken aufbewahrt wurden. 1961 wurden die Bestände dem Landesarchiv Glauchau und kurze Zeit später dem Landeshauptarchiv Dresden übergeben.[12] Dort wurden die Bestände der Gutsarchive Bosenhof und Schweinsburg in einem schreibmaschinenschriftlichen Findhilfsmittel gemeinsam kursorisch verzeichnet (nicht erschlossen!) und mit den gleichnamigen Beständen der Patrimonialgerichte zusammengeführt. Beide Bestände wurden als 10159 Grundherrschaft Bosenhof und Schweinsburg zusammengefasst, obwohl diese seit ihrer Trennung Ende des 15. Jahrhunderts nicht mehr existierte.[13] Nach Übernahme in das Staatsarchiv Chemnitz ist der Bestand unter 30614 Grundherrschaft Bosenhof und Schweinsburg erfasst.


3. Bestandsanalyse
Überliefert sind Akten über Lehens- und Untertanensachen, Ablösung von Diensten und Abgaben, Gerichtsprotokolle, Kaufprotokolle, Erbteilungsprotokolle und die Anlegung der Grundbücher und Hypothekenbücher für Langenhessen-Bosenhof .
Weitere Archivalien befinden sich im Bestand 30614 Grundherrschaft Bosenhof und Schweinsburg.


4. Quellen und Literatur
Zu Langenhessen bzw. Bosenhof vgl. folgende weitere Bestände:
12613 Gerichtsbücher
30614 Grundherrschaft Bosenhof und Schweinsburg
30038 Superintendentur Zwickau
33059 Pfarrgerichte (zusammengefasster Bestand)
30019 Justizamt Werdau
30023 Amt Zwickau (Justiz- und Rentamt)
33037 Gerichtsamt Werdau
30051 Amtshauptmannschaft Zwickau

Groß, Reiner: Herrschaftliche Güter bis zur bürgerlichen Agrarreform: Beiheft zur Karte B II 1. Dresden/Leipzig, 2004, S. 25

Album der Rittergüter und Schlösser des Königreiches Sachsen / nach der Natur neu aufgenommen von F. Heise…, herausgegeben von G. A. Poenicke , IV. Sektion, Erzgebirgischer Kreis, S. 23

http://hov.isgv.de/Langenhessen
http://hov.isgv.de/Bosenhof


5. Abkürzungen
Vgl. in:
Die Amtssprache: Verdeutschung der hauptsächlichsten im Verkehre der Gerichts- und Verwaltungsbehörden sowie in Rechts- und Staatswissenschaft gebrauchten Fremdwörter / Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Westfälisches Archivamt - Münster : Landschaftsverb. Westfalen-Lippe/ Westfäl. Archivamt, 2004. - 185 S.

Demandt, Karl E.: Laterculus Notarum: lateinisch-deutsche Interpretationshilfen für spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Archivalien. - Mit 4 Taf. spezieller Zahlenschreibungen des 14.-16. Jahrhunderts / Karl E. Demandt - 6., unveränd. Aufl. - Marburg : Archivschule, 1998.




[01] Vgl. Lehnsbrief für Oswald von Trützschler über das "Vorwerk Hessen" aus dem Jahre 1488. StAC, Bestand 30614, Nr. 32.
[02] Chronik des Schlosses Schweinsburg, S. 119.
[03] Göpfert, S. 197.
[04] Neue Sächsische Kirchengalerie (Werdau), Sp. 388 f.
[05] Chronik des Schlosses Schweinsburg, S. 90. 95.
[06] Zur Geschichte der Familie von Bose auf Bosenhof vgl. ausführlich Familie von Bose, S. 46-48.
[07] Neue Sächsische Kirchengalerie (Werdau), Sp. 389; Hofmann, S. 308.
[08] http://www.westsachsen.de/neukirchen/pleisse/
[09] In: Amtliche Nachrichten der Landesverwaltung Sachsen Nr. 5 (1945) vom 24. Sept.
[10] In: Amtliche Bekanntmachungen der Landesverwaltung Sachsen Nr. 14 (1946) vom 28. Mai, S. 183.
[11] Richter, Adelsarchive, S. 315 f.
[12] Diese Angaben sind den sogenannten Orts- und Gemeindeakten entnommen. StAC, Bestand 10707, FM 30931, Aufnahmeeinheit 212-228.
[13] Vgl. Findbuch zum Bestand 30614 von H. Löber, 2008.
Groß, Reiner: Herrschaftliche Güter bis zur bürgerlichen Agrarreform: Beiheft zur Karte B II 1. Dresden/Leipzig, 2004, S. 25

Album der Rittergüter und Schlösser des Königreiches Sachsen / nach der Natur neu aufgenommen von F. Heise…, herausgegeben von G. A. Poenicke, IV. Sektion, Erzgebirgischer Kreis, S. 23

http://hov.isgv.de/Bosenhof
Lehnsangelegenheiten.- Untertanensachen.- Ablösung von Diensten und Abgaben.- Gerichtsprotokolle.- Kaufprotokolle.- Erbteilungsprotokolle.- Anlegung der Grund- und Hypothekenbücher für Langenhessen-Bosenhof.
Die Grundherrschaft Bosenhof (Bezeichnung für das Rittergut Langenhessen) befand sich in Kleinhessen nördlich von Werdau. Das Rittergut war ein Einzelgut und wurde 1551 erstmals erwähnt. Es gehörte mit 4.204,52 Steuereinheiten (um 1840) zu den kleineren Gütern in Sachsen. Es war ein amtssässiges Rittergut. Der Grundherr besaß die Ober- und Erbgerichtsbarkeit über seine Untertanen. Das Rittergut besaß lediglich die Gerichtsbarkeit über Güter in Bosenhof und Langenhessen. Die Patrimonialgerichtsbarkeit wurde zum 22. Januar 1853 an das Justizamt Werdau abgegeben.
  • 2011, 2018 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-15 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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