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Beständeübersicht

Bestand

11130 Sächsische Kommission für Geschichte

Datierung1867 - 1982
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)3,90

Bestand enthält auch 1 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Einleitung

Die Sächsische Kommission für Geschichte (bis 1945)
Als auf dem Leipziger Historikertag 1894 über die verschiedenen Arten der Förderung landesgeschichtlicher Forschungen durch Kommissionen, Gesellschaften und Vereine berichtet wurde, war dies ein weiterer Impuls, auch in Sachsen eine Historische Kommission zu gründen. Vorstöße gab es schon seit einigen Jahren, unterstützt von Professoren in Leipzig und Dresden sowie Vertretern des Hauptstaatsarchivs. Nach der Denkschrift von Karl Lamprecht vom 17. Juni 1893 und Verhandlungen mit dem Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht wurde schließlich am 22. Juni 1896 die Königlich Sächsische Kommission für Geschichte [01] gegründet, deren konstituierende Sitzung am 3. Dezember 1896 [02] stattfand. Als eine staatliche Behörde errichtet, standen dem Gremium jährlich finanzielle Mittel aus dem Staatshaushalt zur Verfügung, die vor allem für die Finanzierung der Schriften eingesetzt wurden.
Den Vorsitz in der Kommission übernahm der Kultusminister, später der Minister für Volksbildung. Die Berufung der Mitglieder erfolgte durch das Staatsoberhaupt, später durch das Gesamtministerium auf Vorschlag der Kommission.
Von Beginn an zeichnete sich die Sächsische Kommission für Geschichte durch eine interdisziplinäre Zusammensetzung aus. So gehörten ihr Historiker der Universität Leipzig und der Technischen Hochschule Dresden, Kirchenhistoriker, Nationalökonomen, Germanisten, Juristen, Kunsthistoriker, Archivare, Bibliothekare, Geographen und Pädagogen an.
Den Wirkungskreis bestimmte das Statut vom 22. Juni 1896 [03] mit den Nachträgen und Änderungen vom 25. April 1913 [04] und 12. April 1922 [05] . "Die Sächsische Kommission für Geschichte hat die Aufgabe, die Kenntnisse der Geschichte Sachsens ... mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu fördern. Vornehmlich gibt sie zu diesem Zwecke Werke archivalischer und darstellender Art heraus" [06] .
Die geschichtlichen Gebiete, die in den Aufgabenbereich der Kommission gehörten, waren sehr vielseitig. Eine erste Aufstellung über die Bearbeitungs- und Veröffentlichungstätigkeit entstand noch 1897. [07] Neben historisch-geographischen Arbeiten sollten Themen zur politischen Geschichte und Staatsverwaltung, Verfassungs-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte und zum geistigen Leben untersucht werden. Auch die Bearbeitung einer sächsischen Bibliographie sowie biographische Darstellungen standen auf der Publikationsliste.
Für einzelne Tätigkeitsfelder wurden Ausschüsse oder Unterkommissionen gebildet. Daneben beschäftigten sich Gremien mit der Festsetzung einer Geschäftsordnung oder der Aufstellung der Editionsgrundsätze bzw. übernahm die Verhandlung mit den Verlagen.
Die Mitglieder der Kommission kamen jährlich einmal in Leipzig, die ersten beiden Jahrzehnte im Dezember, danach immer im Frühjahr, unter dem Vorsitz des Kultus- bzw. Volksbildungsminister zur Jahresversammlung zusammen. Neben der Rechenschaftslegung über den Stand der einzelnen Projekte, die Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel besprach man neue Forschungs- und Publikationstätigkeiten.
Die 1933 eintretenden politischen Veränderungen führten zu, dass es nach langen Verhandlungen zu einer Neubildung der Kommission kam – neue Statuten, neues Arbeitsprogramm, neue Mitglieder. Die Eröffnungssitzung fand am 22. Februar 1939 statt. Während des Krieges konnten nur wenige Projekte begonnen und beendet werden. Die finanzielle Unterstützung wurde geringer, die Bearbeiter teilweise zum Kriegsdienst eingezogen. Seit 1941 fanden keine Jahresversammlungen mehr statt.
Den größten Verlust erlitt die Kommission allerdings beim Bombenangriff am 4. Dezember 1943 auf Leipzig. Dabei wurde das Bornerianum, wo sich die Geschäftsstelle befand, komplett zerstört. Die gesamte Geschäftsregistratur und die dort gelagerten Forschungsergebnisse verbrannten. [08]
So ist die Überlieferung der Sächsischen Kommission für Geschichte von großen Lücken gekennzeichnet, die durch andere korrespondierende Bestände nur teilweise ausgeglichen werden können. Dazu gehört der Bestand im vorliegenden Findbuch sowie die Nachlässe von Kommissionsmitgliedern, wie Hellmut Kretzschmar (Bestand 12718), Hans Beschorner (Bestand 12652) oder von Albrecht Philipp (Bestand 12751) sowie die Überlieferung des Hauptstaatsarchivs (Bestand 10707) und des Ministeriums für Kultus und öffentlichen Unterricht (Bestand 11125).

Bestandsgeschichte
Die Akten des 2008 neu verzeichneten Bestandes "Sächsische Kommission für Geschichte" gelangten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in das Hauptstaatsarchiv.
Der Bestand umfasst 311 Akteneinheiten und enthält vor allem Vorarbeiten und Manuskripte für Veröffentlichungen. Daneben gibt es von einzelnen Personen, die im Hauptstaatsarchiv tätig waren, wie von Paul Hassel, Woldemar Lippert, Artur Brabant und Hans Beschorner Handakten über ihre Mitwirkung in der Kommission und in den Ausschüssen. Sie enthalten u.a. die Protokolle der Jahresversammlungen und Ausschusssitzungen, die Korrespondenz mit Projektmitarbeitern, Gutachten zu Veröffentlichungen, Meinungen zur Wahl von Mitgliedern und persönliche Gedanken, wie z. B. zu den Auseinandersetzungen mit Paul Haake um den Briefwechsel von August dem Starken.
Der größten Teil der Bestandes betrifft Projekte der Kommission, deren Vorarbeiten oder Manuskripte sowie die Handakten der Projektbetreuer überliefert sind.
Umfangreich sind Vorarbeiten zur historisch-geographischen Beschreibung der Bistümer Meißen und Merseburg vorhanden, mit 256 Akteneinheiten sind dies etwa 82 Prozent des Gesamtumfanges. Mit deren Bearbeitung wurde 1898 Dr. Richard Becker (1861-1918) betraut. [09] Wegen des komplex angelegten Werkes, des umfangreichen Materials und der geographischen Ausdehnung musste mehrfach das Vorhaben modifiziert werden. 1913 veranschlagte man für die Veröffentlichung 6 bis 8 Bände. [10] Auch wenn Richard Becker Teilmanuskripte der Kommission vorlegte, gelang es ihm nicht, die Beschreibung zu vollenden. Ende des Jahres 1917 gab er auf. [11] Prof. Wauer in Dresden sollte die Beschreibung weiter bearbeiten, doch scheint er sich wenig damit beschäftigt zu haben. 1925 wurde beschlossen, an Dr. Leo Bönhoff heranzutreten [12] , der von 1926 bis 1939 die Arbeiten fortsetzte [13] .
Die Vorarbeiten von Dr. Richard Becker gelangten nach seinem Ausstieg aus dem Projekt zunächst an Prof. Wauer [14] und 1926 an Dr. Leo Bönhoff [15] . Als dieser 1943 starb, übergab seine Witwe am 7. Feb. 1944 die Ausarbeitungen von Dr. Richard Becker an das Hauptstaatsarchiv [16] Der Nachlass ihres Mannes folgte später.
Von besonderer Wichtigkeit sollte die auf 20 Bände [17] angelegte Edition der älteren und neueren Stände- bzw. Landtagsakten sein, die bereits 1896 in das Programm der Historischen Kommission Aufnahme fand. 1901 wurde die Bearbeitung Dr. Woldemar Goerlitz übertragen [18] , der die Betrachtung bis 1539, dem Tod Herzog Georgs, eingrenzte [19] . Erst 1913 konnten für das Projekt weitere Mitarbeiter gewonnen werden. Dr. Paul Osswald übernahm den Zeitraum 1539 bis 1553, Dr. Fritz Kaphahn die zweite Hälfte 17. Jahrhunderts [20] und Dr. Rolf Naumann die Zeit von 1555 bis 1586 [21] . Ein Abschluss der Veröffentlichung kam, bis auf das Werk von Woldemar Goerlitz [22] , nicht zu Stande. Wie die Vorarbeiten zur Landtagsedition in das Hauptstaatsarchiv gelangten, ist nicht bekannt.
In das Projekt des Historischen Ortsverzeichnisses von Sachsen eingebunden entstanden die beiden Manuskripte "Historisch - topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft Pirna" (Alfred Meiche, erschienen Dresden 1917) und "Historisch - topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft Großenhain" (Otto Mörtzsch, erschienen 1935). Neben den Handakten von Hans Beschorner, der die Bearbeitung des Historischen Ortsverzeichnisses betreute, sind auch Erfassungsbögen überliefert, die um 1942 Margarethe Kühn bearbeitete.
Während das Manuskript von Otto Mörtzsch nach dessen Tod in das Hauptstaatsarchiv gelangte, kamen die Erfassungsbögen erst 2005 vom Archiv der Monumenta Germaniae Historiae, wohin Margarethe Kühn nach 1945 wechselte, nach Dresden.
Zu verschiedenen Projekten sind Handakten von Projektbetreuern überliefert, so von Woldemar Lippert zur Bibliographie der sächsischen Geschichte und von Artur Brabant zu den sächsischen Lebensbildern oder zur Wiederherstellungskommission nach dem Siebenjährigen Krieg, deren Bearbeitung er 1929 übernahm.
Auf die Anregung von Albrecht Philipp [23] wurde die Edition der Schriften von Ernst Christoph Graf von Manteuffel in das Publikationsprogramm 1911 aufgenommen. [24] Allerdings konnte Albrecht Philipp, bedingt durch seine politische Tätigung im Landtag und Reichstag, nicht die erforderliche Zeit für das Vorhaben aufbringen. Den Kommissionsmitgliedern wurde in der Jahresversammlung am 19. März 1921 mitgeteilt, dass er die Bearbeitung des Projektes abgeben müsse. Von einer Weiterführung nahm man Abstand. [25] Die Vorarbeiten von Albrecht Philipp, Abschriften aus Akten des Geheimen Kabinetts, wurden dem Bestand der Sächsischen Kommission für Geschichte zugeordnet.
Die Veröffentlichung der Tagebücher von Karl von Weber übernahm ab April 1941 der Ministerialrat a. D. Max von Seydewitz. [26] Die Ergebnisse der spätestens 1945 abgebrochenen Exzerpte und Ausarbeitungen kamen ebenfalls zum Bestand.
Zu den Kartenwerken, die die Kommission herausgab, sind verschiedene Archivalien überliefert. Zum einen die Handakten von Hans Beschorner über den Vertrieb der Grundkarten und der Ortsflurenkarten, zum anderen aber die Vorarbeiten von Ernst Hildebrand zu einer Kreis- und Ämterkarte von Sachsen.
Abgerundet wird der Bestand u.a. durch die Titelvignette von Max Klinger für die Veröffentlichungen der Kommission oder durch die Ausarbeitungen des 1943 in die Sächsische Kommission für Geschichte berufenen Eilhart Eilers, der jedoch zwei Jahre später in Krieg fiel.
Angefügt wurde dem Bestand in den 1980er Jahren die 1896 von Felician Geß begonnene und zusammen mit Elisabeth Werl fortgesetzte Edition der Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. Nach dem Tod von Felician Gess wurde Elisabeth Werl in den 1950er Jahren beauftragt, die beiden im Manuskript vorhandenen Bände 3 und 4 zu überarbeiten, was sich bis 1982 hinzog.
Das vorliegende Findbuch wurde im November 2008 mit großzügiger Unterstützung durch das Hannah-Ahrendt-Institut für Totalitarismusforschung e. V. an der TU Dresden erstellt.
Die Verzeichnungseinheiten sind in den Gliederungspunkten chronologisch geordnet.

Literatur
Geschichtsforschung in Sachsen. Von der Sächsischen Kommission für Geschichte zur Historischen Kommission bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig 1896 – 1996. Stuttgart 1997 (darin umfangreiche Literaturangaben).


[01] Seit November 1918 nur noch Sächsische Kommission für Geschichte.
[02] Vgl. Protokoll der konstituierenden Sitzung am 3. Dez. 1896. 11130 Sächsische Kommission für Geschichte, Nr. 258.
[03] Vgl. Geschichtsforschung in Sachsen, Stuttgart 1997, S. 167-170.
[04] Vgl. ebenda, S. 171.
[05] Vgl. ebenda, S. 172-175.
[06] Vgl. 11130 Sächsische Kommission für Geschichte, Nr. 284.
[07] Vgl. ebenda, Nr. 259.
[08] Vgl. Rundbrief von Rudolf Kötzschke an die Mitglieder der Kommission vom 9. Feb. 1944. 12718 Nachlass Hellmut Kretzschmar, Nr. 32. Ediert bei: Reiner Groß, Die Sächsische Kommission für Geschichte 1900 - 1945. In: Geschichtsforschung in Sachsen, Stuttgart 1997, S. 71.
[09] Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 7. Dez. 1898. 11130 Sächsische Kommission für Geschichte, Nr. 258.
[10] Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 20. Dez. 1913. Ebenda, Nr. 304.
[11] Vgl. ebenda, Nr. 248.
[12] Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 28. Feb. 1925. Ebenda, Nr. 284, Bl. 75.
[13] Vgl. Nachruf von Hans Beschorner auf Leo Bönhoff. 12718 Nachlass Hellmut Kretzschmar, Nr. 39, Manus-kripte für das Neue Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 64, 1943 (nicht erschienen).
[14] Vgl. Besprechung am 2. November 1918 über die Fortsetzung der Arbeiten von Richard Becker. 11130 Sächsische Kommission für Geschichte Nr. 304.
[15] Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 26. Feb. 1927. Ebenda, Nr. 284, Bl. 88a.
[16] Vgl. 12718 Nachlass Hellmut Kretzschmar, Nr. 32.
[17] Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 3. Dez. 1898. 11130 Sächsische Kommission für Geschichte, Nr. 304.
[18] Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 14. Dez. 1901. Ebenda, Nr. 258.
[19] Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 11. Dez. 1902. Ebenda.
[20] Vgl. Protokolle der Jahresversammlungen vom 11. Jan. 1913 und 20. Dez. 1913. Vgl. ebenda, Nr. 304.
[21] Zur Bearbeitungszeit vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 19. März 1921. Ebenda, Nr. 284, Bl. 36a.
[22] Staat und Stände unter den Herzögen Albrecht und Georg (1485-1539), Leipzig/Berlin 1928.
[23] Vgl. Schreiben von Albrecht Philipp an Woldemar Lippert am 24. Oktober 1911. 11130 Sächsische Kommission für Geschichte, Nr. 304.
[24] Vgl. ebenda, Nr. 258.
[25] Vgl. ebenda, Nr. 287.
[26] Vgl. 12718 Nachlass Hellmut Kretzschmar, Nr. 32.
Kobuch, Manfred: Historische Kommission bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig : Bibliographie 1896 - 1961. Dresden, 1962. - maschinenschriftlich vervielfältigt

Kobuch, Manfred: 75 Jahre Historische Kommission (1896 - 1971). In: Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig : Jahrbuch 1971 - 1972. 1974

Groß, Reiner: Die historische Kommission bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig von 1945 bis zur Gegenwart : Versuch einer Bilanz. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte. Bd. 65. 1994, S. 169 - 215

Groß, Reiner (Red.): Geschichtsforschung in Sachsen : Von der Sächsischen Historischen Kommission für Geschichte zur historischen Kommission bei der Akademie der Wissenschaften zu Leipzig : 1896 - 1996. Stuttgart, 1996
Handakten von Kommissionsmitgliedern.- Projekte der Kommission.- Sonstiges.
Die Sächsische Kommission für Geschichte wurde 1896 auf Initiative von Karl Lamprecht gegründet. Ihre Aufgabe bestand in der Förderung von Editionsvorhaben und grundlegenden Forschungen zur Landesgeschichte Sachsens. Sie besteht noch heute als Historische Kommission bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.

Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
  • 2008 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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