Beständeübersicht
Bestand
10694 Staatsschuldenverwaltung
Datierung | 1813 - 1945 |
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Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 25,50 |
1. Geschichte der Provenienzstellen [01]
Auf dem Landtag von 1570 kam es zu einer Festlegung zwischen Kurfürst August (1526/1553 – 1586) und den Landständen, nach der letzteren neben der Erhebung und Verwendung der von ihnen zu bewilligenden Steuern auch die Verzinsung und Tilgung der landesherrlichen Schulden dauernd übertragen wurde. [02] Im Gegenzug verpflichtete sich der Landesherr, keine Anleihen ohne Zustimmung der Stände mehr aufzunehmen. Davon unberührt blieben jedoch die Kammerschulden, deren Verpflichtungen der Fürst weiterhin eigenständig eingehen konnte und die aus landesherrlichem Grundbesitz, nutzbaren Rechten, Regalien und fiskalischen Steuern bedient wurden. Diese grundsätzlichen Festlegungen manifestierten sich behördenmäßig 1763 in der Errichtung der Steuerkreditkasse in Leipzig. [03] Sie unterstand der Aufsicht einer ständischen Deputation. Als Bezeichnung für die Schulden tauchen auf: Ständische Anleihe, Landschaftliche Obligation, Steuerkreditkassenschuld. Seit 1765 bestand auch eine (Rent-)Kammerkreditkasse für die vom Landesherrn selbständig eingegangenen Schulden. [04]
In dieser Tradition stehend, jedoch dem neuen bürgerlich-parlamentarischen Staatsverständnis angepasst, legte 1831 die Verfassung des Königreichs Sachsen in § 107 fest, dass eine Staatsschuldenkasse unter Aufsicht eines ständischen Ausschusses und unter Oberaufsicht der Regierung zu errichten sei. In ihr sollten Steuer- und Kammerschulden als Staatsschuld vereinigt werden. Zur Staatsschuld zählten dabei nicht die Finanzhauptkassenschulden, die sich als Verwaltungsschulden aus der laufenden Haushaltführung ergaben und nur zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen dienten. Nicht nur die Bewilligung, sondern auch die praktische Verwaltung der Staatsschulden wurden somit dem Parlament vorbehalten. In Sachsen wurde mit der Installierung des Landtagsausschusses zu Verwaltung der Staatsschulden und der Staatsschuldenkasse eine alte Tradition der direkten ständischen Beaufsichtigung des Staatsschuldenwesens fortgesetzt. Selbst Bestandteil der Legislative, nahmen sie weithin exekutive Aufgaben wahr. [05]
Am 29. September 1834 wurde zur Umsetzung das "Gesetz, die Errichtung der Staatsschuldenkasse betreffend" erlassen, wonach die oben beschriebene Steuerkreditkasse und die Kammerkreditkasse mit dem 31. Dezember 1834 aufgelöst werden, die Staatsschuldenkasse errichtet und ihr auch die Oberlausitzer Landesschuld überwiesen wird. [06] Mitte Oktober 1834 wurde dann erstmals der beaufsichtigende "Königliche hohe ständische Ausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden-Casse" [07] gewählt, der sich am 30. Oktober 1834 konstituierte. [08] Gewählte Mitglieder der 1. Kammer waren Bürgermeister Hübler und von Reibold, Stellvertreter D. Deutrich und Kammerherr von Beust. Die 2. Kammer entsandte die Deputierten von Nostitz, Meisel und Schütze, als Stellvertreter die Deputierten von Kiesewetter, von Carlowitz und Eisenstuck. [09] Jeder ordentliche Landtag wählte aus seiner Mitte den Ausschuss neu. Wie wenig umfangreich man die Geschäfte zu Beginn der Tätigkeit einschätzte, erhellt etwa daraus, dass nach § 38 der Geschäftsanweisung als gesamtes beim Ausschuss anzustellendes Beamtenpersonal 1 Buchhalter, 1 Kassierer, 2 Kalkulatoren, 2 bis 3 Kopisten und 1 Aufwärter für hinreichend erachtet wurden. [10] Erster Buchhalter der Staatsschuldenkasse wurde Friedrich August Vermann [11] , erster Kassierer Johann Friedrich Schiffner [12] . Sitz der Staatsschuldenkasse wurde Dresden; für Leipzig, den ehemaligen Standort der Steuerkreditkasse, wurde die Bezirkssteuereinnahme mit Auszahlungen beauftragt. [13] Im Laufe der Jahre kamen weitere Ein- und Auszahlungsorte hinzu. [14]
Der Ausschuss trat in der Regel viermal jährlich zusammen. Zwischenzeitlich führte seine laufenden Geschäfte der Vorsitzende. Schwerpunkte der Tätigkeit des Ausschusses waren neben der Beaufsichtigung der Beamten der Staatsschuldenkasse vor allem die Vorbereitung von Anleihen bis zur Ausstellung der Schuldverschreibungen sowie die Durchführung der Verlosungen. Regelmäßig hatte der Ausschuss dem Landtag Bericht über das Staatsschuldenwesen zu erstatten. Die Staatsschuldenkasse selbst war in die Abteilungen Buchhalterei und Kasse getrennt, die sich gegenseitig kontrollieren sollten. [15] 1858 wurde zusätzlich ein Kontrolleur installiert. [16] Wie eng die Verbindung mit dem Ministerium der Finanzen war, lässt sich nicht nur daraus ablesen, dass § 107 der Verfassung festlegte, dass die Staatsschuldenkasse "unter Oberaufsicht der Regierung" zu errichten sei. So wurden etwa auch "der Voranschlag für die Einnahmen und Ausgaben bei der Staatsschuldenverwaltung sowie der Personal- und Besoldungsetat […] von dem Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Landtagsausschusse zur Bereitung bei den Ständekammern festgestellt." [17] Für die Beschlussfassung des Ausschusses galt "die Mehrheit der Stimmen […] Die in der Minderheit verbliebenen Mitglieder können jedoch verlangen, dass vor der Vollziehung des Beschlusses die Entscheidung des Finanzministeriums […] eingeholt werde […]" [18]
War der Landtagsausschuss Organ des Legislative und aus ihrer Mitte gewählt, so hatte er doch auch ganz praktisch eine Weisungen umsetzende Behörde zu leiten. Selbst vollzogen seine Mitglieder bei der Vorbereitung von Anleihen, der Verlosung und der Verwaltung der Staatsschuld überhaupt durchaus Weisungsaufgaben. Die dem Ausschuss unterstehende Staatsschuldenkasse war eine rein weisungsgebunden tätige Einrichtung. Dennoch waren, zumindest bis 1918, ihre Bediensteten nicht bei der Staatsverwaltung, sondern beim Parlament angestellt. Seit der Neustrukturierung der Staatsschuldenverwaltung im Gefolge der Verfassung von 1831 hatte jedoch auch das Ministerium der Finanzen stets ein gewichtiges Wort mitzureden.
Wurden Staatsschulden bis 1831 vor allem im konsumtiven Bereich aufgenommen, so war nunmehr eine deutliche Verschiebung hin zum investiven Bereich festzustellen, wie etwa der zuständige Landtagsausschuss in seinem Rückblick auf 50 Jahre Staatsschuldenkasse 1884 bemerkte. [19] Hinzuweisen ist dabei besonders auf die Infrastrukturinvestition in den Bereich Eisenbahn. Auch war man bemüht, alte Anleihen abzulösen. So wurde 1835 die Ablösung der Steuerkreditkassenanleihe von 1830 abgeschlossen [20] , 1844 folgte die 2 %-ige Kammerkreditkassenanleihe [21] .
Seit 1849 bis zu seiner Auflösung 1918 wurde der ständische Ausschuss als "Landtagsausschuss zu Verwaltung der Staatsschulden" [22] bezeichnet. "Staatsschuldenverwaltung für das Königreich Sachsen" wurde vom Bearbeiter des vorliegenden Bestands erstmals für 1862 in Wasserzeichen für Zinsscheine festgestellt; [23] die Bezeichnung "Staatsschuldenkasse" war jedoch noch lange Zeit die gebräuchliche für die gesamte Schuldenverwaltung, bis sich allmählich eine Bedeutungseinengung allein auf die Kassenabteilung durchsetzte.
Ab den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts empfand man anscheinend ein grundlegendes Reformbedürfnis im Bereich der Verwaltung der Staatsschulden. 1884 wurde neben den bis dahin üblichen Inhaberschuldverschreibungen das Staatsschuldbuch eingerichtet. [24] Aus dieser Zeit sind auch erste Überlegungen zur vollen Integration der Staatsschuldenverwaltung in die Exekutive bekannt. Es gab Stimmen, die den ständischen Ausschuss sowohl hinsichtlich des erforderlichen Zeitaufwands wie auch bezüglich der Fachkenntnis angesichts der gewandelten Verhältnisse als überfordert ansahen. [25] Dessen ungeachtet verblieb die Staatsschuldenverwaltung auch beim Neubau des Domizils für den Landtag in räumlicher Verbundenheit mit diesem und übersiedelte 1907 in das neue Ständehaus. [26] 1912 nahmen die Reformbestrebungen bereits konkretere Züge an, als etwa festgestellt wurde, dass die Kompetenz des Ausschusses durch die des Königlichen Kommissars für die Staatsschuldbuchverwaltung, der unter unmittelbarer Dienstaufsicht des Ministeriums der Finanzen stand, begrenzt ist; [27] seit diesem Zeitpunkt brachte er den Gültigkeitsvermerk im Staatsschuldbuch an und nicht mehr der Vorsitzende des Ausschusses. [28]
Diese Entwicklung fand 1918 ihren Abschluss. Am 7. Dezember 1918 wurde der Landtagsausschuss zu Verwaltung der Staatschulden durch Verordnung des Gesamtministeriums aufgehoben. Seine Kompetenzen gingen auf das Ministerium der Finanzen über, welches sie unter der Bezeichnung "Sächsische Staatsschuldenverwaltung" weiterführte. Man begründete dies damit, dass mit der durch die neue Regierung verfügten Aufhebung des Landtags auch alle seine Einrichtungen zu bestehen aufgehört hätten. Eine neu zu wählende Volksvertretung stelle keine Fortsetzung des Landtags dar, sondern eine verfassungsmäßig vollkommen neue Einrichtung. Daher sei "für die Fortsetzung der Geschäfte des bisherigen Landtagsausschusses im Sinne von § 107 der Verfassungsurkunde […] kein Raum. Zudem [werde] sich die Wahl eines solchen Ausschusses im Interesse der Vereinfachung der Geschäftsverwaltung überhaupt erledigen, die ihm bisher übertragenen Geschäfte und Obliegenheiten künftig unbedenklich vom Finanzministerium wahrgenommen werden können." [29] Der Vorsitzende des Ausschusses, Dr. Mehnert, protestierte in einem Schreiben am 15. Dezember dagegen, was aber an der Sachlage nichts mehr änderte. 1919 gab es über den Vorgang noch einmal heftige Diskussionen in der Volkskammer, die den bereits herbeigeführten Zustand letztlich aber einstimmig billigte. [30]
War die Verwaltung der Staatsschulden nunmehr gänzlich auf die Exekutive übergegangen, so blieb es auch nach der neuen sächsischen Verfassung vom 20. Oktober 1920 dabei, dass staatliche Kreditaufnahme nur mit Zustimmung des Parlaments erfolgen konnte. [31]
Allerdings änderten sich mit der Weimarer Verfassung und mit den Erzbergerschen Finanzreformen von 1919 /1920 auch die Rahmenbedingungen für die Länder grundlegend. Wesentliche Kompetenzen und Einnahmequellen gingen auf das Reich über.
Andererseits wurden die Länder auch von Schulden befreit. Durch Staatsvertrag vom 31. März 1920, der von Reichsseite durch Gesetz vom 30. April 1920 [32] und von sächsischer Seite durch Gesetz vom 4. Mai 1920 [33] genehmigt wurde, gingen die Staatseisenbahnen auf das Reich über. Damit wurde die Forderung des Artikels 89 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, "die dem allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnen" in Reichseigentum zu übernehmen [34] , umgesetzt. 1922 regelte dann ein Ausführungsgesetz den Übergang wesentlicher Teile der sächsischen Staatsschulden auf das Reich konkret. [35] Unter den auf das Reich übernommenen Verbindlichkeiten befanden sich auch die 3 %-igen Staatsrentenanleihen von 1876 – 1902. Die Schulden wurden zwar noch vom Land verwaltet, waren aber Reichsschulden gegenüber den Gläubigern. [36] 1926 wurde das Staatsschuldbuch für die 3 %-igen Staatsrentenanleihen auf der Grundlage des Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen vom 16.07.1925 [37] geschlossen und die Forderungen der Reichsschuldenverwaltung in Berlin zum Umtausch und zur Tilgung überwiesen. [38]
Damit waren die Geschäfte der Staatsschuldenverwaltung jedoch nicht erledigt. Neue Staatsschulden wurden begründet, die ab 1929 die "Landeshauptkasse als Staatsschuldenkasse" mit Sitz im Ministerium der Finanzen führte. [39] 1933 musste der sächsische Landtag auf der Grundlage des Vorläufigen Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich seine Tätigkeit, d. h. auch seine legislative Funktion für das Staatsschuldenwesen, einstellen. [40]
Anlage 1: Schaubild Kompetenzen im Staatsschuldenwesen
2. Bestandsgeschichte und –inhalt
Bestandsbildung und -gliederung
Aus den überlieferten Unterlagen ist zu erkennen, dass die Staatsschuldenverwaltung selbst einen deutlichen Unterschied zwischen der Überlieferung des Ausschusses und der Staatsschuldenkasse gemacht hat. Unterlagen des Ausschusses waren in einer eigenen Serie zusammengestellt. Die Registraturführung, wie auch bereits vielfach die Erstellung der Schriftstücke, waren jedoch Angelegenheit der Staatsschuldenkasse. Gleichzeitig ist festzustellen, das diese Trennung bereits bei der Entstehung der Unterlagen nicht wirklich durchgehalten werden konnte. Zu stark war anscheinend die prägende und integrierende Kraft der Sachkomplexe der Behördenverwaltung, der Verwaltung der einzelnen Anleihen und des Staatsschuldbuchs.
Bei der archivischen Bestandsbearbeitung wurde daher entschieden, diesen sachlichen Zusammenhängen als vorrangigem bestandsgliederndem Prinzip zu folgen. Die verschiedenen Stellen/Strukturteile, bei denen die Unterlagen entstanden sind, werden jedoch für jedes Archivale als Bemerkung ausgewiesen. So werden der Zusammenhang und die Strukturierung von Serien analogen Inhalts, jedoch verschiedener Herkunft, für den Benutzer leicht erkennbar gehalten. Bei der Bandzählung wurden nach Möglichkeit früher vorgegebene beibehalten; dadurch werden Lücken in der Überlieferung aufgezeigt, auf eventuell ursprünglich nicht verbundene Akten hingewiesen oder Beiakten kenntlich gemacht. [41] Die Reihung der einzelnen Anleihen erfolgte nach dem Jahr der Aufnahme der Anleihen/der Anleihenserie, nicht der gesetzlichen Bewilligung, und folgt damit der Praxis der Bezeichnung in der Staatsschuldenverwaltung. Auf den Staat übernommene alte (private) Eisenbahnanleihen wurden nach dem Jahr der Übernahme eingeordnet, was wiederum auf einer zumindest partiellen Bezeichnungspraxis der Kasse beruht; [42] zudem sind sie so im Findbuch in unmittelbarer Nachbarschaft von Staatsanleihen zu finden, die zu ihrer Finanzierung aufgenommen wurden, was nicht unbedingt aus deren Bezeichnung zu erkennen ist, jedoch im Enthält-Vermerk ausgewiesen wurde. Die (Serien)Aktentitel weisen grundsätzlich – soweit bekannt bzw. vorhanden - die Bezeichnung der Anleihe, deren Zinssatz, das Übernahmejahr auf den Staat und Umwandlungen aus.
Die vorliegenden Unterlagen der Staatsschuldenkasse ab 1919 (Buchhaltung und Kasse) wurden an den Bestand Staatsschuldenverwaltung angeschlossen und der Bestand damit geschlossen. Für die Zeit ab 1945 sind verwandte Unterlagen im Bestand 11381 Landesregierung Sachsen, Ministerium der Finanzen verzeichnet.
In den zeitlich bzw. sachlich der Staatsschuldenverwaltung benachbarten Beständen 10029 Kammerkreditkassenkommission, 10038 Steuerkreditkasse und 11381 Landesregierung Sachsen Ministerium der Finanzen (s. auch Anlage 2), wurden verschiedene Unterlagen ermittelt, deren Provenienz/Schlussprovenienz die Staatsschuldenverwaltung ist. Diese sind – entgegen der ursprünglichen Absicht - aus formalen Gründen der Beständeverwaltung nicht in die Verzeichnung des vorliegenden Bestandes mit aufgenommen worden. Bestehende Verweise in anderen Findhilfsmitteln wären sonst entwertet worden. Die Herkunft der betreffenden Archivalien ist jedoch mit "Ausschuss, Buchhaltung bzw. Kasse" für den Benutzer deutlich gemacht; sie sind zur leichteren Auffindbarkeit kursiv gesetzt. Daneben sind in dieser Anlage (in Normalschrift) Archivalien erfasst, die eng mit dem Bestand "Staatsschuldenverwaltung" korrespondieren.
Bestandsbezeichnung
Der Bestand "Staatsschuldenverwaltung" wurde als zusammengefasster Bestand aus den Hauptprovenienzen "Landtagsausschuss zu Verwaltung der Staatsschulden" und "Staatsschuldenkasse" gebildet, wobei festzustellen ist, dass sich die Bezeichnungen verschiedentlich änderten und die Abgrenzung bzw. Zusammenfassung beider unterschiedlich gehandhabt wurde. Hinzu kamen Vorprovenienzen (Vorstand der Altenburg-Zeitzer Eisenbahngesellschaft, Direktorium der Albertsbahn, Direktorium der Leipzig-Dresdner Eisenbahnkompanie). Die letztlich gewählte Bestandsbezeichnung "Staatsschuldenverwaltung" tauchte relativ früh als wenn auch nicht alleinige und stets umfassende Selbstbezeichnung des Registraturbildners auf und setzte sich allmählich immer mehr durch. Sie macht zudem das Wesen der zu erledigenden Aufgaben deutlich. Nicht zuletzt ist sie auch Bezeichnung seit dem Übergang der Kompetenzen auf das Ministerium der Finanzen 1918.
Ablieferung und Bewertung
Nachdem 1920 nur Einvernehmen über die Vernichtung von Zinslösch- und Kapitalregistern erzielt und Akten der Vorgängerbehörden der Staatsschuldenkasse und des Landtagsausschusses an das Archiv abgegeben worden waren [43] , gelangte eine erste größere Ablieferung von Unterlagen der Schuldenverwaltung 1929 aus Anlass des Umzugs der Staatsschuldenkasse in das Ministerium der Finanzen zum Hauptstaatsarchiv. Abliefernde Stelle war die "Staatsschuldenkasse (Landeshauptkasse)". Zur Bewertung heißt es in diesem Zusammenhang: "Das Hauptstaatsarchiv legt Wert darauf, von jeder Anleihe die wesentlichsten und wichtigsten Akten zu erhalten. Ferner sind für uns die Akten von Wert, die sich auf die Organisation der Staatsschuldenkasse beziehen. Das Hauptstaatsarchiv hat in dem vorgelegten Aktenverzeichnis eine Anzahl von Akten mit Grünstift gekennzeichnet, die es zu erhalten wünscht. Ob die Annahmelisten, Löschregister, Zinsennachweisungen, Ziehungslisten und anderen Unterlagen eine dauernde Aufbewahrung rechtfertigen, kann hier schwer beurteilt werden; das Hauptstaatsarchiv bittet, die Entschließung hierüber dem Finanzministerium überlassen zu dürfen." Das Ministerium der Finanzen entschied daraufhin, dass eine Archivierung nicht notwendig ist. [44] Für das Staatsschuldbuch einschließlich Doppel und dazugehörige Kontenakten war anscheinend die Komplettüberlieferung vorgesehen. Es ist jedoch festzustellen, dass Lücken vorhanden sind, z. B. der letzte Band des Staatsschuldbuchs für die 3 %-igen Staatsrentenanleihen. [45] Akten der Routinedurchführung wurden seinerzeit nur in Beispielen zur Dokumentation der Art der Aufgabenwahrnehmung übernommen.
Weitere Ablieferungen kamen 1942 aus dem "Finanzministerium (Staatsschuldenverwaltung)", 1949 von der "Landeshauptkasse" und 1952 aus dem "Finanzministerium" hinzu.
Wie oben beschrieben, hatten die Bestandsbildner insbesondere durchführende Aufgaben. Der Geschäftsbereich war klar normiert, Entscheidungsspielraum bestand kaum. Der Umsetzungsgrad der Normen darf als sehr hoch angesehen werden. Ein über Erkenntnisse, die auch aus den veröffentlichten Normen gewonnen werden können, hinausgehendes Spezifikum des Bestands besteht in den Mikrodaten zur Normumsetzung. Dabei wurden vor allem solche mit Außenwirkung als archivwürdig betrachtet. Hinsichtlich verwaltungsgeschichtlicher Forschungen wurden grundlegende Unterlagen zu Verfassung, Organisation und Geschäftsabwicklung archiviert. Routineabwicklung einzelner Emissionen wurde als nur in Beispielen archivwürdig eingestuft. Bei der archivischen Bearbeitung des Bestands in den Jahren 2003/2004 wurden insbesondere Doppel sowie weitgehend die Kontenakten zum Staatsschuldbuch kassiert. Letztere sind lediglich Beiakten zum Staatsschuldbuch und enthalten - weitgehend formalisiert – den Schriftverkehr mit den Anleihezeichnern zum individuellen Schuldkonto.
Inhalt
Der Bestand zeigt die quantitative wie qualitative Entwicklung des Staatsschuldenwesens. Die Überlieferung der Mikrodaten lässt auch Forschungen zur Struktur der Kreditgeber zu. Eine regional- oder lokalbezogene Forschung ist aber bis auf den unten geschilderten Fall kaum möglich. Für die Auswertung ist noch auf eine Beobachtung hinzuweisen, die bei der Verzeichnung des Bestands gemacht wurde: Wenn Anleihen gekündigt wurden, haben Inhaber oft auf neue Anleihen umgeschrieben. Es können also mehrere Konten verschiedener Anleihen "in Folge" vorliegen.
Grundsätzlich korrespondiert der Bestand mit der industriellen und verkehrstechnischen Entwicklung. Hingewiesen sei beispielhaft auf die mit den Steinkohlevorkommen im Zwickauer, Lugau-Oelsnitzer und Freital-Burgker Revier günstigen Voraussetzungen Sachsens für die weitere Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Bei deren verkehrstechnischer Erschließung und Einbindung in die Industrielandschaft hatte Sachsen, wie auch Bayern, mit dem Erwerb der größeren noch in seinem Gebiet gelegenen Privatbahnen eine Vorreiterrolle im Reich bei der Wirtschaftsförderung durch Verstaatlichung der Bahnen inne, nachdem der Versuch einer Reichseisenbahnpolitik 1876 vorerst gescheitert war. [46] Mit der Übernahme der Eisenbahnen auf den Staat wurden auch deren Schulden einschließlich der zugehörigen Akten übernommen und weitergeführt; dies dürfte eine wertvolle Quelle zur Eisenbahn- und Industriegeschichte sein. Exemplarisch seien die Albertsbahn und die Leipzig-Dresdner Eisenbahn genannt.
3. Quellen- und Literaturauswahl
Quellen
- Amtliche Nachrichten über das Staatsschuldbuch des Königreichs Sachsen. Nach dem Staatsschuldbuchgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1911 (GVBl. S. 226), o. O. u. J.
- Codex Augusteus, 1724 ff.
- Dienstanweisung für die Buchhalterei- und Kassenbeamten bei der Staatsschuldenverwaltung, Dresden [1912]
- Gemeinsames Ministerialblatt, hrsg. von der Staatskanzlei, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Geschäftsanweisung für den Landtagsausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden vom 13. Mai 1910 mit Nachträgen, Dresden o. J.
- Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich/die Republik Sachsen, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Gesetzessammlung für das Königreich Sachsen, Dresden 1818 - 1919
- Landtagsakten, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Reichsgesetzblatt, Berlin verschiedene Jahrgänge
Literatur
- Bade, Olaf, Charakteristische Kennzeichen der staatlichen sächsischen Eisenbahnpolitik in der Zeit zwischen der bürgerlichen Revolution und der Gründung des Deutschen Reiches – dargestellt auf der Basis von Aktenmaterialien, Dresden 1988 (masch.-schr. Manuskript, Diplomarbeit)
- Bade, Olaf, Der Übergang zum staatlichen Ausbau von Eisenbahnlinien in Sachsen, die Verstaatlichung der meisten Privatbahnen – Zeitraum von 1843 – 1850/51, Dresden 1887 (masch.-schr. Manuskript)
- Bade, Olaf, Der weitere Ausbau des Eisenbahnnetzes in Sachsen von 1850/51 – der Zeitraum überwiegenden Staatsbaus, Dresden 1987 (masch.-schr. Manuskript)
- Däbritz, Walther, Die Staatsschulden Sachsens in der Zeit von 1763 bis 1837, Leipzig 1906 (Dissertation)
- Findbuch zum Bestand HStADD 10078 Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation, 1980
- Findbuch zum Bestand HStADD 10851 Ministerium der Finanzen, o. D.
- Handwörterbuch der Staatswissenschaften, hrsg. von Elster, Ludwig / Weber, Adolph u. a., 9 Bde., Jena 4. Aufl. 1923 - 1929
- Kiesewetter, Hubert, Region und Industrie in Europa 1815 – 1995 (Grundzüge der modernen Wirtschaftsgeschichte, Bd. 2), Stuttgart 2000
- Löbe, Ernst, Der Staatshaushalt des Königreichs Sachsen in seinen verfassungs- und etatrechtlichen Beziehungen nach dem Stande der heutigen Gesetzgebung und unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung, Leipzig 3. Aufl. 1912
- Mette, Thomas, Der Übergang der deutschen Ländereisenbahnen auf das Reich 1920 – 1924, Berlin 1973 (Dissertation)
- Richter, Hans, Sächsisches Staatshaushaltsrecht. Erläuterungen zu den hauptsächlichen Bestimmungen, Dresden 1931
- Zusammenstellung einiger geschichtlichen und statistischen Thatsachen aus dem Bereiche der Staatsschuldenverwaltung im Königreiche Sachsen anlässlich des am 31. Dezember 1884 erfüllten fünfzigjährigen Bestehens des Landtagsausschusses zu Verwaltung der Staatsschulden, Dresden [1884]
4. Verweise auf andere Bestände
10002 Urkunden der Finanzverwaltung, 10029 Kammerkreditkassenkommission, 10036 Finanzarchiv, 10038 Steuerkreditkasse, 10076 Rechnungen der Hof- und Staatsbehörden, 10692 Ständeversammlung des Königreichs Sachsen, 10693 Volkskammer/Landtag des Freistaates Sachsen 1919 – 1933, 10704 Oberrechnungskammer, 10705 Staatsrechnungshof, 10736 Ministerium des Innern, 10851 Ministerium der Finanzen, 11381 Landesregierung Sachsen, Ministerium der Finanzen, 50001 Landstände der sächsischen Oberlausitz (im StFilABZ)
Anlage 2: Hinweise auf korrespondierende Überlieferung in verschiedenen Beständen
5. Hinweise auf Benutzungsbeschränkungen
Es bestehen für den Bestand keine Benutzungsbeschränkungen.
[01] Forschungen zum sächsischen Staatsschuldenwesen, auf denen bei der Bearbeitung der in diesem Bestand zusammengefassten Archivalien hätte aufgebaut werden können, liegen nur verstreut vor (vgl. insbesondere Löbe; Festschrift Landtagsausschuss).
[02] Nach 10015 Landtag, Nr. A 11, insbesondere Bl. 118
[03] Avertissement, die Errichtung der Steuerkreditkasse betreffend, in: Codex Augusteus, 1. Fortsetzung, Abteilung 2 und Teil 3, Spalte 293 - 296
[04] Abschnitt nach Löbe, S. 108 – 110
[05] Nach Löbe, S. 109 – 110
[06] Gesetzessammlung, S. 209
[07] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 226
[08] Nach Däbritz, S. 148
[09] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 227, Bl. 1 - 4
[10] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 223, Bl. 93
[11] Vermann war auch letzter Buchhalter der Steuerkreditbuchhalterei (lt. 10038 Steuerkreditkasse, Steuerkreditbuchhalterei Leipzig, Nr. 14 (Loc. 40277; Rep. 11 b, Sect. 6 b, Nr. 14)
[12] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 226, Bl. 8; Schiffner war auch letzter Kassierer der Steuerkreditkasse (lt. 10038 Steuerkreditkasse, Rechnungen, Nr. 72 (Loc. 40269; Rep. 11 b, Sect. 6 a, Nr. 71).
[13] Nach Däbritz, S. 148
[14] Nach Festschrift Landtagsausschuss
[15] Z. B. 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 226, Bl. 10 – 31; Geschäftsanweisung 1910
[16] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 223, Bl. 96
[17] Geschäftsanweisung 1910, S. 22
[18] Geschäftsanweisung 1910, S. 20
[19] Nach Festschrift Landtagsausschuss
[20] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 233
[21] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 235, Bl. 110
[22] GVBl. 1849, S. 45
[23] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 273, Bl. 20
[24] Dem Vorbild Preußens folgend wurde ein Staatsschuldbuch angestrebt. Als wesentliche Begründung des Gesetzentwurfs für den Landtag heißt es: "Es läßt sich nun in der That nicht verkennen, dass das System der Inhaberpapiere […] den großen Vortheil leichter Übertragbarkeit besitzt, dennoch eben deshalb den Nachtheil im Gefolge hat, dass der Gläubiger beim Abhandenkommen des Papieres Gefahr läuft, seine Forderung entweder ganz zu verlieren oder wenigstens nur nach vielen Weitläufigkeiten zur Realisierung derselben zu gelangen." (Landtagsakten 1883 – 84, Königliche Decrete, 2. Bd., Nr. 3 – 50, hier: Nr. 27, S. 5); Gesetz das Staatsschuldbuch betreffend vom 25.04.1884 (GVBl. S. 146); Gesetz zur Abänderung des Gesetzes vom 25.04.1884, das Staatsschuldbuch betr. vom 11.06.1906 (GVBl. S. 163)
[25] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 219, Bl. 12 – 19
[26] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 217, Bl. 128
[27] Geschäftsanweisung 1910, 1. Nachtrag 1912, S. 2 f.; Gesetz zur Abänderung des Gesetzes, das Staatsschuldbuch betr. vom 15.12.1911, § 1 (GVBl. S. 217)
[28] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 101 und 102
[29] Verordnung des Gesamtministeriums, in: GVBl. 1918, S. 403
[30] 10851 Ministerium der Finanzen, Nr. 4977; 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 228
[31] Sächsische Verfassung Artikel 45 in: GVBl. 1920, S. 445
[32] RGBl. I, S. 773
[33] GVBl. S. 67
[34] RGBl. I, S. 1400
[35] Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich vom 29.07.1922, in: RGBl. II, S. 693
[36] Verordnung zum Vollzug des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich vom 18.08.1922, in: RGBl. II, S. 741 ff.
[37] RGBl. I, S. 137 ff., 335 ff.
[38] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 50
[39] GMBl. 1929, S. 42
[40] RGBl. I, S. 153
[41] In der zu diesem Findbuch gehörigen Verzeichnungsdatenbank sind darüber hinaus erkennbare Registratursignaturen ausgewiesen.
[42] Z. B. 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 62
[43] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 1, Bl. 170 - 184
[44] 10707 Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Kap. VIII, Nr. 4, Bd. 8
[45] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 412
[46] Handwörterbuch der Staatswissenschaften, S. 564
Auf dem Landtag von 1570 kam es zu einer Festlegung zwischen Kurfürst August (1526/1553 – 1586) und den Landständen, nach der letzteren neben der Erhebung und Verwendung der von ihnen zu bewilligenden Steuern auch die Verzinsung und Tilgung der landesherrlichen Schulden dauernd übertragen wurde. [02] Im Gegenzug verpflichtete sich der Landesherr, keine Anleihen ohne Zustimmung der Stände mehr aufzunehmen. Davon unberührt blieben jedoch die Kammerschulden, deren Verpflichtungen der Fürst weiterhin eigenständig eingehen konnte und die aus landesherrlichem Grundbesitz, nutzbaren Rechten, Regalien und fiskalischen Steuern bedient wurden. Diese grundsätzlichen Festlegungen manifestierten sich behördenmäßig 1763 in der Errichtung der Steuerkreditkasse in Leipzig. [03] Sie unterstand der Aufsicht einer ständischen Deputation. Als Bezeichnung für die Schulden tauchen auf: Ständische Anleihe, Landschaftliche Obligation, Steuerkreditkassenschuld. Seit 1765 bestand auch eine (Rent-)Kammerkreditkasse für die vom Landesherrn selbständig eingegangenen Schulden. [04]
In dieser Tradition stehend, jedoch dem neuen bürgerlich-parlamentarischen Staatsverständnis angepasst, legte 1831 die Verfassung des Königreichs Sachsen in § 107 fest, dass eine Staatsschuldenkasse unter Aufsicht eines ständischen Ausschusses und unter Oberaufsicht der Regierung zu errichten sei. In ihr sollten Steuer- und Kammerschulden als Staatsschuld vereinigt werden. Zur Staatsschuld zählten dabei nicht die Finanzhauptkassenschulden, die sich als Verwaltungsschulden aus der laufenden Haushaltführung ergaben und nur zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen dienten. Nicht nur die Bewilligung, sondern auch die praktische Verwaltung der Staatsschulden wurden somit dem Parlament vorbehalten. In Sachsen wurde mit der Installierung des Landtagsausschusses zu Verwaltung der Staatsschulden und der Staatsschuldenkasse eine alte Tradition der direkten ständischen Beaufsichtigung des Staatsschuldenwesens fortgesetzt. Selbst Bestandteil der Legislative, nahmen sie weithin exekutive Aufgaben wahr. [05]
Am 29. September 1834 wurde zur Umsetzung das "Gesetz, die Errichtung der Staatsschuldenkasse betreffend" erlassen, wonach die oben beschriebene Steuerkreditkasse und die Kammerkreditkasse mit dem 31. Dezember 1834 aufgelöst werden, die Staatsschuldenkasse errichtet und ihr auch die Oberlausitzer Landesschuld überwiesen wird. [06] Mitte Oktober 1834 wurde dann erstmals der beaufsichtigende "Königliche hohe ständische Ausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden-Casse" [07] gewählt, der sich am 30. Oktober 1834 konstituierte. [08] Gewählte Mitglieder der 1. Kammer waren Bürgermeister Hübler und von Reibold, Stellvertreter D. Deutrich und Kammerherr von Beust. Die 2. Kammer entsandte die Deputierten von Nostitz, Meisel und Schütze, als Stellvertreter die Deputierten von Kiesewetter, von Carlowitz und Eisenstuck. [09] Jeder ordentliche Landtag wählte aus seiner Mitte den Ausschuss neu. Wie wenig umfangreich man die Geschäfte zu Beginn der Tätigkeit einschätzte, erhellt etwa daraus, dass nach § 38 der Geschäftsanweisung als gesamtes beim Ausschuss anzustellendes Beamtenpersonal 1 Buchhalter, 1 Kassierer, 2 Kalkulatoren, 2 bis 3 Kopisten und 1 Aufwärter für hinreichend erachtet wurden. [10] Erster Buchhalter der Staatsschuldenkasse wurde Friedrich August Vermann [11] , erster Kassierer Johann Friedrich Schiffner [12] . Sitz der Staatsschuldenkasse wurde Dresden; für Leipzig, den ehemaligen Standort der Steuerkreditkasse, wurde die Bezirkssteuereinnahme mit Auszahlungen beauftragt. [13] Im Laufe der Jahre kamen weitere Ein- und Auszahlungsorte hinzu. [14]
Der Ausschuss trat in der Regel viermal jährlich zusammen. Zwischenzeitlich führte seine laufenden Geschäfte der Vorsitzende. Schwerpunkte der Tätigkeit des Ausschusses waren neben der Beaufsichtigung der Beamten der Staatsschuldenkasse vor allem die Vorbereitung von Anleihen bis zur Ausstellung der Schuldverschreibungen sowie die Durchführung der Verlosungen. Regelmäßig hatte der Ausschuss dem Landtag Bericht über das Staatsschuldenwesen zu erstatten. Die Staatsschuldenkasse selbst war in die Abteilungen Buchhalterei und Kasse getrennt, die sich gegenseitig kontrollieren sollten. [15] 1858 wurde zusätzlich ein Kontrolleur installiert. [16] Wie eng die Verbindung mit dem Ministerium der Finanzen war, lässt sich nicht nur daraus ablesen, dass § 107 der Verfassung festlegte, dass die Staatsschuldenkasse "unter Oberaufsicht der Regierung" zu errichten sei. So wurden etwa auch "der Voranschlag für die Einnahmen und Ausgaben bei der Staatsschuldenverwaltung sowie der Personal- und Besoldungsetat […] von dem Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Landtagsausschusse zur Bereitung bei den Ständekammern festgestellt." [17] Für die Beschlussfassung des Ausschusses galt "die Mehrheit der Stimmen […] Die in der Minderheit verbliebenen Mitglieder können jedoch verlangen, dass vor der Vollziehung des Beschlusses die Entscheidung des Finanzministeriums […] eingeholt werde […]" [18]
War der Landtagsausschuss Organ des Legislative und aus ihrer Mitte gewählt, so hatte er doch auch ganz praktisch eine Weisungen umsetzende Behörde zu leiten. Selbst vollzogen seine Mitglieder bei der Vorbereitung von Anleihen, der Verlosung und der Verwaltung der Staatsschuld überhaupt durchaus Weisungsaufgaben. Die dem Ausschuss unterstehende Staatsschuldenkasse war eine rein weisungsgebunden tätige Einrichtung. Dennoch waren, zumindest bis 1918, ihre Bediensteten nicht bei der Staatsverwaltung, sondern beim Parlament angestellt. Seit der Neustrukturierung der Staatsschuldenverwaltung im Gefolge der Verfassung von 1831 hatte jedoch auch das Ministerium der Finanzen stets ein gewichtiges Wort mitzureden.
Wurden Staatsschulden bis 1831 vor allem im konsumtiven Bereich aufgenommen, so war nunmehr eine deutliche Verschiebung hin zum investiven Bereich festzustellen, wie etwa der zuständige Landtagsausschuss in seinem Rückblick auf 50 Jahre Staatsschuldenkasse 1884 bemerkte. [19] Hinzuweisen ist dabei besonders auf die Infrastrukturinvestition in den Bereich Eisenbahn. Auch war man bemüht, alte Anleihen abzulösen. So wurde 1835 die Ablösung der Steuerkreditkassenanleihe von 1830 abgeschlossen [20] , 1844 folgte die 2 %-ige Kammerkreditkassenanleihe [21] .
Seit 1849 bis zu seiner Auflösung 1918 wurde der ständische Ausschuss als "Landtagsausschuss zu Verwaltung der Staatsschulden" [22] bezeichnet. "Staatsschuldenverwaltung für das Königreich Sachsen" wurde vom Bearbeiter des vorliegenden Bestands erstmals für 1862 in Wasserzeichen für Zinsscheine festgestellt; [23] die Bezeichnung "Staatsschuldenkasse" war jedoch noch lange Zeit die gebräuchliche für die gesamte Schuldenverwaltung, bis sich allmählich eine Bedeutungseinengung allein auf die Kassenabteilung durchsetzte.
Ab den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts empfand man anscheinend ein grundlegendes Reformbedürfnis im Bereich der Verwaltung der Staatsschulden. 1884 wurde neben den bis dahin üblichen Inhaberschuldverschreibungen das Staatsschuldbuch eingerichtet. [24] Aus dieser Zeit sind auch erste Überlegungen zur vollen Integration der Staatsschuldenverwaltung in die Exekutive bekannt. Es gab Stimmen, die den ständischen Ausschuss sowohl hinsichtlich des erforderlichen Zeitaufwands wie auch bezüglich der Fachkenntnis angesichts der gewandelten Verhältnisse als überfordert ansahen. [25] Dessen ungeachtet verblieb die Staatsschuldenverwaltung auch beim Neubau des Domizils für den Landtag in räumlicher Verbundenheit mit diesem und übersiedelte 1907 in das neue Ständehaus. [26] 1912 nahmen die Reformbestrebungen bereits konkretere Züge an, als etwa festgestellt wurde, dass die Kompetenz des Ausschusses durch die des Königlichen Kommissars für die Staatsschuldbuchverwaltung, der unter unmittelbarer Dienstaufsicht des Ministeriums der Finanzen stand, begrenzt ist; [27] seit diesem Zeitpunkt brachte er den Gültigkeitsvermerk im Staatsschuldbuch an und nicht mehr der Vorsitzende des Ausschusses. [28]
Diese Entwicklung fand 1918 ihren Abschluss. Am 7. Dezember 1918 wurde der Landtagsausschuss zu Verwaltung der Staatschulden durch Verordnung des Gesamtministeriums aufgehoben. Seine Kompetenzen gingen auf das Ministerium der Finanzen über, welches sie unter der Bezeichnung "Sächsische Staatsschuldenverwaltung" weiterführte. Man begründete dies damit, dass mit der durch die neue Regierung verfügten Aufhebung des Landtags auch alle seine Einrichtungen zu bestehen aufgehört hätten. Eine neu zu wählende Volksvertretung stelle keine Fortsetzung des Landtags dar, sondern eine verfassungsmäßig vollkommen neue Einrichtung. Daher sei "für die Fortsetzung der Geschäfte des bisherigen Landtagsausschusses im Sinne von § 107 der Verfassungsurkunde […] kein Raum. Zudem [werde] sich die Wahl eines solchen Ausschusses im Interesse der Vereinfachung der Geschäftsverwaltung überhaupt erledigen, die ihm bisher übertragenen Geschäfte und Obliegenheiten künftig unbedenklich vom Finanzministerium wahrgenommen werden können." [29] Der Vorsitzende des Ausschusses, Dr. Mehnert, protestierte in einem Schreiben am 15. Dezember dagegen, was aber an der Sachlage nichts mehr änderte. 1919 gab es über den Vorgang noch einmal heftige Diskussionen in der Volkskammer, die den bereits herbeigeführten Zustand letztlich aber einstimmig billigte. [30]
War die Verwaltung der Staatsschulden nunmehr gänzlich auf die Exekutive übergegangen, so blieb es auch nach der neuen sächsischen Verfassung vom 20. Oktober 1920 dabei, dass staatliche Kreditaufnahme nur mit Zustimmung des Parlaments erfolgen konnte. [31]
Allerdings änderten sich mit der Weimarer Verfassung und mit den Erzbergerschen Finanzreformen von 1919 /1920 auch die Rahmenbedingungen für die Länder grundlegend. Wesentliche Kompetenzen und Einnahmequellen gingen auf das Reich über.
Andererseits wurden die Länder auch von Schulden befreit. Durch Staatsvertrag vom 31. März 1920, der von Reichsseite durch Gesetz vom 30. April 1920 [32] und von sächsischer Seite durch Gesetz vom 4. Mai 1920 [33] genehmigt wurde, gingen die Staatseisenbahnen auf das Reich über. Damit wurde die Forderung des Artikels 89 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, "die dem allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnen" in Reichseigentum zu übernehmen [34] , umgesetzt. 1922 regelte dann ein Ausführungsgesetz den Übergang wesentlicher Teile der sächsischen Staatsschulden auf das Reich konkret. [35] Unter den auf das Reich übernommenen Verbindlichkeiten befanden sich auch die 3 %-igen Staatsrentenanleihen von 1876 – 1902. Die Schulden wurden zwar noch vom Land verwaltet, waren aber Reichsschulden gegenüber den Gläubigern. [36] 1926 wurde das Staatsschuldbuch für die 3 %-igen Staatsrentenanleihen auf der Grundlage des Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen vom 16.07.1925 [37] geschlossen und die Forderungen der Reichsschuldenverwaltung in Berlin zum Umtausch und zur Tilgung überwiesen. [38]
Damit waren die Geschäfte der Staatsschuldenverwaltung jedoch nicht erledigt. Neue Staatsschulden wurden begründet, die ab 1929 die "Landeshauptkasse als Staatsschuldenkasse" mit Sitz im Ministerium der Finanzen führte. [39] 1933 musste der sächsische Landtag auf der Grundlage des Vorläufigen Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich seine Tätigkeit, d. h. auch seine legislative Funktion für das Staatsschuldenwesen, einstellen. [40]
Anlage 1: Schaubild Kompetenzen im Staatsschuldenwesen
2. Bestandsgeschichte und –inhalt
Bestandsbildung und -gliederung
Aus den überlieferten Unterlagen ist zu erkennen, dass die Staatsschuldenverwaltung selbst einen deutlichen Unterschied zwischen der Überlieferung des Ausschusses und der Staatsschuldenkasse gemacht hat. Unterlagen des Ausschusses waren in einer eigenen Serie zusammengestellt. Die Registraturführung, wie auch bereits vielfach die Erstellung der Schriftstücke, waren jedoch Angelegenheit der Staatsschuldenkasse. Gleichzeitig ist festzustellen, das diese Trennung bereits bei der Entstehung der Unterlagen nicht wirklich durchgehalten werden konnte. Zu stark war anscheinend die prägende und integrierende Kraft der Sachkomplexe der Behördenverwaltung, der Verwaltung der einzelnen Anleihen und des Staatsschuldbuchs.
Bei der archivischen Bestandsbearbeitung wurde daher entschieden, diesen sachlichen Zusammenhängen als vorrangigem bestandsgliederndem Prinzip zu folgen. Die verschiedenen Stellen/Strukturteile, bei denen die Unterlagen entstanden sind, werden jedoch für jedes Archivale als Bemerkung ausgewiesen. So werden der Zusammenhang und die Strukturierung von Serien analogen Inhalts, jedoch verschiedener Herkunft, für den Benutzer leicht erkennbar gehalten. Bei der Bandzählung wurden nach Möglichkeit früher vorgegebene beibehalten; dadurch werden Lücken in der Überlieferung aufgezeigt, auf eventuell ursprünglich nicht verbundene Akten hingewiesen oder Beiakten kenntlich gemacht. [41] Die Reihung der einzelnen Anleihen erfolgte nach dem Jahr der Aufnahme der Anleihen/der Anleihenserie, nicht der gesetzlichen Bewilligung, und folgt damit der Praxis der Bezeichnung in der Staatsschuldenverwaltung. Auf den Staat übernommene alte (private) Eisenbahnanleihen wurden nach dem Jahr der Übernahme eingeordnet, was wiederum auf einer zumindest partiellen Bezeichnungspraxis der Kasse beruht; [42] zudem sind sie so im Findbuch in unmittelbarer Nachbarschaft von Staatsanleihen zu finden, die zu ihrer Finanzierung aufgenommen wurden, was nicht unbedingt aus deren Bezeichnung zu erkennen ist, jedoch im Enthält-Vermerk ausgewiesen wurde. Die (Serien)Aktentitel weisen grundsätzlich – soweit bekannt bzw. vorhanden - die Bezeichnung der Anleihe, deren Zinssatz, das Übernahmejahr auf den Staat und Umwandlungen aus.
Die vorliegenden Unterlagen der Staatsschuldenkasse ab 1919 (Buchhaltung und Kasse) wurden an den Bestand Staatsschuldenverwaltung angeschlossen und der Bestand damit geschlossen. Für die Zeit ab 1945 sind verwandte Unterlagen im Bestand 11381 Landesregierung Sachsen, Ministerium der Finanzen verzeichnet.
In den zeitlich bzw. sachlich der Staatsschuldenverwaltung benachbarten Beständen 10029 Kammerkreditkassenkommission, 10038 Steuerkreditkasse und 11381 Landesregierung Sachsen Ministerium der Finanzen (s. auch Anlage 2), wurden verschiedene Unterlagen ermittelt, deren Provenienz/Schlussprovenienz die Staatsschuldenverwaltung ist. Diese sind – entgegen der ursprünglichen Absicht - aus formalen Gründen der Beständeverwaltung nicht in die Verzeichnung des vorliegenden Bestandes mit aufgenommen worden. Bestehende Verweise in anderen Findhilfsmitteln wären sonst entwertet worden. Die Herkunft der betreffenden Archivalien ist jedoch mit "Ausschuss, Buchhaltung bzw. Kasse" für den Benutzer deutlich gemacht; sie sind zur leichteren Auffindbarkeit kursiv gesetzt. Daneben sind in dieser Anlage (in Normalschrift) Archivalien erfasst, die eng mit dem Bestand "Staatsschuldenverwaltung" korrespondieren.
Bestandsbezeichnung
Der Bestand "Staatsschuldenverwaltung" wurde als zusammengefasster Bestand aus den Hauptprovenienzen "Landtagsausschuss zu Verwaltung der Staatsschulden" und "Staatsschuldenkasse" gebildet, wobei festzustellen ist, dass sich die Bezeichnungen verschiedentlich änderten und die Abgrenzung bzw. Zusammenfassung beider unterschiedlich gehandhabt wurde. Hinzu kamen Vorprovenienzen (Vorstand der Altenburg-Zeitzer Eisenbahngesellschaft, Direktorium der Albertsbahn, Direktorium der Leipzig-Dresdner Eisenbahnkompanie). Die letztlich gewählte Bestandsbezeichnung "Staatsschuldenverwaltung" tauchte relativ früh als wenn auch nicht alleinige und stets umfassende Selbstbezeichnung des Registraturbildners auf und setzte sich allmählich immer mehr durch. Sie macht zudem das Wesen der zu erledigenden Aufgaben deutlich. Nicht zuletzt ist sie auch Bezeichnung seit dem Übergang der Kompetenzen auf das Ministerium der Finanzen 1918.
Ablieferung und Bewertung
Nachdem 1920 nur Einvernehmen über die Vernichtung von Zinslösch- und Kapitalregistern erzielt und Akten der Vorgängerbehörden der Staatsschuldenkasse und des Landtagsausschusses an das Archiv abgegeben worden waren [43] , gelangte eine erste größere Ablieferung von Unterlagen der Schuldenverwaltung 1929 aus Anlass des Umzugs der Staatsschuldenkasse in das Ministerium der Finanzen zum Hauptstaatsarchiv. Abliefernde Stelle war die "Staatsschuldenkasse (Landeshauptkasse)". Zur Bewertung heißt es in diesem Zusammenhang: "Das Hauptstaatsarchiv legt Wert darauf, von jeder Anleihe die wesentlichsten und wichtigsten Akten zu erhalten. Ferner sind für uns die Akten von Wert, die sich auf die Organisation der Staatsschuldenkasse beziehen. Das Hauptstaatsarchiv hat in dem vorgelegten Aktenverzeichnis eine Anzahl von Akten mit Grünstift gekennzeichnet, die es zu erhalten wünscht. Ob die Annahmelisten, Löschregister, Zinsennachweisungen, Ziehungslisten und anderen Unterlagen eine dauernde Aufbewahrung rechtfertigen, kann hier schwer beurteilt werden; das Hauptstaatsarchiv bittet, die Entschließung hierüber dem Finanzministerium überlassen zu dürfen." Das Ministerium der Finanzen entschied daraufhin, dass eine Archivierung nicht notwendig ist. [44] Für das Staatsschuldbuch einschließlich Doppel und dazugehörige Kontenakten war anscheinend die Komplettüberlieferung vorgesehen. Es ist jedoch festzustellen, dass Lücken vorhanden sind, z. B. der letzte Band des Staatsschuldbuchs für die 3 %-igen Staatsrentenanleihen. [45] Akten der Routinedurchführung wurden seinerzeit nur in Beispielen zur Dokumentation der Art der Aufgabenwahrnehmung übernommen.
Weitere Ablieferungen kamen 1942 aus dem "Finanzministerium (Staatsschuldenverwaltung)", 1949 von der "Landeshauptkasse" und 1952 aus dem "Finanzministerium" hinzu.
Wie oben beschrieben, hatten die Bestandsbildner insbesondere durchführende Aufgaben. Der Geschäftsbereich war klar normiert, Entscheidungsspielraum bestand kaum. Der Umsetzungsgrad der Normen darf als sehr hoch angesehen werden. Ein über Erkenntnisse, die auch aus den veröffentlichten Normen gewonnen werden können, hinausgehendes Spezifikum des Bestands besteht in den Mikrodaten zur Normumsetzung. Dabei wurden vor allem solche mit Außenwirkung als archivwürdig betrachtet. Hinsichtlich verwaltungsgeschichtlicher Forschungen wurden grundlegende Unterlagen zu Verfassung, Organisation und Geschäftsabwicklung archiviert. Routineabwicklung einzelner Emissionen wurde als nur in Beispielen archivwürdig eingestuft. Bei der archivischen Bearbeitung des Bestands in den Jahren 2003/2004 wurden insbesondere Doppel sowie weitgehend die Kontenakten zum Staatsschuldbuch kassiert. Letztere sind lediglich Beiakten zum Staatsschuldbuch und enthalten - weitgehend formalisiert – den Schriftverkehr mit den Anleihezeichnern zum individuellen Schuldkonto.
Inhalt
Der Bestand zeigt die quantitative wie qualitative Entwicklung des Staatsschuldenwesens. Die Überlieferung der Mikrodaten lässt auch Forschungen zur Struktur der Kreditgeber zu. Eine regional- oder lokalbezogene Forschung ist aber bis auf den unten geschilderten Fall kaum möglich. Für die Auswertung ist noch auf eine Beobachtung hinzuweisen, die bei der Verzeichnung des Bestands gemacht wurde: Wenn Anleihen gekündigt wurden, haben Inhaber oft auf neue Anleihen umgeschrieben. Es können also mehrere Konten verschiedener Anleihen "in Folge" vorliegen.
Grundsätzlich korrespondiert der Bestand mit der industriellen und verkehrstechnischen Entwicklung. Hingewiesen sei beispielhaft auf die mit den Steinkohlevorkommen im Zwickauer, Lugau-Oelsnitzer und Freital-Burgker Revier günstigen Voraussetzungen Sachsens für die weitere Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Bei deren verkehrstechnischer Erschließung und Einbindung in die Industrielandschaft hatte Sachsen, wie auch Bayern, mit dem Erwerb der größeren noch in seinem Gebiet gelegenen Privatbahnen eine Vorreiterrolle im Reich bei der Wirtschaftsförderung durch Verstaatlichung der Bahnen inne, nachdem der Versuch einer Reichseisenbahnpolitik 1876 vorerst gescheitert war. [46] Mit der Übernahme der Eisenbahnen auf den Staat wurden auch deren Schulden einschließlich der zugehörigen Akten übernommen und weitergeführt; dies dürfte eine wertvolle Quelle zur Eisenbahn- und Industriegeschichte sein. Exemplarisch seien die Albertsbahn und die Leipzig-Dresdner Eisenbahn genannt.
3. Quellen- und Literaturauswahl
Quellen
- Amtliche Nachrichten über das Staatsschuldbuch des Königreichs Sachsen. Nach dem Staatsschuldbuchgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1911 (GVBl. S. 226), o. O. u. J.
- Codex Augusteus, 1724 ff.
- Dienstanweisung für die Buchhalterei- und Kassenbeamten bei der Staatsschuldenverwaltung, Dresden [1912]
- Gemeinsames Ministerialblatt, hrsg. von der Staatskanzlei, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Geschäftsanweisung für den Landtagsausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden vom 13. Mai 1910 mit Nachträgen, Dresden o. J.
- Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich/die Republik Sachsen, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Gesetzessammlung für das Königreich Sachsen, Dresden 1818 - 1919
- Landtagsakten, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Reichsgesetzblatt, Berlin verschiedene Jahrgänge
Literatur
- Bade, Olaf, Charakteristische Kennzeichen der staatlichen sächsischen Eisenbahnpolitik in der Zeit zwischen der bürgerlichen Revolution und der Gründung des Deutschen Reiches – dargestellt auf der Basis von Aktenmaterialien, Dresden 1988 (masch.-schr. Manuskript, Diplomarbeit)
- Bade, Olaf, Der Übergang zum staatlichen Ausbau von Eisenbahnlinien in Sachsen, die Verstaatlichung der meisten Privatbahnen – Zeitraum von 1843 – 1850/51, Dresden 1887 (masch.-schr. Manuskript)
- Bade, Olaf, Der weitere Ausbau des Eisenbahnnetzes in Sachsen von 1850/51 – der Zeitraum überwiegenden Staatsbaus, Dresden 1987 (masch.-schr. Manuskript)
- Däbritz, Walther, Die Staatsschulden Sachsens in der Zeit von 1763 bis 1837, Leipzig 1906 (Dissertation)
- Findbuch zum Bestand HStADD 10078 Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation, 1980
- Findbuch zum Bestand HStADD 10851 Ministerium der Finanzen, o. D.
- Handwörterbuch der Staatswissenschaften, hrsg. von Elster, Ludwig / Weber, Adolph u. a., 9 Bde., Jena 4. Aufl. 1923 - 1929
- Kiesewetter, Hubert, Region und Industrie in Europa 1815 – 1995 (Grundzüge der modernen Wirtschaftsgeschichte, Bd. 2), Stuttgart 2000
- Löbe, Ernst, Der Staatshaushalt des Königreichs Sachsen in seinen verfassungs- und etatrechtlichen Beziehungen nach dem Stande der heutigen Gesetzgebung und unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung, Leipzig 3. Aufl. 1912
- Mette, Thomas, Der Übergang der deutschen Ländereisenbahnen auf das Reich 1920 – 1924, Berlin 1973 (Dissertation)
- Richter, Hans, Sächsisches Staatshaushaltsrecht. Erläuterungen zu den hauptsächlichen Bestimmungen, Dresden 1931
- Zusammenstellung einiger geschichtlichen und statistischen Thatsachen aus dem Bereiche der Staatsschuldenverwaltung im Königreiche Sachsen anlässlich des am 31. Dezember 1884 erfüllten fünfzigjährigen Bestehens des Landtagsausschusses zu Verwaltung der Staatsschulden, Dresden [1884]
4. Verweise auf andere Bestände
10002 Urkunden der Finanzverwaltung, 10029 Kammerkreditkassenkommission, 10036 Finanzarchiv, 10038 Steuerkreditkasse, 10076 Rechnungen der Hof- und Staatsbehörden, 10692 Ständeversammlung des Königreichs Sachsen, 10693 Volkskammer/Landtag des Freistaates Sachsen 1919 – 1933, 10704 Oberrechnungskammer, 10705 Staatsrechnungshof, 10736 Ministerium des Innern, 10851 Ministerium der Finanzen, 11381 Landesregierung Sachsen, Ministerium der Finanzen, 50001 Landstände der sächsischen Oberlausitz (im StFilABZ)
Anlage 2: Hinweise auf korrespondierende Überlieferung in verschiedenen Beständen
5. Hinweise auf Benutzungsbeschränkungen
Es bestehen für den Bestand keine Benutzungsbeschränkungen.
[01] Forschungen zum sächsischen Staatsschuldenwesen, auf denen bei der Bearbeitung der in diesem Bestand zusammengefassten Archivalien hätte aufgebaut werden können, liegen nur verstreut vor (vgl. insbesondere Löbe; Festschrift Landtagsausschuss).
[02] Nach 10015 Landtag, Nr. A 11, insbesondere Bl. 118
[03] Avertissement, die Errichtung der Steuerkreditkasse betreffend, in: Codex Augusteus, 1. Fortsetzung, Abteilung 2 und Teil 3, Spalte 293 - 296
[04] Abschnitt nach Löbe, S. 108 – 110
[05] Nach Löbe, S. 109 – 110
[06] Gesetzessammlung, S. 209
[07] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 226
[08] Nach Däbritz, S. 148
[09] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 227, Bl. 1 - 4
[10] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 223, Bl. 93
[11] Vermann war auch letzter Buchhalter der Steuerkreditbuchhalterei (lt. 10038 Steuerkreditkasse, Steuerkreditbuchhalterei Leipzig, Nr. 14 (Loc. 40277; Rep. 11 b, Sect. 6 b, Nr. 14)
[12] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 226, Bl. 8; Schiffner war auch letzter Kassierer der Steuerkreditkasse (lt. 10038 Steuerkreditkasse, Rechnungen, Nr. 72 (Loc. 40269; Rep. 11 b, Sect. 6 a, Nr. 71).
[13] Nach Däbritz, S. 148
[14] Nach Festschrift Landtagsausschuss
[15] Z. B. 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 226, Bl. 10 – 31; Geschäftsanweisung 1910
[16] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 223, Bl. 96
[17] Geschäftsanweisung 1910, S. 22
[18] Geschäftsanweisung 1910, S. 20
[19] Nach Festschrift Landtagsausschuss
[20] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 233
[21] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 235, Bl. 110
[22] GVBl. 1849, S. 45
[23] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 273, Bl. 20
[24] Dem Vorbild Preußens folgend wurde ein Staatsschuldbuch angestrebt. Als wesentliche Begründung des Gesetzentwurfs für den Landtag heißt es: "Es läßt sich nun in der That nicht verkennen, dass das System der Inhaberpapiere […] den großen Vortheil leichter Übertragbarkeit besitzt, dennoch eben deshalb den Nachtheil im Gefolge hat, dass der Gläubiger beim Abhandenkommen des Papieres Gefahr läuft, seine Forderung entweder ganz zu verlieren oder wenigstens nur nach vielen Weitläufigkeiten zur Realisierung derselben zu gelangen." (Landtagsakten 1883 – 84, Königliche Decrete, 2. Bd., Nr. 3 – 50, hier: Nr. 27, S. 5); Gesetz das Staatsschuldbuch betreffend vom 25.04.1884 (GVBl. S. 146); Gesetz zur Abänderung des Gesetzes vom 25.04.1884, das Staatsschuldbuch betr. vom 11.06.1906 (GVBl. S. 163)
[25] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 219, Bl. 12 – 19
[26] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 217, Bl. 128
[27] Geschäftsanweisung 1910, 1. Nachtrag 1912, S. 2 f.; Gesetz zur Abänderung des Gesetzes, das Staatsschuldbuch betr. vom 15.12.1911, § 1 (GVBl. S. 217)
[28] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 101 und 102
[29] Verordnung des Gesamtministeriums, in: GVBl. 1918, S. 403
[30] 10851 Ministerium der Finanzen, Nr. 4977; 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 228
[31] Sächsische Verfassung Artikel 45 in: GVBl. 1920, S. 445
[32] RGBl. I, S. 773
[33] GVBl. S. 67
[34] RGBl. I, S. 1400
[35] Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich vom 29.07.1922, in: RGBl. II, S. 693
[36] Verordnung zum Vollzug des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich vom 18.08.1922, in: RGBl. II, S. 741 ff.
[37] RGBl. I, S. 137 ff., 335 ff.
[38] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 50
[39] GMBl. 1929, S. 42
[40] RGBl. I, S. 153
[41] In der zu diesem Findbuch gehörigen Verzeichnungsdatenbank sind darüber hinaus erkennbare Registratursignaturen ausgewiesen.
[42] Z. B. 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 62
[43] 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 1, Bl. 170 - 184
[44] 10707 Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Kap. VIII, Nr. 4, Bd. 8
[45] Nach 10694 Staatsschuldenverwaltung, Nr. 412
[46] Handwörterbuch der Staatswissenschaften, S. 564
Däbritz, Walther: Die Staatsschulden Sachsens in der Zeit von 1763 - 1837. Leipzig, 1906. - Dissertation
Zusammenstellung einiger geschichtlichen Thatsachen aus dem Bereiche der Staatsschuldenverwaltung im Königreiche Sachsen anlässlich des am 31. Dezember 1884 erfüllten fünfzigjährigen Bestehens des Landtagsausschusses zu Verwaltung der Staatsschulden. Dresden, [1884]
Zusammenstellung einiger geschichtlichen Thatsachen aus dem Bereiche der Staatsschuldenverwaltung im Königreiche Sachsen anlässlich des am 31. Dezember 1884 erfüllten fünfzigjährigen Bestehens des Landtagsausschusses zu Verwaltung der Staatsschulden. Dresden, [1884]
Organisation und allgemeiner Dienstbetrieb.- Staatsanleihen.- Staatsschuldbuch.- Oberlausitzer Anleihen.- Eisenbahnanleihen.
Mit Gesetz vom 29.09.1834 wurde in Sachsen in Umsetzung von § 107 der Verfassung von 1831 die Staatsschuldenkasse eingerichtet. Sie war nicht einfach Teil der Exekutive, sondern stand unter direkter Aufsicht des Ständischen Ausschusses zu Verwaltung der Staatsschulden (Bezeichnung exakt so seit 1849) sowie unter Oberaufsicht des Ministeriums der Finanzen. Die Staatsschuldenkasse trat an die Stelle der zum 31.12.1834 aufgelösten Steuerkreditkasse sowie der Kammerkreditkasse und übernahm auch die Oberlausitzer Landesschuld. 1918 wurde der Landtagsausschuss aufgelöst und die Staatsschuldenverwaltung direkt dem Ministerium der Finanzen unterstellt, in welches sie 1929 auch räumlich übernommen wurde. Die Bewilligung von Staatsschulden verblieb aber bis 1933, dem vorläufigen Ende des sächsischen Parlaments, in dessen Kompetenz.
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
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