Beständeübersicht
Bestand
10698 Auftrag in Evangelicis
Datierung | 1837 - 1919 |
---|---|
Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 5,40 |
1. Behördengeschichte
Der "Auftrag in Evangelicis", genauer eigentlich "Die in Evangelicis beauftragten Staatsminister", haben ihren Ursprung in der lutherischen Reformation des 16. Jahrhunderts. In deren Folge ging auf der theoretischen Grundlage der Zwei-Reiche-Lehre und in Ermangelung eines Bischofs die oberste Kirchengewalt, das Kirchenregiment, auf den Landesherrn über. Dies wurde spätestens mit dem Übertritt Friedrich August I. (August der Starke) zum Katholizismus am 2. Juni 1697 zum Problem. Für das Kurfürstentum Sachsen wurde mit dem Patent von Krakau vom 29. September 1697 (Codex Augusteus 1. Forts. Abt. 1 Sp. 12 ff.) sowie der Instruktion an das Geheime Konsilium vom 21. Dezember 1697 (Blanckmeister S. 339) die Lösung gefunden, dass in Vertretung des Kurfürsten "Die in Evangelicis beauftragten Wirklichen Geheimen Räte" des Geheimen Konsiliums, ab 1817 des Geheimen Rats, das Kirchenregiment als summus episcopus ausüben sollten, solange der Regent einer anderen als der evangelisch-lutherischen Konfession zugetan sei.
Gemäß § 41 und 57 der sächsischen Verfassung von 1831 übernahm den Auftrag in Evangelicis ein Kollegium aller evangelischen Minister, welches in den Staatshandbüchern stets an exponierter Stelle, nämlich zwischen Gesamtministerium und Staatsrat bzw. noch vor der Ständeversammlung eingeordnet ist. Den in Evangelicis beauftragten Staatsministern hatte das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts, welches ansonsten oberste Behörde für diese Bereiche war, zuzuarbeiten. Auch wurde festgelegt, dass der Kultusminister stets evangelisch zu sein habe. Den Vorsitz im Gremium führte - bis auf Ausnahmen – stets der dem Gesamtministerium vorstehende Minister. Bereits 1840 wurde das Gremium in seiner Zahl begrenzt und bestand forthin regelmäßig aus den Ministern der Justiz, der Finanzen, des Innern und des Kultus, ausnahmsweise auch aus fünf Ministern. Sie führten ein eigenes Siegel.
Spezifiziert wurden die Aufgaben der in Evangelicis beauftragten Staatsminister und die Zuständigkeiten des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts in der Verordnung zur Errichtung der Ministerialdepartements vom 17. November 1831 und noch einmal in einem Regulativ über die Ressortverhältnisse zwischen dem Ministerium des Kultus und Öffentlichen Unterrichts und den in Evangelicis beauftragten Staatsministern vom 12. November 1837. Die in Evangelicis beauftragten Staatsminister waren für die wichtigsten Fragen der evangelischen Kirchen-, Stiftungs- und Schulangelegenheiten zuständig. Insbesondere waren dies Gesetzgebung, Anordnung oder Verlegung von Feiertagen, Zulassung der Abweichung von Kirchengesetzen im Einzelfall, Organisation der kirchlichen Behörden, Anordnung allgemeiner Kirchenkollekten, generelle Kirchen- und Schulvisitationen, Veränderungen an der Substanz von Stiftungen für Kirchen- und Schulzwecke und Ernennung der geistlichen Mitglieder der Kreisdirektionen. Weiter war die Universität Leipzig eingeschlossen mit allgemeinen Verfassungssachen, Besetzung der ordentlichen Professuren und Bestätigung der Wahl des Rektors. Außerdem waren die in Evangelicis beauftragten Staatsminister Beschwerdeinstanz bei evangelischen Angelegenheiten in Bezug auf das Ministerium des Kultus und Öffentlichen Unterrichts. Sie besetzten die Stellen des evangelischen Oberhofpredigers, der evangelischen Hofprediger und der Superintendenten. Ab den 1870er Jahren fielen in ihre Kompetenz auch die Berufung der Synoden und die Besetzung der Stellen des Landeskonsistoriums, während sie für Zivilstandsangelegenheiten und die meisten Schulangelegenheiten forthin nicht mehr zuständig waren.
Geschäftsgangsmäßig wurden ausweislich der vorhandenen Aktenlage Angelegenheiten in aller Regel so behandelt, dass sie durch das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts initiiert bzw. aufbereitet wurden (s. z. B. Nr. 16) . Später übernahmen diese aktive Rolle das Landeskonsistorium bzw. die Landessynode. Dann kamen die Angelegenheiten im Gremium der versammelten in Evangelicis beauftragten Minister zum Vortrag. Über das Ergebnis wurde ein Protokoll gefertigt und die Umsetzung wieder der vorbereitenden Stelle übergeben. Registratur und Protokoll übernahm die Kanzlei des Gesamtministeriums. Als marginal eingestufte Angelegenheiten, die lediglich zur Kenntnis gebracht werden sollten, liefen bei den Ministern um.
Die Entwicklungen der 1860er und 70er Jahre bezüglich der Säkularisierung der Gesellschaft (z. B. Zivilstandsgesetzgebung, Trennung von Kirche und Schule sowie Staat und Kirche) und der weiteren Durchstrukturierung und Zentralisierung der Verwaltung (z. B. Amtshauptmannschaften) hatten direkte Auswirkungen auch auf den Auftrag in Evangelicis. So wurde am 30. März 1868 eine Kirchenvorstands- und Synodalordnung für die evangelisch-lutherische Kirche des Königreichs Sachsen in Kraft gesetzt. 1871 wurde dann eine evangelisch-lutherische Landessynode als Pendant zu den Ständen gewählt/berufen. Am 15. Oktober 1874 wurde auf der Grundlage des Kirchengesetzes über die Errichtung eines evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums vom 15. April 1873 das (neue) Landeskonsistorium errichtet, welches – in Nachfolge des Ministeriums des Kultus und Öffentlichen Unterrichts - von da an grundsätzlich die Zuarbeiten für die in Evangelicis beauftragten Staatsminister erledigte. Es wurde von einem rechtskundigen Präsidenten geleitet; der Oberhofprediger war sein Vizepräsident. Diese Funktionen nahmen zuerst Freiherr von Könneritz und Oberhofprediger Kohlschütter wahr. Mit der Schaffung von Synode und Landeskonsistorium sind auch für den Raum der Kirche starke Zentralisierungstendenzen zu beobachten (z. B. bei Stellenbesetzung, Gehaltsangleichung mit zentral verwalteten Mitteln).
In der Weimarer Republik wurde dann eine grundsätzlich neue Qualität des Verhältnisses von Staat und Kirche erreicht. Nach über 200 Jahren endete damit auch das bis dahin in verschiedenen Formen bestehende Institut des Auftrags in Evangelicis. Der Staat übt seitdem hinsichtlich der evangelisch-lutherischen Landeskirche nur eine allgemeine Aufsicht wie über alle Religionsgemeinschaften aus. Über schulischen Religionsunterricht, akademische Ausbildung von Theologen, Seelsorge an öffentlichen Einrichtungen und finanzielle Staatsleistungen an die Landeskirche - um nur einige der wesentlichsten Bereiche zu nennen - blieben Staat und Kirche bei aller prinzipiellen Trennung jedoch verbunden. Selbst die DDR ließ aus unterschiedlicher Motivation heraus einen Teil dieser Verflechtungen weiter bestehen.
2. Bestandsgeschichte und –inhalt
Die büromäßigen Angelegenheiten der in Evangelicis beauftragten Staatsminister wurden stets von der Kanzlei des Gesamtministeriums besorgt. Es wurde jedoch grundsätzlich eine eigene Registraturabteilung für dieses Gremium geführt, deren Bestand in alphabetisch bezeichneten Lokaten abgelegt und nachgewiesen wurde. Dies hat jedoch nicht verhindert, dass im Ausnahmefall Verbindungen zum Aktenbestand des Gesamtministeriums – geführt in numerisch bezeichneten Lokaten - entstanden sind. Auf den Aktendeckeln finden sich entsprechende Verweise, die über das Findhilfsmittel für den Bestand 10697 Gesamtministerium aufzulösen sind. Auch ist zu beachten, dass die in Evangelicis beauftragten Staatsminister nur für "rein evangelische" Angelegenheiten zuständig waren. Für andere Konfessionen wurden analoge Sachverhalte im Gesamtministerium verhandelt, was in der Praxis auch einmal dazu führen konnte, dass Gegenstände, die man beim Auftrag in Evangelicis vermutet, dort mit bearbeitet wurden.
Die Unterlagen im Umfang von 5,15 lfm kamen 1919 im Zusammenhang einer größeren Ak-tenablieferung des Gesamtministeriums mit einem Behördenrepertorium (heute Findhilfsmittel für den Bestand 10697 Gesamtministerium) in das Hauptstaatsarchiv. Sie haben eine Laufzeit von 1834 bis 1918.
In der Behörde wurde für die Unterlagen kein Aktenplan angewandt. Lediglich einige Bandreihen wurden angelegt, welche teils nach inhaltlichen Gesichtspunkten, teils als Korrespondentenakten strukturiert sind. Bei der archivischen Verzeichnung wurde nun versucht, den sich abzeichnenden Komplexen weitere Unterlagen hinzuzufügen und den Bestand so überschaubarer zu machen. Nach Möglichkeit wurden die vorhandenen Aktentitel beibehalten und nur zurückhaltend dem heutigen Sprachgebrauch angepasst. Grundsätzlich wurde einfach verzeichnet. Dies bedeutet, dass in den verschiedenen Akteneinheiten insbesondere der Aktenserien " Personalangelegenheiten von Geistlichen und Schullehrern", "Ephorien und Superintendenten" sowie "Universität Leipzig" viele orts-/institutionen- und personenbezogene Informationen enthalten sein können, die für die lokale Geschichtsschreibung von besonderem Interesse sind, ohne dass die Verzeichnungsangaben sie bereits detailliert ausweisen. Erweiterte Verzeichnung wurde speziell für die Serie "Landessynode" angewandt, da hier ohne diese kein auch nur annähernd sachgerechter Zugang zu den sehr diversifizierten Akteninhalten möglich wäre.
Inhaltlich befassen sich die Unterlagen mit den verschiedensten Gebieten kirchlichen Lebens, wobei die verfassungsmäßigen und organisatorischen Belange im Fordergrund stehen. Theologische Fragen und Fragen der Frömmigkeitspraxis spielen eher vermittelt eine Rolle. Viele organisatorische und inhaltliche Regelungen jener Zeit haben bis zur Gegenwart in ihrer Substanz Bestand. Schulische Angelegenheiten haben ihren Schwerpunkt, entsprechend der organisatorischen Entwicklung vor den 1870er Jahren.
Angesichts der Tatsache, dass die Überlieferungen des Landeskonsistoriums und der Landessynode (soweit nicht gedruckt) 1945 beim Bombenangriff auf Dresden im Landeskirchenamt vernichtet wurden, ist der Bestand eine wesentliche Quellengrundlage für die sächsische Schul- und insbesondere Kirchengeschichte.
3. Quellen und Literatur
- Gesetz- und Verordnungsblatt Sachsen, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Staatshandbuch für das Königreich Sachsen, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Franz Blanckmeister, Sächsische Kirchengeschichte, Dresden 2. Auflage neu 1906
- Reiner Groß, Geschichte Sachsens, Leipzig 2001
- Findbucheinleitung zum Bestand 11125 Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts von Gerhard Schmidt, o. D.
- Gerhard Schmidt, Ordnungsarbeiten am Bestand des sächsischen Staatsministeriums für Volksbildung, in: Archivmitteilungen 10 (1960), S. 15 ff.
4. Verweise auf andere Bestände im eigenen Archiv und in fremden Archiven
- 11125 Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts
- 10697 Gesamtministerium
- 10701 Staatskanzlei
- Landeskirchenarchiv der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Dresden
- Kirchliche Archive in den einzelnen evangelisch-lutherischen Superintendenturen sowie Bestände der Superintendenturen in den Staatsarchiven
5. Benutzungshinweise
Der Bestand ist verfilmt. Für die Benutzung wird grundsätzlich der Film verwendet. Personenbezogene Schutzbestimmungen oder Geheimhaltungsvorschriften sind nicht mehr zu beachten. Der Findbuchinhalt liegt auch als Datenbank in Augias-Archiv sowie als Online-Findbuch vor.
Der "Auftrag in Evangelicis", genauer eigentlich "Die in Evangelicis beauftragten Staatsminister", haben ihren Ursprung in der lutherischen Reformation des 16. Jahrhunderts. In deren Folge ging auf der theoretischen Grundlage der Zwei-Reiche-Lehre und in Ermangelung eines Bischofs die oberste Kirchengewalt, das Kirchenregiment, auf den Landesherrn über. Dies wurde spätestens mit dem Übertritt Friedrich August I. (August der Starke) zum Katholizismus am 2. Juni 1697 zum Problem. Für das Kurfürstentum Sachsen wurde mit dem Patent von Krakau vom 29. September 1697 (Codex Augusteus 1. Forts. Abt. 1 Sp. 12 ff.) sowie der Instruktion an das Geheime Konsilium vom 21. Dezember 1697 (Blanckmeister S. 339) die Lösung gefunden, dass in Vertretung des Kurfürsten "Die in Evangelicis beauftragten Wirklichen Geheimen Räte" des Geheimen Konsiliums, ab 1817 des Geheimen Rats, das Kirchenregiment als summus episcopus ausüben sollten, solange der Regent einer anderen als der evangelisch-lutherischen Konfession zugetan sei.
Gemäß § 41 und 57 der sächsischen Verfassung von 1831 übernahm den Auftrag in Evangelicis ein Kollegium aller evangelischen Minister, welches in den Staatshandbüchern stets an exponierter Stelle, nämlich zwischen Gesamtministerium und Staatsrat bzw. noch vor der Ständeversammlung eingeordnet ist. Den in Evangelicis beauftragten Staatsministern hatte das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts, welches ansonsten oberste Behörde für diese Bereiche war, zuzuarbeiten. Auch wurde festgelegt, dass der Kultusminister stets evangelisch zu sein habe. Den Vorsitz im Gremium führte - bis auf Ausnahmen – stets der dem Gesamtministerium vorstehende Minister. Bereits 1840 wurde das Gremium in seiner Zahl begrenzt und bestand forthin regelmäßig aus den Ministern der Justiz, der Finanzen, des Innern und des Kultus, ausnahmsweise auch aus fünf Ministern. Sie führten ein eigenes Siegel.
Spezifiziert wurden die Aufgaben der in Evangelicis beauftragten Staatsminister und die Zuständigkeiten des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts in der Verordnung zur Errichtung der Ministerialdepartements vom 17. November 1831 und noch einmal in einem Regulativ über die Ressortverhältnisse zwischen dem Ministerium des Kultus und Öffentlichen Unterrichts und den in Evangelicis beauftragten Staatsministern vom 12. November 1837. Die in Evangelicis beauftragten Staatsminister waren für die wichtigsten Fragen der evangelischen Kirchen-, Stiftungs- und Schulangelegenheiten zuständig. Insbesondere waren dies Gesetzgebung, Anordnung oder Verlegung von Feiertagen, Zulassung der Abweichung von Kirchengesetzen im Einzelfall, Organisation der kirchlichen Behörden, Anordnung allgemeiner Kirchenkollekten, generelle Kirchen- und Schulvisitationen, Veränderungen an der Substanz von Stiftungen für Kirchen- und Schulzwecke und Ernennung der geistlichen Mitglieder der Kreisdirektionen. Weiter war die Universität Leipzig eingeschlossen mit allgemeinen Verfassungssachen, Besetzung der ordentlichen Professuren und Bestätigung der Wahl des Rektors. Außerdem waren die in Evangelicis beauftragten Staatsminister Beschwerdeinstanz bei evangelischen Angelegenheiten in Bezug auf das Ministerium des Kultus und Öffentlichen Unterrichts. Sie besetzten die Stellen des evangelischen Oberhofpredigers, der evangelischen Hofprediger und der Superintendenten. Ab den 1870er Jahren fielen in ihre Kompetenz auch die Berufung der Synoden und die Besetzung der Stellen des Landeskonsistoriums, während sie für Zivilstandsangelegenheiten und die meisten Schulangelegenheiten forthin nicht mehr zuständig waren.
Geschäftsgangsmäßig wurden ausweislich der vorhandenen Aktenlage Angelegenheiten in aller Regel so behandelt, dass sie durch das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts initiiert bzw. aufbereitet wurden (s. z. B. Nr. 16) . Später übernahmen diese aktive Rolle das Landeskonsistorium bzw. die Landessynode. Dann kamen die Angelegenheiten im Gremium der versammelten in Evangelicis beauftragten Minister zum Vortrag. Über das Ergebnis wurde ein Protokoll gefertigt und die Umsetzung wieder der vorbereitenden Stelle übergeben. Registratur und Protokoll übernahm die Kanzlei des Gesamtministeriums. Als marginal eingestufte Angelegenheiten, die lediglich zur Kenntnis gebracht werden sollten, liefen bei den Ministern um.
Die Entwicklungen der 1860er und 70er Jahre bezüglich der Säkularisierung der Gesellschaft (z. B. Zivilstandsgesetzgebung, Trennung von Kirche und Schule sowie Staat und Kirche) und der weiteren Durchstrukturierung und Zentralisierung der Verwaltung (z. B. Amtshauptmannschaften) hatten direkte Auswirkungen auch auf den Auftrag in Evangelicis. So wurde am 30. März 1868 eine Kirchenvorstands- und Synodalordnung für die evangelisch-lutherische Kirche des Königreichs Sachsen in Kraft gesetzt. 1871 wurde dann eine evangelisch-lutherische Landessynode als Pendant zu den Ständen gewählt/berufen. Am 15. Oktober 1874 wurde auf der Grundlage des Kirchengesetzes über die Errichtung eines evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums vom 15. April 1873 das (neue) Landeskonsistorium errichtet, welches – in Nachfolge des Ministeriums des Kultus und Öffentlichen Unterrichts - von da an grundsätzlich die Zuarbeiten für die in Evangelicis beauftragten Staatsminister erledigte. Es wurde von einem rechtskundigen Präsidenten geleitet; der Oberhofprediger war sein Vizepräsident. Diese Funktionen nahmen zuerst Freiherr von Könneritz und Oberhofprediger Kohlschütter wahr. Mit der Schaffung von Synode und Landeskonsistorium sind auch für den Raum der Kirche starke Zentralisierungstendenzen zu beobachten (z. B. bei Stellenbesetzung, Gehaltsangleichung mit zentral verwalteten Mitteln).
In der Weimarer Republik wurde dann eine grundsätzlich neue Qualität des Verhältnisses von Staat und Kirche erreicht. Nach über 200 Jahren endete damit auch das bis dahin in verschiedenen Formen bestehende Institut des Auftrags in Evangelicis. Der Staat übt seitdem hinsichtlich der evangelisch-lutherischen Landeskirche nur eine allgemeine Aufsicht wie über alle Religionsgemeinschaften aus. Über schulischen Religionsunterricht, akademische Ausbildung von Theologen, Seelsorge an öffentlichen Einrichtungen und finanzielle Staatsleistungen an die Landeskirche - um nur einige der wesentlichsten Bereiche zu nennen - blieben Staat und Kirche bei aller prinzipiellen Trennung jedoch verbunden. Selbst die DDR ließ aus unterschiedlicher Motivation heraus einen Teil dieser Verflechtungen weiter bestehen.
2. Bestandsgeschichte und –inhalt
Die büromäßigen Angelegenheiten der in Evangelicis beauftragten Staatsminister wurden stets von der Kanzlei des Gesamtministeriums besorgt. Es wurde jedoch grundsätzlich eine eigene Registraturabteilung für dieses Gremium geführt, deren Bestand in alphabetisch bezeichneten Lokaten abgelegt und nachgewiesen wurde. Dies hat jedoch nicht verhindert, dass im Ausnahmefall Verbindungen zum Aktenbestand des Gesamtministeriums – geführt in numerisch bezeichneten Lokaten - entstanden sind. Auf den Aktendeckeln finden sich entsprechende Verweise, die über das Findhilfsmittel für den Bestand 10697 Gesamtministerium aufzulösen sind. Auch ist zu beachten, dass die in Evangelicis beauftragten Staatsminister nur für "rein evangelische" Angelegenheiten zuständig waren. Für andere Konfessionen wurden analoge Sachverhalte im Gesamtministerium verhandelt, was in der Praxis auch einmal dazu führen konnte, dass Gegenstände, die man beim Auftrag in Evangelicis vermutet, dort mit bearbeitet wurden.
Die Unterlagen im Umfang von 5,15 lfm kamen 1919 im Zusammenhang einer größeren Ak-tenablieferung des Gesamtministeriums mit einem Behördenrepertorium (heute Findhilfsmittel für den Bestand 10697 Gesamtministerium) in das Hauptstaatsarchiv. Sie haben eine Laufzeit von 1834 bis 1918.
In der Behörde wurde für die Unterlagen kein Aktenplan angewandt. Lediglich einige Bandreihen wurden angelegt, welche teils nach inhaltlichen Gesichtspunkten, teils als Korrespondentenakten strukturiert sind. Bei der archivischen Verzeichnung wurde nun versucht, den sich abzeichnenden Komplexen weitere Unterlagen hinzuzufügen und den Bestand so überschaubarer zu machen. Nach Möglichkeit wurden die vorhandenen Aktentitel beibehalten und nur zurückhaltend dem heutigen Sprachgebrauch angepasst. Grundsätzlich wurde einfach verzeichnet. Dies bedeutet, dass in den verschiedenen Akteneinheiten insbesondere der Aktenserien " Personalangelegenheiten von Geistlichen und Schullehrern", "Ephorien und Superintendenten" sowie "Universität Leipzig" viele orts-/institutionen- und personenbezogene Informationen enthalten sein können, die für die lokale Geschichtsschreibung von besonderem Interesse sind, ohne dass die Verzeichnungsangaben sie bereits detailliert ausweisen. Erweiterte Verzeichnung wurde speziell für die Serie "Landessynode" angewandt, da hier ohne diese kein auch nur annähernd sachgerechter Zugang zu den sehr diversifizierten Akteninhalten möglich wäre.
Inhaltlich befassen sich die Unterlagen mit den verschiedensten Gebieten kirchlichen Lebens, wobei die verfassungsmäßigen und organisatorischen Belange im Fordergrund stehen. Theologische Fragen und Fragen der Frömmigkeitspraxis spielen eher vermittelt eine Rolle. Viele organisatorische und inhaltliche Regelungen jener Zeit haben bis zur Gegenwart in ihrer Substanz Bestand. Schulische Angelegenheiten haben ihren Schwerpunkt, entsprechend der organisatorischen Entwicklung vor den 1870er Jahren.
Angesichts der Tatsache, dass die Überlieferungen des Landeskonsistoriums und der Landessynode (soweit nicht gedruckt) 1945 beim Bombenangriff auf Dresden im Landeskirchenamt vernichtet wurden, ist der Bestand eine wesentliche Quellengrundlage für die sächsische Schul- und insbesondere Kirchengeschichte.
3. Quellen und Literatur
- Gesetz- und Verordnungsblatt Sachsen, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Staatshandbuch für das Königreich Sachsen, Dresden verschiedene Jahrgänge
- Franz Blanckmeister, Sächsische Kirchengeschichte, Dresden 2. Auflage neu 1906
- Reiner Groß, Geschichte Sachsens, Leipzig 2001
- Findbucheinleitung zum Bestand 11125 Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts von Gerhard Schmidt, o. D.
- Gerhard Schmidt, Ordnungsarbeiten am Bestand des sächsischen Staatsministeriums für Volksbildung, in: Archivmitteilungen 10 (1960), S. 15 ff.
4. Verweise auf andere Bestände im eigenen Archiv und in fremden Archiven
- 11125 Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts
- 10697 Gesamtministerium
- 10701 Staatskanzlei
- Landeskirchenarchiv der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Dresden
- Kirchliche Archive in den einzelnen evangelisch-lutherischen Superintendenturen sowie Bestände der Superintendenturen in den Staatsarchiven
5. Benutzungshinweise
Der Bestand ist verfilmt. Für die Benutzung wird grundsätzlich der Film verwendet. Personenbezogene Schutzbestimmungen oder Geheimhaltungsvorschriften sind nicht mehr zu beachten. Der Findbuchinhalt liegt auch als Datenbank in Augias-Archiv sowie als Online-Findbuch vor.
Blanckmeister, Franz: Sächsische Kirchengeschichte. 2. Auflage neu, Dresden, 1906
Schmidt, Gerhard: Das Verhältnis von Staat und Kirche in Sachsen im 19. Jahrhundert. In: Sächsische Heimatblätter, Jg. 12. 1966, H. 5
Schmidt, Gerhard: Ordnungsarbeiten am Bestand des sächsischen Ministeriums für Volksbildung. In: Archivmitteilungen. Jg. 10. 1960, S. 60 ff.
Schmidt, Gerhard: Sachsens Weg zur Staats- und Verwaltungseinheit 1806 - 1835, Kap. III, 4 b. - maschinenschriftlich
Schmidt, Gerhard: Das Verhältnis von Staat und Kirche in Sachsen im 19. Jahrhundert. In: Sächsische Heimatblätter, Jg. 12. 1966, H. 5
Schmidt, Gerhard: Ordnungsarbeiten am Bestand des sächsischen Ministeriums für Volksbildung. In: Archivmitteilungen. Jg. 10. 1960, S. 60 ff.
Schmidt, Gerhard: Sachsens Weg zur Staats- und Verwaltungseinheit 1806 - 1835, Kap. III, 4 b. - maschinenschriftlich
Verfassung und Organisation der evangelisch-lutherischen Landeskirche als ganzer, ihrer Ephorien und Gemeinden.- Landeskonsistorium.- Landessynode.- Schulwesen.- Personalangelegenheiten.- Stiftungen.- Kirchliches Vermögen, insb. Lehne.
1697 war der Landesherr zum Katholizismus übergetreten. Seitdem wurde in seiner Stellvertretung die oberste Kirchengewalt (Summepiskopat) über die evangelisch-lutherische Kirche sowie die damit zusammenhängenden Schulangelegenheiten von den in Evangelicis beauftragten Wirklichen Geheimen Räten des Geheimen Kabinetts / Geheimen Rats ausgeübt. Mit den Verwaltungsreformen von 1831 ging das landesherrliche Kirchenregiment auf ein Gremium aus evangelischen Staatsministern über. Den in Evangelicis beauftragten Staatsministern unterstand in diesen Angelegenheiten das Ministerium des Kultus und Öffentlichen Unterrichts. 1874 wurden die Schulangelegenheiten grundsätzlich aus dem kirchlichen Bereich ausgegliedert. Für die verbleibenden kirchlichen Angelegenheiten wurden an Stelle des Kultusministeriums 1873 eine Landessynode durch die Kirchenvorstände gewählt, bzw. ein gewisser Anteil durch die in Evangelicis beauftragten Staatsminister berufen. Auch wurde 1874 ein (neues) Landeskonsistorium als oberste Behörde errichtet. Mit der Weimarer Verfassung erfolgte 1919 die grundsätzliche Trennung von Staat und Kirche, was auch die Aufhebung des landesherrlichen Kirchenregiments und damit das Erlöschen des Auftrags in Evangelicis bedeutete.
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
- 2003 | Findbuch / Datenbank
- 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5