Beständeübersicht
Bestand
20855 Clemens Humann, Metallwarenfabrik, Leipzig
Datierung | 1912 - 1949 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 1,71 |
Zur Geschichte der Metallwarenfabrik Clemens Humann
Am 9. Juli 1907 gründete Wilhelm Friedrich Clemens Humann, geb. am 17. 11. 1876 in Mülsen St. Micheln [01] , in Leipzig-Reudnitz in der Lilienstr. 21 die "Fa. Clemens Humann" (Metallwaren- und Ornamentenfabrik). [02] Im Jahre 1908 wurde die Fabrik nach Leipzig-Möckern, Königin-Carola-Str. 9 verlagert. Die Firma beschäftigte anfangs 15 Arbeitskräfte. Sie bestand aus einer Klempnerei, Drückerei, Stanzerei, Schleiferei und einer Galvanischen Anstalt. Sie war Spezialhersteller von Tonarmen und Schalltrichtern für "Sprechmaschinen" und führte Treib- und Ziselierarbeiten aus. Im Jahre 1918 erwarb Clemens Humann das Fabrikgelände in Leipzig-Neustadt, Wissmannstr. 29 (heute: Schulze-Delitzsch-Straße) und errichtete u. a. eine moderne autogene Schweißerei und Glühanlage. [03] Das Unternehmen war mit Ausnahme der Jahre 1909 bis 1913 in ständigem Besitz von Clemens und Martha Humann, geb. Härtel. [04]
1924 bis 1947 führte das Unternehmen den Namen "Clemens Humann, Metallwarenfabrik und Apparatebau, Stanz- und Ziehwerk, Leipzig" und produzierte gedrückte und gezogene Metallwaren. Dazu gehörten z. B. Koch- und Heizapparate. Es waren seit den 20er Jahren bis zu 200 Arbeitskräfte angestellt. Während des Zweiten Weltkrieges, zwischen 1942 bis April 1945, war der Betrieb für die Rüstungsindustrie der Leipziger Region tätig und produzierte u. a. Flugzeugbestandteile. [05] Eigens dafür wurden auch von diesem Unternehmen ausländische Arbeitskräfte eingesetzt. [06] Die Firma gehörte zu den Zielen des Bombenangriffs vom 4. Dez. 1943 auf Leipzig und trug erhebliche Schäden davon. [07]
Im Juni 1946 wurde der noch 70 Beschäftigte zählende Betrieb, der als "Friedensproduktion" Kochplatten und -töpfe aus Messing und Aluminium herstellte [08] , durch den Volksentscheid in Sachsen enteignet und im August 1948 im Handelsregister gestrichen. Als Nachfolger gehörte die "Leipziger Metallwaren- und Elektro-Geräte-Fabrik" zur Gruppe Landeseigener Betriebe Sachsens, Industrieverwaltung 8, Maschinenbau. [09]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Gemeinsam mit den Unterlagen der Körting-Werke Leipzig befand sich das Schriftgut der Clemens Humann Metallwarenfabrik im Verwaltungsarchiv des VEB Leuchtenbau. Im Zusammenhang mit der Abwicklung des Betriebes im Jahre 1991 wurde das Verwaltungsarchiv aufgelöst und insgesamt 25 lfm Schriftgut vermischter Provenienz an das Sächsische Staatsarchiv Leipzig übergeben. Nach Feststellung der Provenienzen der übernommenen Akten erfolgten 1994 die Bestandsabgrenzung und -bildung sowie die Bearbeitung des vorliegenden Bestandes. Die Akten wurden gemäß den OVG überwiegend einfach verzeichnet, in drei Gruppen gegliedert und technisch bearbeitet. Nach abschließender redaktioneller Bearbeitung der vorläufigen Findkartei wurde das Findbuch mit dem PC-Programm AUGIAS ausgefertigt. Hinweise zum Umfang der ursprünglichen Registraturen konnten nicht ermittelt werden.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand umfaßt 1,5 lfm (33 AE) und erstreckt sich auf die Jahre 1918 bis 1947, vereinzelt bis 1949. Einige Personalunterlagen sind durchgehend bis 1949 geführt worden und enthalten vereinzelt Dokumente der Leipziger Metallwaren- und Elektro-Geräte-Fabrik. [10] Insgesamt erscheint die Überlieferung fragmentarisch. Insbesondere fehlen Korrespondenzakten mit Geschäftspartnern und Kunden sowie ingenieurtechnische Produktionsunterlagen. Der Bestand ermöglicht dennoch einen Einblick in die Entstehung und Entwicklung eines mittelständischen Unternehmens der metallverarbeitenden Industrie in Leipzig, v. a. in die Personal- und Tarifangelegenheiten der 1930er und 40er Jahre. Überliefert sind Personalunterlagen, Lohn- und Gehaltskonten der Angestellten, Arbeiter und Lehrlinge sowie Personalunterlagen von ausländischen Zwangsarbeitern und Zivilbeschäftigten aus Belgien, Italien, Frankreich, Kroatien, dem Protektorat Böhmen und Mähren sowie von Ostarbeitern, die zwischen 1940 und April 1945 eingesetzt wurden. Die Unterlagen enthalten u. a. Arbeitspapiere mit persönlichen Daten, Angaben über die damalige Staatszugehörigkeit und Nationalität, zur Art der Tätigkeit und Dauer der Beschäftigung bzw. des Einsatzes einschließlich Hinweise auf Zwangsarbeiterlager. [11] Der Bestand enthält auch Hauptbücher der Jahre 1938 bis 1946, Grundstücksunterlagen zum Erwerb und Ausbau der Fabrik in Leipzig, Wissmannstraße 29 und Fotos, die die Fabrikation der Tonarme und Schalltrichter unter den damaligen technologischen Bedingungen um das Jahr 1920 zeigen. [12]
M. Külow
Leipzig 1995
[01] Vgl. StAL, PP-M Nr. 446.
[02] Vgl. dazu und zu den folgenden Angaben: StAL, Amtsgericht Leipzig, HRA Nr. 2179.- Vgl. auch Leipziger Wirtschaftshandbuch, Bd. 3, S. 13.
[03] Vgl. StAL, Humann Nr. 29, 30.
[04] Vgl. StAL, Amtsgericht Leipzig, HRA Nr. 2179.- Vgl. auch StAL, PP-M Nr. 2015.
[05] Vgl. Humann, Nr. 26.
[06] Vgl. Humann, Nr. 1 - 6, 9, 11, 15 - 18, 24.
[07] Vgl. Humann, Nr. 26.
[08] Ebenda.
[09] Vgl. Leipziger Adreßbuch, Jg. 1947/48, Teil I, S. 442.
[10] Vgl. Humann Nr. 11, 14.
[11] Vgl. Humann Nr. 24.
[12] Vgl. Humann Nr. 27.
Am 9. Juli 1907 gründete Wilhelm Friedrich Clemens Humann, geb. am 17. 11. 1876 in Mülsen St. Micheln [01] , in Leipzig-Reudnitz in der Lilienstr. 21 die "Fa. Clemens Humann" (Metallwaren- und Ornamentenfabrik). [02] Im Jahre 1908 wurde die Fabrik nach Leipzig-Möckern, Königin-Carola-Str. 9 verlagert. Die Firma beschäftigte anfangs 15 Arbeitskräfte. Sie bestand aus einer Klempnerei, Drückerei, Stanzerei, Schleiferei und einer Galvanischen Anstalt. Sie war Spezialhersteller von Tonarmen und Schalltrichtern für "Sprechmaschinen" und führte Treib- und Ziselierarbeiten aus. Im Jahre 1918 erwarb Clemens Humann das Fabrikgelände in Leipzig-Neustadt, Wissmannstr. 29 (heute: Schulze-Delitzsch-Straße) und errichtete u. a. eine moderne autogene Schweißerei und Glühanlage. [03] Das Unternehmen war mit Ausnahme der Jahre 1909 bis 1913 in ständigem Besitz von Clemens und Martha Humann, geb. Härtel. [04]
1924 bis 1947 führte das Unternehmen den Namen "Clemens Humann, Metallwarenfabrik und Apparatebau, Stanz- und Ziehwerk, Leipzig" und produzierte gedrückte und gezogene Metallwaren. Dazu gehörten z. B. Koch- und Heizapparate. Es waren seit den 20er Jahren bis zu 200 Arbeitskräfte angestellt. Während des Zweiten Weltkrieges, zwischen 1942 bis April 1945, war der Betrieb für die Rüstungsindustrie der Leipziger Region tätig und produzierte u. a. Flugzeugbestandteile. [05] Eigens dafür wurden auch von diesem Unternehmen ausländische Arbeitskräfte eingesetzt. [06] Die Firma gehörte zu den Zielen des Bombenangriffs vom 4. Dez. 1943 auf Leipzig und trug erhebliche Schäden davon. [07]
Im Juni 1946 wurde der noch 70 Beschäftigte zählende Betrieb, der als "Friedensproduktion" Kochplatten und -töpfe aus Messing und Aluminium herstellte [08] , durch den Volksentscheid in Sachsen enteignet und im August 1948 im Handelsregister gestrichen. Als Nachfolger gehörte die "Leipziger Metallwaren- und Elektro-Geräte-Fabrik" zur Gruppe Landeseigener Betriebe Sachsens, Industrieverwaltung 8, Maschinenbau. [09]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Gemeinsam mit den Unterlagen der Körting-Werke Leipzig befand sich das Schriftgut der Clemens Humann Metallwarenfabrik im Verwaltungsarchiv des VEB Leuchtenbau. Im Zusammenhang mit der Abwicklung des Betriebes im Jahre 1991 wurde das Verwaltungsarchiv aufgelöst und insgesamt 25 lfm Schriftgut vermischter Provenienz an das Sächsische Staatsarchiv Leipzig übergeben. Nach Feststellung der Provenienzen der übernommenen Akten erfolgten 1994 die Bestandsabgrenzung und -bildung sowie die Bearbeitung des vorliegenden Bestandes. Die Akten wurden gemäß den OVG überwiegend einfach verzeichnet, in drei Gruppen gegliedert und technisch bearbeitet. Nach abschließender redaktioneller Bearbeitung der vorläufigen Findkartei wurde das Findbuch mit dem PC-Programm AUGIAS ausgefertigt. Hinweise zum Umfang der ursprünglichen Registraturen konnten nicht ermittelt werden.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand umfaßt 1,5 lfm (33 AE) und erstreckt sich auf die Jahre 1918 bis 1947, vereinzelt bis 1949. Einige Personalunterlagen sind durchgehend bis 1949 geführt worden und enthalten vereinzelt Dokumente der Leipziger Metallwaren- und Elektro-Geräte-Fabrik. [10] Insgesamt erscheint die Überlieferung fragmentarisch. Insbesondere fehlen Korrespondenzakten mit Geschäftspartnern und Kunden sowie ingenieurtechnische Produktionsunterlagen. Der Bestand ermöglicht dennoch einen Einblick in die Entstehung und Entwicklung eines mittelständischen Unternehmens der metallverarbeitenden Industrie in Leipzig, v. a. in die Personal- und Tarifangelegenheiten der 1930er und 40er Jahre. Überliefert sind Personalunterlagen, Lohn- und Gehaltskonten der Angestellten, Arbeiter und Lehrlinge sowie Personalunterlagen von ausländischen Zwangsarbeitern und Zivilbeschäftigten aus Belgien, Italien, Frankreich, Kroatien, dem Protektorat Böhmen und Mähren sowie von Ostarbeitern, die zwischen 1940 und April 1945 eingesetzt wurden. Die Unterlagen enthalten u. a. Arbeitspapiere mit persönlichen Daten, Angaben über die damalige Staatszugehörigkeit und Nationalität, zur Art der Tätigkeit und Dauer der Beschäftigung bzw. des Einsatzes einschließlich Hinweise auf Zwangsarbeiterlager. [11] Der Bestand enthält auch Hauptbücher der Jahre 1938 bis 1946, Grundstücksunterlagen zum Erwerb und Ausbau der Fabrik in Leipzig, Wissmannstraße 29 und Fotos, die die Fabrikation der Tonarme und Schalltrichter unter den damaligen technologischen Bedingungen um das Jahr 1920 zeigen. [12]
M. Külow
Leipzig 1995
[01] Vgl. StAL, PP-M Nr. 446.
[02] Vgl. dazu und zu den folgenden Angaben: StAL, Amtsgericht Leipzig, HRA Nr. 2179.- Vgl. auch Leipziger Wirtschaftshandbuch, Bd. 3, S. 13.
[03] Vgl. StAL, Humann Nr. 29, 30.
[04] Vgl. StAL, Amtsgericht Leipzig, HRA Nr. 2179.- Vgl. auch StAL, PP-M Nr. 2015.
[05] Vgl. Humann, Nr. 26.
[06] Vgl. Humann, Nr. 1 - 6, 9, 11, 15 - 18, 24.
[07] Vgl. Humann, Nr. 26.
[08] Ebenda.
[09] Vgl. Leipziger Adreßbuch, Jg. 1947/48, Teil I, S. 442.
[10] Vgl. Humann Nr. 11, 14.
[11] Vgl. Humann Nr. 24.
[12] Vgl. Humann Nr. 27.
Grundstücke.- Personal.- Lohn.- Fremdarbeiter und Zwangsarbeiter.- Produktion.
Die Firma Clemens Humann wurde am 9. Juli 1907 von Wilhelm Friedrich Clemens Humann gegründet. Nach Sequestrierung und Enteignung wurde die Firma im Jahr 1948 im Handelsregister gelöscht. Nachfolger wurde der VEB Leipziger Metallwaren- und Elektrogerätefabrik. Die Firma produzierte und vertrieb gedrückte und gezogene Metallwaren, Koch- und Heizapparate sowie Kochtöpfe.
- 1995 | Findbuch / Datenbank
- 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5