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Beständeübersicht

Bestand

20865 Eisenbau Reinhold Patzschke, Leipzig

Datierung1915 - 1948
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)6,67
Geschichte der Firma Eisenbau Reinhold Patzschke

Die Firma wurde 1886 gegründet, über ihre Anfänge ist allerdings wenig bekannt.[01] 1915 ließ der Schlossermeister Reinhold Patzschke seine Fabrik für Feineisenkonstruktionen mit Kunstschmiede und Bauschlosserei in das Handelsregister beim Amtsgericht Leipzig eintragen.[02] Er beschäftigte zu dieser Zeit 60 Personen. Die Fabrik in der Mölkauer Str. 24 im Leipziger Ortsteil Anger-Crottendorf produzierte vor allem schmiedeeiserne Fenster. Der Sohn des Firmenbegründers Ingenieur Curt Patzschke erhielt zunächst Prokura, trat zum 1. Oktober 1916 in die Firma ein und übernahm sie nach dem Ausscheiden des Vaters im September 1918 ganz.
1922 verlegte die Firma ihren Sitz in einen Fabrikneubau in die Bahnstraße im Ortsteil Mockau und produzierte jetzt vor allem Eisenkonstruktionen, z. B. für Hallen, Bahnhofsbauten und Brücken. Im Mai 1925 ließ Curt Patzschke beim Amtsgericht Leipzig die anfängliche Firmierung "Reinhold Patzschke" in "Eisenbau Reinhold Patzschke" ändern. Er gab an, dass sein Betrieb 300 Leute beschäftige und ausschließlich Eisenkonstruktionen herstellte. 1929 wurde für den Vertrieb, seit 1930 dann auch für die Produktion von "Repal"-Stahlfenstern eine Tochtergesellschaft Repal-Stahlfenster-Gesellschaft mbH gegründet.[03] Seit 1930 hatten beide Unternehmen ihren Sitz in der Dortmunder Straße, ebenfalls im Ortsteil Mockau. 1936 kaufte Curt Patzschke das bereits vorher gepachtete Grundstück Dessauer Str. 2 mit Fabrikhallen, Bürogebäude und Gleisanschluss von der Firma Thyssen, Eisen- und Stahl AG in Leipzig[04] und führte es als Werk 2.
Am 29. August 1937 verunglückte der Firmenchef Curt Patzschke bei einem Autounfall tödlich. Als testamentarischer Alleinerbe wurde sein unmündiger Neffe Reinhold Patzschke in Hamburg, geboren am 31. Mai 1921, Alleininhaber der Fima, gesetzlich vertreten durch seine Mutter Emma verw. Patzschke geb. Birnbaum in Hamburg. Die Geschäfte führte bis Januar 1946 der Einzelprokurist Friedrich Max Kühne, der als Prokurist seit 1921 in der Firma tätig gewesen war. Reinhold Patzschke, seit mindestens 1940 bei der Wehrmacht, starb am 21. Januar 1944 an der Ostfront. In ungeteilter Erbengemeinschaft führten seine Mutter und seine Schwester Erika Patzschke das Handelsgeschäft fort, bis zum 1. Okt. 1945 Erika Patzschke Alleininhaberin wurde. Während des Zweiten Weltkrieges beschäftigte das Unternehmen zahlreiche Zwangsarbeiter sowohl aus West- als auch aus Osteuropa. Seit 1943 wurde es zur Produktion und Reparatur von Panzern und Panzerspähwagen umgebaut.
Im Januar 1946 erfolgte die Einsetzung eines kommissarischen Werksleiters und die Löschung der bisherigen Prokuren, im April 1946 die Sequestrierung durch die Sowjetische Militäradministration und 1947/1948 die Beauftragung mit Demontagearbeiten auf den Flughäfen Leipzig und Brandis-Waldpolenz sowie in den Leuna-Werken. Die Enteignung durch den Volksentscheid vom 30.6.1946 zu Gunsten des Landes Sachsen wurde rechtskräftig durch Löschung der Firma im Handelsregister im August 1948. Nachfolgebetrieb war der VEB Eisenbau Leipzig, der nach 1948 zur ABUS, VVB für die Ausrüstung von Bergbau und Schwerindustrie mit Sitz in Halle, gehörte.

Bestandsgeschichte und –bearbeitung

Die Unterlagen aus den Firmen Eisenbau Reinhold Patzschke und VEB Eisenbau Leipzig hat das Staatsarchiv Leipzig 1984 aus dem VEB Metalleichtbaukombinat Leipzig übernommen, 1985 die Bestände gebildet und in maschinenschriftlichen Findbüchern verzeichnet. Der Bestand Eisenbau Reinhold Patzschke umfasste die Signaturen 1-218 (4,64 lfm). Weitere Akten der Firma erhielt das Staatsarchiv 2001 von der Mitteldeutschen Stahlbau GmbH Leipzig (1,21 lfm, Signaturen ab 222) und 2006 aus dem NS-Archiv des MfS im Hauptstaatsarchiv Dresden (0,01 lfm über Zwangsarbeiter).
Nach der Konversion des Findbuches in die Augias-Datenbank des Staatsarchivs wurden 2019 die Akten der Übernahme von 2001 (1,21 lfm) verzeichnet und 2,69 lfm am Bestandsende lagernde Lohnlisten deutscher Arbeiter von 1930-1948 der Vernichtung zugeführt. Zur Online-Stellung erstellte die Bearbeiterin unter Nutzung der Handelsregisterakten eine neue Einleitung und fertigte das Findbuch aus. Drei Akten wurden kassiert, deshalb hat der Bestand die Fehlsignaturen: 63, 134 und 141.

Überlieferungsschwerpunkte

Der Bestand beginnt im Wesentlichen 1925, davor sind nur Geschäftsbücher und Grundstücksunterlagen überliefert. Es sind zahlreiche Quellen über Zwangsarbeiter und Kriegsproduktion zu nutzen, interessant auch die sogenannte "Eisenbuchführung" (Nachweisführung über Metall und Eisen mit überlieferten Eisenmarken, Nr. 257 und 258), die "Frontsoldatenversicherung" für zum Wehrdienst eingezogene Betriebsangehörige (Nr. 228 – 231) und die "Lebenslängliche Eisenbahn- und Dampfschiff-Unglück-Versicherung" für Curt Patzschke 1928 (Nr. 101).

Hinweise für die Benutzung

Die meisten Akten sind für die Benutzung frei zugänglich. Datenschutzrechtliche Prüfungen werden bei der Bestellung von Personal- und Bankunterlagen durchgeführt. Hier können eventuell noch Schutzfristen nach dem Sächsischen Archivgesetz zu beachten sein.

Verweise auf korrespondierende Bestände

20876 VEB Eisenbau Leipzig

Dolores Herrmann

Dezember 2019


[01] Im Bestand überliefert ist als einziger Hinweis ein Schmuckglückwunschschreiben der Prokuristen der Firma zum 40-jährigen Firmenjubiläum 1926, in: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (StA-L), 20865 Eisenbau Reinhold Patzschke, Nr. 274; siehe auch Leipziger Adressbuch 1929 ff.
[02] Siehe auch im Folgenden: StA-L, 20124 Amtsgericht Leipzig, HRA 2976 (Handelsregisterakte 1915-1948, 1996).
[03] StA-L, 20865 Eisenbau Reinhold Patzschke, Nr.43.
[04] Besitzstandsverzeichnis in: Ebenda, Nr. 241.
Leitung.- Fotos zum Werksaufbau.- Persönliche Unterlagen Curt Patzschke.- Einsatz von Fremdarbeitern und Zwangsarbeitern.- Kriegsproduktion.
Reinhold Patzschke gründete seine gleichnamige Firma 1886 und ließ sie 1915 als Fabrik für Feineisenkonstruktionen mit Kunstschmiede und Bauschlosserei mit Sitz in Leipzig in das Handelsregister eintragen. Seit 1925 firmierte sie als Eisenbau Reinhold Patzschke und stellte vor allem Eisenkonstruktionen für Hallen, Bahnhofsbauten und Brücken her. Der Betrieb beschäftigte seit 1939 zahlreiche Zwangsarbeiter. Seit 1943 wurde er zur Produktion und Reparatur von Panzern und Panzerspähwagen umgebaut. 1946 sequestrierte die Sowjetische Militäradministration (SMA) die Firma. Nach Enteignung durch den Volksentscheid vom 12. Juni 1946 wurde sie 1948 gelöscht. Nachfolgebetrieb war der VEB Eisenbau Leipzig.
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