Beständeübersicht
Bestand
20953 VEG (Z) Köllitsch
Datierung | 1953 - 1993 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 3,80 |
Bestand enthält auch 24 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular
Geschichte des VEG (Z) Köllitsch
"Junkerland in Bauernhand" – mit diesem Aufruf begann die Sowjetische Militäradministration nach Kriegsende 1945 auf dem Gebiet des heutigen Freistaats Sachsen mit der Umgestaltung der Wirtschafts- und Eigentumsordnung. Ziel der bevorstehenden Bodenreform und Verstaatlichung der Industrie war die Liquidierung des Großgrundbesitzes und die Enteignung von Nazi- und Kriegsverbrechern. Der Aufbau einer sozialistischen Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild war mit diesen Maßnahmen absehbar. [01]
Die Bevölkerung in Sachsen war am 30. Juni 1946 aufgerufen, über das "Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes" abzustimmen, das lediglich die bereits eingeleitete Enteignungspolitik formal legalisieren sollte. Die Umgestaltung der Besitzverhältnisse auf dem Land und in der Industrie erfolgte in der sowjetischen Besatzungszone bereits seit Herbst 1945. [02]
Nach Beseitigung der Führungseliten auf dem Land begann eine Umverteilung von Landbesitz, bei der etwa ein Drittel der Landwirtschaftsflächen in Sachsen enteignet und einem Bodenfonds zugeordnet wurden. Aus diesem Fonds wurden zwei Drittel des Landes in Privateigentum überführt, das besonders an landarme und landlose Neubauern sowie Umsiedler verteilt wurde. Ein Drittel des enteigneten Landes wurde als so genanntes "Volkseigentum" in Staatseigentum umgewandelt. Im Ergebnis hat die Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone und somit auch in Sachsen zu erheblichen Veränderungen bei den ländlichen Besitzverhältnissen geführt, die erst nach der deutschen Wiedervereinigung wieder umgewandelt wurden. [03]
Als ein Ergebnis dieser Bodenreform sind die Volkseigenen Güter entstanden. Die Bodenreformverordnungen sahen vor, dass den Ländern, Kreisen und Gemeinden aus dem Bodenfonds Land zugeteilt wird, auf dem landwirtschaftliche "Mustergüter" gebildet werden sollten. Im Gegensatz zu den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), handelte es sich bei den Volkseigenen Gütern jedoch um landwirtschaftliche Staatsbetriebe, deren Grund, Viehbestand und technische Produktionsmittel staatliches Eigentum waren. Insgesamt sollten die Volkseigenen Güter den staatlichen Sektor in der Landwirtschaft stärken und den Einfluss der Arbeiterklasse auf dem Land ausdehnen.
Die Leitung der Volkseigenen Güter erfolgte zentral. Auf staatlicher Ebene unterstanden sie der Anleitung und Kontrolle durch den Rat des Bezirkes und waren parallel dazu auch der entsprechenden SED-Bezirksleitung verantwortlich. Auf der Fachebene wurden die Volkseigenen Güter ab 1949 unter der Vereinigung Volkseigener Güter (VVG) zusammengefasst und erhielten ab 1952 analog zur Rechtsstellung der Volkseigenen Betriebe (VEB) die Rechtsfähigkeit zugesprochen.
Die wesentliche Aufgabe Volkseigener Güter bestand in der Versorgung der Landwirtschaft mit Zuchtvieh sowie Saat- und Pflanzengut. Viele Volkseigene Güter waren auf den Bereich Tierzucht oder Produktion von Pflanzen- und Saatgut sowie Gartenbau spezialisiert. Daneben existierte eine Reihe von Lehr- und Versuchsgütern, die agrarwissenschaftliche Forschungsprojekte durchführten, technische Neuerungen erprobten und landwirtschaftliches Fachpersonal ausbildeten. [04]
Eines dieser Lehr- und Versuchsgüter war das Volkseigene Gut Köllitsch im Kreis Torgau, dass am 20. Mai 1954 vom Minister für Land- und Forstwirtschaft Paul Scholz im Sinne des § 2 Abs. 1 der "Verordnung über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Betrieben der volkseigenen Wirtschaft" vom 20.03.1952 zum volkseigenen Betrieb "Volkseigenes Gut Tierzucht Köllitsch" ernannt wurde. [05] Am 26. Januar 1955 erfolgte unter HRC17 die Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft für den Kreis Torgau. Laut einem Eintrag in das Handelsregister am 18.12.1968 fand eine Umbenennung in "VVB Tierzucht VEG (Z) Tierzucht Köllitsch" statt. [06]
Seit 1955 unterstand das VEG (Z) Köllitsch der staatlichen Anleitung, Aufsicht und Kontrolle des Rates des Bezirkes Leipzig, Abteilung Verwaltung Volkeigener Güter. Seit 1969 war die VVB Tierzucht Paretz, Kreis Nauen das übergeordnete Verwaltungsorgan. Die Leitung des VEG (Z) Köllitsch wurde durch einen Direktor wahrgenommen, der eng mit der Betriebsparteiorganisation und der Betriebsgewerkschaftsleitung zusammenarbeitete.
Nachgeordnet existierten mehrere Arbeitsbereiche wie Tierzucht, Verwaltung und Ausbildung, die sich wiederum in einzelne Abteilungen wie Technik oder Betriebsberufsschule gliederten. Zu den Hauptaufgaben des VEG (Z) Köllitsch gehörten die Tierproduktion im Bereich Rinder-, Schweine- und Schafzucht sowie die Ausbildung von landwirtschaftlichem Fachpersonal in der Betriebsberufsschule Packisch.
Im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung fiel das VEG Tierzucht Köllitsch als ehemaliges Volkseigentum dem Bund zu und wurde durch die Treuhandanstalt verwaltet, die die Aufgabe hatte, das staatliche Vermögen zu privatisieren; Rechtsgrundlage war das Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens ("Treuhandgesetz") vom 17.06.1990. Der Freistaat Sachsen erhielt mit Wirkung vom 1. Juli 1992 das ehemalige Volkseigene Gut Köllitsch zugesprochen, das ohne die Jungrinderanlage Zwetkau, aber mit vollem Vermögen und Personal in dessen Besitz überging.
Die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft integrierte wenig später das ehemalige Volkseigene Gut Köllitsch, das als Zentrum für Bildung und angewandte Forschung unter der Bezeichnung "Lehr- und Versuchsgut Köllitsch" weiter besteht. Dieses Bildungs- und Forschungszentrum nimmt unter anderem die Aufgabe wahr, die überbetriebliche Ausbildung für die Berufe Land- und Tierwirt im Freistaat Sachsen durchzuführen; die rechtliche Grundlage dafür bildet der Beschluss des Sächsischen Landtags vom 25. Februar 1994. [07]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Das Staatsarchiv Leipzig hat den Bestand VEG (Z) Köllitsch am 7. November 2001 von der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft übernommen. Die rechtliche Grundlage für diese Übernahme bildete das Sächsische Archivgesetz, das in den §§ 4 und 5 die Übernahme und Archivierung von Unterlagen der Behörden und öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen regelt.
Der Umfang der übernommen Unterlagen beträgt 3,8 lfm und besteht aus 216 Akteneinheiten. Darunter befinden sich ausschließlich Sachakten, die eine Reihe personenbezogener Unterlagen enthalten. Der Überlieferungszeitraum umfasst die Jahre 1953 bis 1993. Als Findhilfsmittel lag ein Übergabeverzeichnis vor. Ein Aktenplan oder ein Registraturplan ist nicht bekannt. [08]
Bis zur Bearbeitung im Jahr 2008 galt der Bestand als bedingt erschlossen und war lediglich über ein Übergabeverzeichnis aus dem Jahr 2001 für die Recherche zugänglich. Auf dieser Basis erfolgte eine erweiterte Erschließung des Bestandes. Die Archivalieneinheiten wurden mit Hilfe der Archivsoftware AUGIAS erfasst. Dabei wurden die Archivaliensignaturen beibehalten, eine neue Titelbildung und das Erstellen von Enthält- und Darin-Vermerken waren erforderlich. Für die innere Ordnung des Bestandes wurde ein mehrstufiges Klassifikationsschema wählt, das die Unterlagen nach Aufgabenbereichen zusammenfasst. Innerhalb der Klassifikationsgruppen wurden die Archivalieneinheiten einzelnen Unterpunkten zugeordnet und nach Titel und chronologischer Abfolge sortiert.
Überlieferungsschwerpunkte
Die Überlieferung des Bestand VEG (Z) Köllitsch kann mit 216 Akteneinheiten als relativ gut bezeichnet werden. Innerhalb des Überlieferungszeitraum von 1953-1993 sind mit wenigen Einschränkungen kaum Überlieferungslücken zu vermerken, jedoch muss die Überlieferungslage für die Gründungszeit in den Fünfziger Jahren sowie in der Auflösungsphase ab 1990 als schlecht angesehen werden.
Der Bestand bietet zu den Aufgabenbereichen eines Volkseigenen Gutes eine breite Quellengrundlage. Dabei stehen die zahlreichen Korrespondenzen der Betriebsleitung und einzelner Fachbereiche des VEG (Z) Köllitsch im Mittelpunkt der Überlieferung, die einen Einblick in die Entscheidungsstrukturen sowie in die Zusammenarbeit mit anderen landwirtschaftlichen Produktionseinheiten aus der Region Torgau, Oschatz und Leipzig bieten.
Die breite Überlieferung zu Bau- und Reparaturmaßnahmen im VEG (Z) Köllitsch verdeutlicht, wie vergleichsweise gut Volkeigene Güter mit Landtechnik ausgestattet waren und über entsprechenden Reparaturkapazitäten verfügten, so dass sie in der Landwirtschaft der DDR als durchaus moderne Betriebsformen in der landwirtschaftlichen Großproduktion angesehen werden können.
Das VEG (Z) Köllitsch steht mit seiner umfangreichen Überlieferung von Protokollen zu Betriebs- und Gewerkschaftsversammlungen aber auch beispielhaft für den hohen politisch - ideologischen Organisationsgrad in Volkseigenen Gütern und Betrieben, in denen sich zahlreiche Grundorganisationen der SED und der Betriebsgewerkschaften des FDGB gebildet hatten.
Als Lehr- und Versuchsgut hat das VEG (Z) Köllitsch zahlreiche Kontakte zu Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie zu Wissenschaftlichen Gesellschaften aus dem In- und Ausland gepflegt, die nach 1990 sogar bis in die USA und Kanada reichten und durch eine umfangreiche Korrespondenz dokumentiert sind. Die breite Überlieferung aus den Siebziger Jahren belegt, dass das VEG (Z) Köllitsch als praxisnahe Lehranstalt zum Anlaufpunkt für zahlreiche Studenten der Veterinärmedizin und Tierproduktion aus dem Großraum Leipzig wurde. Der internationale Erfahrungsaustausch zwischen dem VEG (Z) Köllitsch und den sozialistischen Nachbarländern wie der CSSR und VR Polen spiegelt sich in der breiten Überlieferung von Korrespondenz und Unterlagen über studentische Austauschprogrammen wider.
Hinweise für die Benutzung
Für die Benutzung des Bestands im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig gelten die Bestimmungen des Sächsischen Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen in seiner jeweils gültigen Fassung. Der Bestand VEG (Z) Köllitsch unterliegt der allgemeinen Schutzfrist gemäß § 10 Abs. 1 SächsArchivG und den festgesetzten Schutzfristen für personenbezogenes Schriftgut gemäß § 10 Abs. 3 SächsArchivG. Im Bestand VEG (Z) Köllitsch sind personenbezogene Daten enthalten.
Verweise auf korrespondierende Bestände
20237 Bezirkstag/ Rat des Bezirks Leipzig
20287 Staatliches Notariat Torgau
20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig
20314 agra Landwirtschaftsausstellung der DDR, Markleeberg, Foto
21123 SED-Bezirksleitung Leipzig
21136 SED-Kreisleitung Torgau
22124 Büro für Territorialplanung bei der Bezirksplankommission Leipzig
Quellen- und Literaturverzeichnis
StA-L, Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, 1. Halbjahr 1952, Nr. 38, S. 225f.
StA-L, 20953 VEG (Z) Köllitsch, Bestandsakte.
StA-L, 20256 BVG Leipzig, Sig. 2768, Nr. 17 des volkseigenen Betriebes HRC.
Broszat, Martin/Weber, Hermann (Hrsg.): SBZ Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945 - 1949, München 1990.
Herbst, Andreas/ Ranke, Winfrid/ Winkler, Jürgen: So funktionierte die DDR, Bd. 2: Lexikon der Organisationen und Institutionen, Hamburg 1994.
Jähnichen, Rolf: Die Privatisierung der Sächsischen Landwirtschaft. Zwischenbilanz eines Neuaufbaus, Dresden 1998.
Karlsch, Rainer/ Schäfer, Michael: Wirtschaftsgeschichte Sachsens im Industriezeitalter, Dresden/ Leipzig 2006.
Schöne, Jens: Die Landwirtschaft der DDR 1945 - 1990, Erfurt 2005.
Schöne, Jens: Frühling auf dem Lande? Die Kollektivierung der DDR - Landwirtschaft, Berlin 2005.
Schroeder, Klaus: Der SED - Staat. Geschichte und Strukturen der DDR, München 1998.
www.smul.sachsen.de
www.juris.de
Romy Hildebrandt
August 2008
[01] Rainer Karlsch, Rainer/ Michael Schäfer: Wirtschaftsgeschichte Sachsens im Industriezeitalter, Dresden/ Leipzig 2006, S. 226ff.
[02] Martin Broszat und Hermann Weber (Hrsg.), SBZ Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945–1949, München 1990, S. 381ff.
[03] Rolf Jähnichen: Die Privatisierung der Sächsischen Landwirtschaft. Zwischenbilanz eines Neuaufbaus, Dresden 1998, S. 5-10.
[04] Herbst, Andreas/ Ranke, Winfrid/ Winkler, Jürgen: So funktionierte die DDR, Bd. 2: Lexikon der Organisationen und Institutionen, Hamburg 1994, S.1142ff.
[05] Siehe Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, 1. Halbjahr 1952, Nr. 38, S. 225f.
[06] Vgl. StA-L, 20256 BVG Leipzig, Sig. 2768, Nr. 17 des volkseigenen Betriebes HRC
[07] Vgl. www.smul.sachsen.de.
[08] Vgl. StA-L, 20953 VEG (Z) Köllitsch, Bestandsakte.
"Junkerland in Bauernhand" – mit diesem Aufruf begann die Sowjetische Militäradministration nach Kriegsende 1945 auf dem Gebiet des heutigen Freistaats Sachsen mit der Umgestaltung der Wirtschafts- und Eigentumsordnung. Ziel der bevorstehenden Bodenreform und Verstaatlichung der Industrie war die Liquidierung des Großgrundbesitzes und die Enteignung von Nazi- und Kriegsverbrechern. Der Aufbau einer sozialistischen Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild war mit diesen Maßnahmen absehbar. [01]
Die Bevölkerung in Sachsen war am 30. Juni 1946 aufgerufen, über das "Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes" abzustimmen, das lediglich die bereits eingeleitete Enteignungspolitik formal legalisieren sollte. Die Umgestaltung der Besitzverhältnisse auf dem Land und in der Industrie erfolgte in der sowjetischen Besatzungszone bereits seit Herbst 1945. [02]
Nach Beseitigung der Führungseliten auf dem Land begann eine Umverteilung von Landbesitz, bei der etwa ein Drittel der Landwirtschaftsflächen in Sachsen enteignet und einem Bodenfonds zugeordnet wurden. Aus diesem Fonds wurden zwei Drittel des Landes in Privateigentum überführt, das besonders an landarme und landlose Neubauern sowie Umsiedler verteilt wurde. Ein Drittel des enteigneten Landes wurde als so genanntes "Volkseigentum" in Staatseigentum umgewandelt. Im Ergebnis hat die Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone und somit auch in Sachsen zu erheblichen Veränderungen bei den ländlichen Besitzverhältnissen geführt, die erst nach der deutschen Wiedervereinigung wieder umgewandelt wurden. [03]
Als ein Ergebnis dieser Bodenreform sind die Volkseigenen Güter entstanden. Die Bodenreformverordnungen sahen vor, dass den Ländern, Kreisen und Gemeinden aus dem Bodenfonds Land zugeteilt wird, auf dem landwirtschaftliche "Mustergüter" gebildet werden sollten. Im Gegensatz zu den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), handelte es sich bei den Volkseigenen Gütern jedoch um landwirtschaftliche Staatsbetriebe, deren Grund, Viehbestand und technische Produktionsmittel staatliches Eigentum waren. Insgesamt sollten die Volkseigenen Güter den staatlichen Sektor in der Landwirtschaft stärken und den Einfluss der Arbeiterklasse auf dem Land ausdehnen.
Die Leitung der Volkseigenen Güter erfolgte zentral. Auf staatlicher Ebene unterstanden sie der Anleitung und Kontrolle durch den Rat des Bezirkes und waren parallel dazu auch der entsprechenden SED-Bezirksleitung verantwortlich. Auf der Fachebene wurden die Volkseigenen Güter ab 1949 unter der Vereinigung Volkseigener Güter (VVG) zusammengefasst und erhielten ab 1952 analog zur Rechtsstellung der Volkseigenen Betriebe (VEB) die Rechtsfähigkeit zugesprochen.
Die wesentliche Aufgabe Volkseigener Güter bestand in der Versorgung der Landwirtschaft mit Zuchtvieh sowie Saat- und Pflanzengut. Viele Volkseigene Güter waren auf den Bereich Tierzucht oder Produktion von Pflanzen- und Saatgut sowie Gartenbau spezialisiert. Daneben existierte eine Reihe von Lehr- und Versuchsgütern, die agrarwissenschaftliche Forschungsprojekte durchführten, technische Neuerungen erprobten und landwirtschaftliches Fachpersonal ausbildeten. [04]
Eines dieser Lehr- und Versuchsgüter war das Volkseigene Gut Köllitsch im Kreis Torgau, dass am 20. Mai 1954 vom Minister für Land- und Forstwirtschaft Paul Scholz im Sinne des § 2 Abs. 1 der "Verordnung über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Betrieben der volkseigenen Wirtschaft" vom 20.03.1952 zum volkseigenen Betrieb "Volkseigenes Gut Tierzucht Köllitsch" ernannt wurde. [05] Am 26. Januar 1955 erfolgte unter HRC17 die Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft für den Kreis Torgau. Laut einem Eintrag in das Handelsregister am 18.12.1968 fand eine Umbenennung in "VVB Tierzucht VEG (Z) Tierzucht Köllitsch" statt. [06]
Seit 1955 unterstand das VEG (Z) Köllitsch der staatlichen Anleitung, Aufsicht und Kontrolle des Rates des Bezirkes Leipzig, Abteilung Verwaltung Volkeigener Güter. Seit 1969 war die VVB Tierzucht Paretz, Kreis Nauen das übergeordnete Verwaltungsorgan. Die Leitung des VEG (Z) Köllitsch wurde durch einen Direktor wahrgenommen, der eng mit der Betriebsparteiorganisation und der Betriebsgewerkschaftsleitung zusammenarbeitete.
Nachgeordnet existierten mehrere Arbeitsbereiche wie Tierzucht, Verwaltung und Ausbildung, die sich wiederum in einzelne Abteilungen wie Technik oder Betriebsberufsschule gliederten. Zu den Hauptaufgaben des VEG (Z) Köllitsch gehörten die Tierproduktion im Bereich Rinder-, Schweine- und Schafzucht sowie die Ausbildung von landwirtschaftlichem Fachpersonal in der Betriebsberufsschule Packisch.
Im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung fiel das VEG Tierzucht Köllitsch als ehemaliges Volkseigentum dem Bund zu und wurde durch die Treuhandanstalt verwaltet, die die Aufgabe hatte, das staatliche Vermögen zu privatisieren; Rechtsgrundlage war das Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens ("Treuhandgesetz") vom 17.06.1990. Der Freistaat Sachsen erhielt mit Wirkung vom 1. Juli 1992 das ehemalige Volkseigene Gut Köllitsch zugesprochen, das ohne die Jungrinderanlage Zwetkau, aber mit vollem Vermögen und Personal in dessen Besitz überging.
Die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft integrierte wenig später das ehemalige Volkseigene Gut Köllitsch, das als Zentrum für Bildung und angewandte Forschung unter der Bezeichnung "Lehr- und Versuchsgut Köllitsch" weiter besteht. Dieses Bildungs- und Forschungszentrum nimmt unter anderem die Aufgabe wahr, die überbetriebliche Ausbildung für die Berufe Land- und Tierwirt im Freistaat Sachsen durchzuführen; die rechtliche Grundlage dafür bildet der Beschluss des Sächsischen Landtags vom 25. Februar 1994. [07]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Das Staatsarchiv Leipzig hat den Bestand VEG (Z) Köllitsch am 7. November 2001 von der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft übernommen. Die rechtliche Grundlage für diese Übernahme bildete das Sächsische Archivgesetz, das in den §§ 4 und 5 die Übernahme und Archivierung von Unterlagen der Behörden und öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen regelt.
Der Umfang der übernommen Unterlagen beträgt 3,8 lfm und besteht aus 216 Akteneinheiten. Darunter befinden sich ausschließlich Sachakten, die eine Reihe personenbezogener Unterlagen enthalten. Der Überlieferungszeitraum umfasst die Jahre 1953 bis 1993. Als Findhilfsmittel lag ein Übergabeverzeichnis vor. Ein Aktenplan oder ein Registraturplan ist nicht bekannt. [08]
Bis zur Bearbeitung im Jahr 2008 galt der Bestand als bedingt erschlossen und war lediglich über ein Übergabeverzeichnis aus dem Jahr 2001 für die Recherche zugänglich. Auf dieser Basis erfolgte eine erweiterte Erschließung des Bestandes. Die Archivalieneinheiten wurden mit Hilfe der Archivsoftware AUGIAS erfasst. Dabei wurden die Archivaliensignaturen beibehalten, eine neue Titelbildung und das Erstellen von Enthält- und Darin-Vermerken waren erforderlich. Für die innere Ordnung des Bestandes wurde ein mehrstufiges Klassifikationsschema wählt, das die Unterlagen nach Aufgabenbereichen zusammenfasst. Innerhalb der Klassifikationsgruppen wurden die Archivalieneinheiten einzelnen Unterpunkten zugeordnet und nach Titel und chronologischer Abfolge sortiert.
Überlieferungsschwerpunkte
Die Überlieferung des Bestand VEG (Z) Köllitsch kann mit 216 Akteneinheiten als relativ gut bezeichnet werden. Innerhalb des Überlieferungszeitraum von 1953-1993 sind mit wenigen Einschränkungen kaum Überlieferungslücken zu vermerken, jedoch muss die Überlieferungslage für die Gründungszeit in den Fünfziger Jahren sowie in der Auflösungsphase ab 1990 als schlecht angesehen werden.
Der Bestand bietet zu den Aufgabenbereichen eines Volkseigenen Gutes eine breite Quellengrundlage. Dabei stehen die zahlreichen Korrespondenzen der Betriebsleitung und einzelner Fachbereiche des VEG (Z) Köllitsch im Mittelpunkt der Überlieferung, die einen Einblick in die Entscheidungsstrukturen sowie in die Zusammenarbeit mit anderen landwirtschaftlichen Produktionseinheiten aus der Region Torgau, Oschatz und Leipzig bieten.
Die breite Überlieferung zu Bau- und Reparaturmaßnahmen im VEG (Z) Köllitsch verdeutlicht, wie vergleichsweise gut Volkeigene Güter mit Landtechnik ausgestattet waren und über entsprechenden Reparaturkapazitäten verfügten, so dass sie in der Landwirtschaft der DDR als durchaus moderne Betriebsformen in der landwirtschaftlichen Großproduktion angesehen werden können.
Das VEG (Z) Köllitsch steht mit seiner umfangreichen Überlieferung von Protokollen zu Betriebs- und Gewerkschaftsversammlungen aber auch beispielhaft für den hohen politisch - ideologischen Organisationsgrad in Volkseigenen Gütern und Betrieben, in denen sich zahlreiche Grundorganisationen der SED und der Betriebsgewerkschaften des FDGB gebildet hatten.
Als Lehr- und Versuchsgut hat das VEG (Z) Köllitsch zahlreiche Kontakte zu Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie zu Wissenschaftlichen Gesellschaften aus dem In- und Ausland gepflegt, die nach 1990 sogar bis in die USA und Kanada reichten und durch eine umfangreiche Korrespondenz dokumentiert sind. Die breite Überlieferung aus den Siebziger Jahren belegt, dass das VEG (Z) Köllitsch als praxisnahe Lehranstalt zum Anlaufpunkt für zahlreiche Studenten der Veterinärmedizin und Tierproduktion aus dem Großraum Leipzig wurde. Der internationale Erfahrungsaustausch zwischen dem VEG (Z) Köllitsch und den sozialistischen Nachbarländern wie der CSSR und VR Polen spiegelt sich in der breiten Überlieferung von Korrespondenz und Unterlagen über studentische Austauschprogrammen wider.
Hinweise für die Benutzung
Für die Benutzung des Bestands im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig gelten die Bestimmungen des Sächsischen Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen in seiner jeweils gültigen Fassung. Der Bestand VEG (Z) Köllitsch unterliegt der allgemeinen Schutzfrist gemäß § 10 Abs. 1 SächsArchivG und den festgesetzten Schutzfristen für personenbezogenes Schriftgut gemäß § 10 Abs. 3 SächsArchivG. Im Bestand VEG (Z) Köllitsch sind personenbezogene Daten enthalten.
Verweise auf korrespondierende Bestände
20237 Bezirkstag/ Rat des Bezirks Leipzig
20287 Staatliches Notariat Torgau
20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig
20314 agra Landwirtschaftsausstellung der DDR, Markleeberg, Foto
21123 SED-Bezirksleitung Leipzig
21136 SED-Kreisleitung Torgau
22124 Büro für Territorialplanung bei der Bezirksplankommission Leipzig
Quellen- und Literaturverzeichnis
StA-L, Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, 1. Halbjahr 1952, Nr. 38, S. 225f.
StA-L, 20953 VEG (Z) Köllitsch, Bestandsakte.
StA-L, 20256 BVG Leipzig, Sig. 2768, Nr. 17 des volkseigenen Betriebes HRC.
Broszat, Martin/Weber, Hermann (Hrsg.): SBZ Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945 - 1949, München 1990.
Herbst, Andreas/ Ranke, Winfrid/ Winkler, Jürgen: So funktionierte die DDR, Bd. 2: Lexikon der Organisationen und Institutionen, Hamburg 1994.
Jähnichen, Rolf: Die Privatisierung der Sächsischen Landwirtschaft. Zwischenbilanz eines Neuaufbaus, Dresden 1998.
Karlsch, Rainer/ Schäfer, Michael: Wirtschaftsgeschichte Sachsens im Industriezeitalter, Dresden/ Leipzig 2006.
Schöne, Jens: Die Landwirtschaft der DDR 1945 - 1990, Erfurt 2005.
Schöne, Jens: Frühling auf dem Lande? Die Kollektivierung der DDR - Landwirtschaft, Berlin 2005.
Schroeder, Klaus: Der SED - Staat. Geschichte und Strukturen der DDR, München 1998.
www.smul.sachsen.de
www.juris.de
Romy Hildebrandt
August 2008
[01] Rainer Karlsch, Rainer/ Michael Schäfer: Wirtschaftsgeschichte Sachsens im Industriezeitalter, Dresden/ Leipzig 2006, S. 226ff.
[02] Martin Broszat und Hermann Weber (Hrsg.), SBZ Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945–1949, München 1990, S. 381ff.
[03] Rolf Jähnichen: Die Privatisierung der Sächsischen Landwirtschaft. Zwischenbilanz eines Neuaufbaus, Dresden 1998, S. 5-10.
[04] Herbst, Andreas/ Ranke, Winfrid/ Winkler, Jürgen: So funktionierte die DDR, Bd. 2: Lexikon der Organisationen und Institutionen, Hamburg 1994, S.1142ff.
[05] Siehe Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, 1. Halbjahr 1952, Nr. 38, S. 225f.
[06] Vgl. StA-L, 20256 BVG Leipzig, Sig. 2768, Nr. 17 des volkseigenen Betriebes HRC
[07] Vgl. www.smul.sachsen.de.
[08] Vgl. StA-L, 20953 VEG (Z) Köllitsch, Bestandsakte.
Pflanzenproduktion.- Futterwirtschaft.- Tierzucht.- Aus- und Weiterbildung.- Rechenschaftsberichte.
- 2008 | Findbuch / Datenbank
- 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5