Beständeübersicht
Bestand
22573 Nachlass Lieselotte Schramm
| Datierung | 1808 - 1991 |
|---|---|
| Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
| Umfang (nur lfm) | 0,66 |
Bestand enthält auch 1 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular
Einleitung
Zur Familie Schramm
Die Familie Schramm lebte nachweislich seit Ende des 15. Jahrhunderts im anhaltischen Aschersleben. In den Kirchenrechnungen aus dem Zeitraum 1491 – 1497 ist als ältester nachweisbarer Namensträger vor Ort ein Hennigk Schramme aufgeführt, der Zins für ein Haus zu entrichten hatte.[01] Er und seine Nachkommen erarbeiteten sich einen gewissen Wohlstand, so dass sich zu Beginn des 16. Jh. bereits eine Ziegelei, eine Mühle sowie Acker- und Gartenland im Besitz der Brüder Peter und Paul Schramm befanden. Für rund 450 Jahre war die Familie in Aschersleben ansässig, bevor der letzte männliche Nachkomme der Hauptlinie, Walter Ernst Schramm, die Stadt infolge der politischen Entwicklung in der DDR 1953 verließ. Er war es auch, der zu Beginn der 1940er Jahre umfangreiche genealogische Forschungen anstellte und für seine Kinder eine Ahnenliste erarbeiten ließ.
Walter Ernst Schramm wurde am 9. November 1894 als Sohn des Handschuhfabrikanten Karl Schramm und dessen Ehefrau Elise geb. Koch in Aschersleben geboren. Er besuchte von 1900 bis 1909 das Gymnasium in Ascherleben. Anschließend absolvierte Walter Schramm eine kaufmännische Ausbildung in der Firma H. F. Kuntze, einem Getreidefutter- und Düngemittelgeschäft, und war bis August 1914 in drei weiteren Unternehmen angestellt. Von September 1914 bis November 1918 nahm er als Soldat der Artillerie am Ersten Weltkrieg teil. Nach seiner Rückkehr nach Aschersleben gründete Walter Schramm 1919 dort ein "Gewürzkräuter-Bearbeitung-Werk" mit Samenhandel.[02] Später firmierte die Firma sehr erfolgreich unter "Walter Schramm Majoranwerk Aschersleben". Am 8. Januar 1920 schloss Walter Schramm in Halberstadt die Ehe mit der am 11. April 1893 in Aschersleben geborenen Martha Pauline Marie Zätsch. Diese hatte nach dem Besuch der Städtischen Höheren Mädchenschule in Aschersleben das Oberlyzeum in Halberstadt besucht und seit 1917 als Lehrerin gearbeitet.[03] Diese Tätigkeit gab sie infolge der Verheiratung auf.
Am 28.Oktober 1920 wurde die Tochter Lieselotte Marie Martha und am 3.September 1922 der Sohn Walter Karl Otto Schramm in Aschersleben geboren. Beide absolvierten ihre schulische Ausbildung in Aschersleben. Lieselotte nahm nach Ende ihres Pflichtjahres von April bis September 1939 in Gernrode an einem Kurs zur "Kaufmännisch-Praktischen Arzthilfe" teil und arbeitete seit 1941 als DRK-Hilfsschwester in verschiedenen Lazaretten des Militärs, z. B. in Ostpreußen, der Ukraine und in Frankreich. Sie erlebte das Kriegsende in Magdeburg.[04]
Walter Karl Otto Schramm trat nach dem Schulabschluss 1939 eine kaufmännische Ausbildung in der Firma "Terra Aktiengesellschaft für Samenzucht, Samengroßhandel Ascherleben" an, die er 1942 abschloss.[05] Anschließend wurde er zum Militärdienst eingezogen und an der Ostfront eingesetzt. Im Mai 1944 wurde er nach Kampfhandlungen auf der Krim als vermisst gemeldet. Später stellte sich heraus, dass er in sowjetische Kriegsgefangenschaft geraten war. Dort erkrankte er schwer und verstarb im Mai 1945. Seine Familie erfuhr trotz intensiver Nachforschungen erst Ende Dezember 1945 von seinem Tod.[06]
Walter Ernst Schramm wurde im August 1945 aufgrund seines Status als Großunternehmer verhaftet und zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. Erst 1950 kehrte er nach Ascherleben zurück. Sein Unternehmen war während seiner Abwesenheit enteignet worden und auch das private Wohnhaus wurde der Familie entzogen. Alle Bemühungen das Eigentum zurückzuerlangen blieben erfolglos. Im November 1950 erhielt Walter Ernst Schramm eine kaufmännische Anstellung im Braunkohlenwerk Königsaue. Im Februar 1954 floh er in die BRD, da eine erneute Verhaftung drohte.[07]
Seine Tochter Lieselotte hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Ausbildung zur Grundschullehrerin beendet. Ihre Mutter Martha verließ die DDR noch 1954 und Lieselotte Schramm folgte den Eltern ein Jahr später. Die Familie ließ sich in Mülheim an der Ruhr nieder. Walter Schramm arbeitete dort bis zum 73. Lebensjahr als Buchhalter. Lieselotte Schramm studierte nochmals und arbeitete anschließend als Volksschullehrerin. Martha Schramm verstarb am 11. Mai 1973 in Mülheim. Wann Walter Schramm verstarb, ist nicht in den Unterlagen vermerkt, aber vermutlich noch in den 1970er Jahren. Das Todesdatum Lieselotte Schramms ist ebenfalls unbekannt, aber es liegt nach 1992.[08]
Bestandsgeschichte und Bearbeitung
Die im vorliegenden Bestand überlieferten Dokumente wurden bei einer Wohnungsauflösung aufgefunden und um 2008 durch Manfred Kannen übernommen, zu dem aber keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen bestehen.[09] Er übergab die Unterlagen am 13. Mai 2024 an das Staatsarchiv Leipzig. Nach der Übergabe erfolgte im Rahmen der Ausbildung zur Fachangestellten für Medien und Informationsdiente im Fachbereich Archiv die technische Bearbeitung und erste Erschließung durch Sarah Roswitha Thees in AUGIUAS 9.2. Der Bestand hat einen Umfang von 0,66 lfm und umfasst den Zeitraum von 1808 bis 1992.
Überlieferungsschwerpunkte
Schwerpunkt des Bestandes bilden die persönlichen Unterlagen von Walter Ernst Schramm und seiner Familie. Unter ihnen verfügen das Fotoalbum von Lieselotte Schramm aus ihrer Zeit als DRK-Hilfsschwester im Zweiten Weltkrieg sowie die Feldpostbriefe und Unterlagen zur Suche nach dem vermissten Walter Schramm jun. über besonderen Quellenwert. Auch die Bemühungen der aus der DDR geflohenen Familie um Entschädigung und staatliche Unterstützung sind gut dokumentiert. Genealogisch interessant ist die Ahnenliste der Geschwister Schramm mit den zugehörigen Quellennachweisen.
Hinweise für die Benutzung
Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: Sächsisches Staatsarchiv, 22573 Nachlass Lieselotte Schramm, 1. Für die Ahnenliste Hedicke (Nr. 10) gilt eine Schutzfrist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3b SächsArchivG.
Sarah Roswitha Thees / Katrin Heil
Juli 2024 / Juli 2025
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (StA-L), 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 09.
[02] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 04.
[03] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 02.
[04] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 01.
[05] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 05.
[06] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 06.
[07] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 04.
[08] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 3 (Ausweis Deutscher Diabetiker-Bund).
[09] Siehe StA-L, 22549 Genealogischer Vorlass Manfred Kannen.
Zur Familie Schramm
Die Familie Schramm lebte nachweislich seit Ende des 15. Jahrhunderts im anhaltischen Aschersleben. In den Kirchenrechnungen aus dem Zeitraum 1491 – 1497 ist als ältester nachweisbarer Namensträger vor Ort ein Hennigk Schramme aufgeführt, der Zins für ein Haus zu entrichten hatte.[01] Er und seine Nachkommen erarbeiteten sich einen gewissen Wohlstand, so dass sich zu Beginn des 16. Jh. bereits eine Ziegelei, eine Mühle sowie Acker- und Gartenland im Besitz der Brüder Peter und Paul Schramm befanden. Für rund 450 Jahre war die Familie in Aschersleben ansässig, bevor der letzte männliche Nachkomme der Hauptlinie, Walter Ernst Schramm, die Stadt infolge der politischen Entwicklung in der DDR 1953 verließ. Er war es auch, der zu Beginn der 1940er Jahre umfangreiche genealogische Forschungen anstellte und für seine Kinder eine Ahnenliste erarbeiten ließ.
Walter Ernst Schramm wurde am 9. November 1894 als Sohn des Handschuhfabrikanten Karl Schramm und dessen Ehefrau Elise geb. Koch in Aschersleben geboren. Er besuchte von 1900 bis 1909 das Gymnasium in Ascherleben. Anschließend absolvierte Walter Schramm eine kaufmännische Ausbildung in der Firma H. F. Kuntze, einem Getreidefutter- und Düngemittelgeschäft, und war bis August 1914 in drei weiteren Unternehmen angestellt. Von September 1914 bis November 1918 nahm er als Soldat der Artillerie am Ersten Weltkrieg teil. Nach seiner Rückkehr nach Aschersleben gründete Walter Schramm 1919 dort ein "Gewürzkräuter-Bearbeitung-Werk" mit Samenhandel.[02] Später firmierte die Firma sehr erfolgreich unter "Walter Schramm Majoranwerk Aschersleben". Am 8. Januar 1920 schloss Walter Schramm in Halberstadt die Ehe mit der am 11. April 1893 in Aschersleben geborenen Martha Pauline Marie Zätsch. Diese hatte nach dem Besuch der Städtischen Höheren Mädchenschule in Aschersleben das Oberlyzeum in Halberstadt besucht und seit 1917 als Lehrerin gearbeitet.[03] Diese Tätigkeit gab sie infolge der Verheiratung auf.
Am 28.Oktober 1920 wurde die Tochter Lieselotte Marie Martha und am 3.September 1922 der Sohn Walter Karl Otto Schramm in Aschersleben geboren. Beide absolvierten ihre schulische Ausbildung in Aschersleben. Lieselotte nahm nach Ende ihres Pflichtjahres von April bis September 1939 in Gernrode an einem Kurs zur "Kaufmännisch-Praktischen Arzthilfe" teil und arbeitete seit 1941 als DRK-Hilfsschwester in verschiedenen Lazaretten des Militärs, z. B. in Ostpreußen, der Ukraine und in Frankreich. Sie erlebte das Kriegsende in Magdeburg.[04]
Walter Karl Otto Schramm trat nach dem Schulabschluss 1939 eine kaufmännische Ausbildung in der Firma "Terra Aktiengesellschaft für Samenzucht, Samengroßhandel Ascherleben" an, die er 1942 abschloss.[05] Anschließend wurde er zum Militärdienst eingezogen und an der Ostfront eingesetzt. Im Mai 1944 wurde er nach Kampfhandlungen auf der Krim als vermisst gemeldet. Später stellte sich heraus, dass er in sowjetische Kriegsgefangenschaft geraten war. Dort erkrankte er schwer und verstarb im Mai 1945. Seine Familie erfuhr trotz intensiver Nachforschungen erst Ende Dezember 1945 von seinem Tod.[06]
Walter Ernst Schramm wurde im August 1945 aufgrund seines Status als Großunternehmer verhaftet und zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. Erst 1950 kehrte er nach Ascherleben zurück. Sein Unternehmen war während seiner Abwesenheit enteignet worden und auch das private Wohnhaus wurde der Familie entzogen. Alle Bemühungen das Eigentum zurückzuerlangen blieben erfolglos. Im November 1950 erhielt Walter Ernst Schramm eine kaufmännische Anstellung im Braunkohlenwerk Königsaue. Im Februar 1954 floh er in die BRD, da eine erneute Verhaftung drohte.[07]
Seine Tochter Lieselotte hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Ausbildung zur Grundschullehrerin beendet. Ihre Mutter Martha verließ die DDR noch 1954 und Lieselotte Schramm folgte den Eltern ein Jahr später. Die Familie ließ sich in Mülheim an der Ruhr nieder. Walter Schramm arbeitete dort bis zum 73. Lebensjahr als Buchhalter. Lieselotte Schramm studierte nochmals und arbeitete anschließend als Volksschullehrerin. Martha Schramm verstarb am 11. Mai 1973 in Mülheim. Wann Walter Schramm verstarb, ist nicht in den Unterlagen vermerkt, aber vermutlich noch in den 1970er Jahren. Das Todesdatum Lieselotte Schramms ist ebenfalls unbekannt, aber es liegt nach 1992.[08]
Bestandsgeschichte und Bearbeitung
Die im vorliegenden Bestand überlieferten Dokumente wurden bei einer Wohnungsauflösung aufgefunden und um 2008 durch Manfred Kannen übernommen, zu dem aber keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen bestehen.[09] Er übergab die Unterlagen am 13. Mai 2024 an das Staatsarchiv Leipzig. Nach der Übergabe erfolgte im Rahmen der Ausbildung zur Fachangestellten für Medien und Informationsdiente im Fachbereich Archiv die technische Bearbeitung und erste Erschließung durch Sarah Roswitha Thees in AUGIUAS 9.2. Der Bestand hat einen Umfang von 0,66 lfm und umfasst den Zeitraum von 1808 bis 1992.
Überlieferungsschwerpunkte
Schwerpunkt des Bestandes bilden die persönlichen Unterlagen von Walter Ernst Schramm und seiner Familie. Unter ihnen verfügen das Fotoalbum von Lieselotte Schramm aus ihrer Zeit als DRK-Hilfsschwester im Zweiten Weltkrieg sowie die Feldpostbriefe und Unterlagen zur Suche nach dem vermissten Walter Schramm jun. über besonderen Quellenwert. Auch die Bemühungen der aus der DDR geflohenen Familie um Entschädigung und staatliche Unterstützung sind gut dokumentiert. Genealogisch interessant ist die Ahnenliste der Geschwister Schramm mit den zugehörigen Quellennachweisen.
Hinweise für die Benutzung
Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: Sächsisches Staatsarchiv, 22573 Nachlass Lieselotte Schramm, 1. Für die Ahnenliste Hedicke (Nr. 10) gilt eine Schutzfrist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3b SächsArchivG.
Sarah Roswitha Thees / Katrin Heil
Juli 2024 / Juli 2025
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (StA-L), 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 09.
[02] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 04.
[03] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 02.
[04] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 01.
[05] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 05.
[06] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 06.
[07] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 04.
[08] StA-L, 22573, Nachlass Lieselotte Schramm, Nr. 3 (Ausweis Deutscher Diabetiker-Bund).
[09] Siehe StA-L, 22549 Genealogischer Vorlass Manfred Kannen.
Biografische Dokumente der Familie Schramm.- Ahnenlisten der Familien Schramm und Hedicke.- Fotoalbum.- Korrespondenz.
Die Familie Schramm lebte nachweislich seit Ende des 15. Jahrhunderts im anhaltischen Aschersleben und blieb für rund 450 Jahre dort ansässig. Anfang der 1950er Jahre verließen die letzten Nachkommen der Familie aufgrund der politischen Situation in der DDR die Stadt. Der 1894 geborene Walter Ernst Schramm war nach dem Tod seines Sohnes Walter Karl im Zweiten Weltkrieg der letzte männliche Nachkomme der Hauptlinie Schramm. Er floh 1953 in die BRD, ihm folgten seine Frau Martha und die 1920 geborene Tochter Lieselotte. Die Familie ließ sich in Mülheim an der Ruhr nieder. Die im Bestand vorliegenden biografischen Dokumente der Familienmitglieder und Ahnenlisten gelangten 2024 ins Staatsarchiv Leipzig.
- 2025 | Findbuch / Datenbank
- 2025-09-29 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5