9./10. November 1918: Der Durchbruch der Revolution in Sachsen

Eintrag der Revolutionäre im Hoftagebuch vom 10.11.1918, Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, 10006 Oberhofmarschallamt o IV, Nr. 324
Eintrag der Revolutionäre im Hoftagebuch vom 10.11.1918, Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, 10006 Oberhofmarschallamt o IV, Nr. 324 
© Sächsisches Staatsarchiv

Wie in vielen anderen sächsischen Städten bildete sich in Dresden ein Arbeiter- und Soldatenrat als Organ der Selbstverwaltung. Die Besetzung des Dresdner Residenzschloss wurde Symbol für das Ende der Monarchie der Wettiner.

Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten

Am selben Tag berichtete das Ministerium des Inneren an die Königlich Sächsische Gesandtschaft in Berlin über die revolutionären Ereignisse in der Residenzstadt Dresden. Die Gesandtschaft sollte die Informationen an das Reichsamt des Innern weitergeben, wie dies vom dortigen Staatssekretär Trimborn per Telegramm angefordert worden war. Bereits der 8. November hatte zur Besetzung der Dresdner Hauptwache, des Generalkommandos, der Schützenkaserne und des Hauptbahnhofes durch meuternde Soldaten geführt. Waffenläden wurden geplündert und Offiziere entwaffnet. Es bildeten sich zwei Arbeiter- und Soldatenräte in der Stadt. Die Unruhen setzten sich am 9. November fort und blieben nur deshalb unblutig, „da Sr. Majestät der König Waffenanwendung untersagt hat“. Um »den Unabhängigen [gemeint ist die USPD - Anm. d. Verf.] das Wasser möglichst abzugraben und ihre Leute in den Arbeiterrat zu bringen«, hielt die MSPD eine große Versammlung auf dem Theaterplatz ab. Die in dem Bericht verwendeten Zahlenketten dienten der Verschlüsselung sensibler Informationen.

Am Abend des 8. November, kurz nach 20 Uhr, hatte König Friedrich August III. das Residenzschloss in Dresden verlassen und war zunächst auf Schloss Moritzburg ausgewichen. Nach den Ereignissen des 9. November entschloss er sich, von dort außer Landes zu gehen.

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Bericht des Ministeriums des Inneren an die Königlich Sächsische Gesandtschaft in Berlin über die revolutionären Ereignisse in der Residenzstadt Dresden am 8. November 1918; Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, 10719 Sächsische Gesandtschaft für Preußen/beim Reich, Nr. 375.

Bericht des Ministeriums des Inneren vom 9. November 1918
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Bericht des Ministeriums des Inneren an die Königlich Sächsische Gesandtschaft in Berlin über die revolutionären Ereignisse in der Residenzstadt Dresden am 8. November 1918, Seite 2; Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, 10719 Sächsische Gesandtschaft für Preußen/beim Reich, Nr. 375.

Bericht des Ministeriums des Inneren vom 9. November 1918, Rückseite
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Eintrag der Revolutionäre im Königliche Hoftagebuch am 10. November 1918; Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, 10006 Oberhofmarschallamt o IV, Nr. 324.

Eintrag der Revolutionäre vom 10.11.1918 im Hoftagebuch

Ein besonders symbolkräftiges Schriftstück zur Novemberrevolution in Sachsen stammt aus dem Bestand des Oberhofmarschallamtes. Es handelt sich um einen Band der Hoftagebücher, die im Dresdner Residenzschloss geführt wurden. Die Eintragungen umfassen die Aufenthalte und Verrichtungen des Königs von Sachsen im Residenzschloss. Eine Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichte. Diese mehrere Jahrhunderte umfassende Überlieferung wurde am 10. November 1918 jäh beendet. Nachdem sich im Zirkus Sarrasani der »Vereinigte revolutionäre Arbeiter- und Soldatenrat« aus den beiden am Vortag separat gebildeten Dresdner Arbeiter- und Soldatenräten zusammengeschlossen hatte und die Republik ausgerufen war, drangen 19 Revolutionäre in das Königliche Residenzschloss ein. Sie hissten zum Zeichen des Sieges der Revolution die rote Fahne und hielten das Ereignis im Hoftagebuch fest: »Sonntag am Tage der Revoloution [sic!] d. 10.11.18. Am heutigen Tage wurde auf dem bisherigen ›königl. Schloss‹ das Banner der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gehisst. Es war mittag 12:45 Uhr.« Es folgen die Unterschriften.

Symbolischer Bruch mit der alten Ordnung

Hält man sich die jahrhundertelange Tradition dieser Tagebuchserie vor Augen, vergleicht man den ordentlichen, letzten offiziellen Eintrag auf der oberen Seitenhälfte mit der schnellen und kräftigen Schrift auf der Blattunterseite, so ist kaum ein symbolkräftigerer Bruch zwischen der vergehenden Herrschaft der Wettiner und dem neuen, revolutionären System vorstellbar.

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